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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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irgendwelche Maschinen angeschlossen, und rechts und links waren ihm Infusionen gelegt worden. Aber er hatte immerhin keinen Nasenschlauch.
    »Heh«, grüßte ich.
    Er bewegte nicht einmal die Augen.
    »Du machst vielleicht Sachen«, sagte ich hilflos.
    Er bewegte noch immer nicht die Augen, sagte aber mit sehr leiser und spröder Stimme: »Ich konnte gar nichts machen, das ging alles viel zu schnell. Jedenfalls war er nicht da.«
    »Wer war nicht da? Der, mit dem du dich treffen wolltest?«
    »Ja, der.«
    »Du mußt mir sagen, wer das war«, meinte ich. »Du mußt das jetzt, denn du wirst eine Weile hierbleiben müssen. Was hast du eigentlich abgekriegt?«
    »Weiß ich nicht. Ich habe nicht mal Schmerzen. Ich nehme an, sie haben mich mit Valium oder sowas vollgestopft.«
    »Das haben sie sicher. Also, wen wolltest du treffen?«
    »Diesen Leutnant, der uns damals das Hasch geschenkt hat.«
    »Und der war nicht da?«
    »Nein.«
    »Wo sollte das Treffen sein?«
    »Wenn du von Daun aus Richtung Rengen und Kelberg fährst, geht es links ab nach Kradenbach. Kein Baum, kein Strauch. Zweihundert Meter hinter der Abbiegung wollte er stehen. Da stand auch ein PKW, aber es war nicht seiner. Ohne Licht. Plötzlich schoß er los. Ich hab noch versucht, von der Straße wegzukommen. Ab ins Feld. Aber es langte nicht mehr. Er erwischte mich voll.«
    »Es war also Absicht?«
    »Das war astrein Absicht, aber das wird mir kein Mensch glauben.«
    »Woher war das Auto? Hast du die Nummer gesehen?«
    »Kölner Kennzeichnen.« Seine Sprache wurde undeutlicher, er nuschelte und verschluckte ganze Silben und sein Gesicht war jetzt schneeweiß.
    »Schon gut, schon gut«, sagte ich hastig. »Ich brauche den Namen von dem Leutnant.«
    »Westmann«, murmelte Mario.
    »Und dein Moped ist Schrott?«
    »Ja.« Er grinste. »Aber versichert.«
    »Ich fahre so bald wie möglich zu diesem Holländer. Ist dir zu dem noch etwas eingefallen?«
    Er nickte und schloß die Augen, er war sehr erschöpft. »Mir ist aufgefallen, daß Betty und Ole eigentlich nicht wollten, daß man den kennenlernte. Es war so, als wollten sie sagen: Der gehört allein uns! Kann sein, daß das Schwachsinn ist, aber so sehe ich das. Hast du von Heinrich Mann Der Untertan?«
    »Ja klar.«
    »Kannst du mir das pumpen, ich habe ja jetzt Zeit. Und das wollte ich schon immer mal lesen. Die Angela Schüll vom Buchlädchen in Daun hat gesagt, ich müßte außerdem unbedingt Schiffsmeldungen lesen, von einer Kanadierin.«
    »Das stimmt, ein wirkliches Klassebuch. Ich besorge dir das. Vielleicht solltest du jetzt schlafen?«
    »Das kann ich noch genug«, lallte er. Doch er schlief schnell ein, und es wirkte seltsam beruhigend, daß er übergangslos leise zu schnarchen begann.
    Ich schrieb auf einen Zettel: Halt die Ohren steif, wir brauchen dich noch! und ging hinaus. Draußen stand, auf den Zehen wippend, ein Weißkittel, vielleicht vierzig Jahre alt. Er lächelte freundlich. »Mein Name ist Grundmann, ich bin der Arzt von dem Mario. Er hat was Komisches gesagt. Die Leute reden manchmal Unsinn, wenn sie zu uns eingeliefert werden.
    Der Unsinn vom Mario ist so sehr Unsinn, daß ich mich frage, ob da etwas dran sein kann.«
    »Was ist es denn?«
    »Während wir ihn untersuchten, sagte er plötzlich, ohne daß wir gefragt hätten, er wäre absichtlich von einem PKW mit Kölner Kennzeichen umgefahren worden. Ist das möglich?«
    »In diesem Fall war das mit ziemlicher Sicherheit so. Ich wollte Sie ohnehin bitten, den Mario so schnell wie möglich in ein Zimmer zu legen, das nicht jedermann erreichen kann.«
    Der Arzt war betroffen, er druckste herum. »Darf ich erfahren, was dahintersteckt?«
    »Natürlich. Das hängt mit dem Brand und dem Doppelmord in Jünkerath zusammen. Vermutlich eine Drogengeschichte. Sie sollten auch die Staatsanwaltschaft in Trier anrufen.«
    »Das müssen wir bei diesen unklaren Unfällen sowieso«, nickte er. »Normalerweise wäre dieser Junge sicherlich tot. Daß er noch lebt, verdankt er der Tatsache, daß er sich wegen der Eiseskälte so dick angezogen hat. Der PKW hat ihn stumpf an der rechten Flanke getroffen. Mit ungeheurer Wucht. Er hat ein Schädel-Hirn-Trauma. Das ist in solchen Fällen normal. Aber ich fürchte, wir können seinen rechten Fuß nicht retten.«
    Ich konnte nichts sagen.
    »Wissen Sie, ob er ein ... nun sagen wir gefestigter Charakter ist?«
    »Ich weiß, daß er zwar höchst sensibel, aber seelisch wohl sehr stark ist. Doch wer ist schon

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