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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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gestoßen. Sie erhielt lediglich die Antwort, die Ehe sei sowieso tot, daher ginge sie sein Leben nichts mehr an. Er würde zu seinen Verpflichtungen stehen. Damit meinte er wohl die wirtschaftliche Verpflichtung ihr und den Kindern gegenüber. Der Mann hatte absolut dichtgemacht. An diesem Abend nun beschlossen die Kinder, mit dem Vater endlich über alles zu reden. Du musst wissen, dass der Vater eine Identifikationsfigur war, die Leitfigur. Wenn so eine Leitfigur plötzlich ihre sexuell angestammte Rolle verlässt, in diesem Fall sich also als Schwuler outet, ist das für Kinder nicht so einfach zu bewältigen. Erst recht, wenn der Betreffende das Gespräch verweigert. Es gab eine erhitzte Diskussion mit der Mutter. Die beiden Kinder waren am Ende der Ansicht, der Vater sollte die Eifel so bald wie möglich verlassen, egal wohin. Er sollte die Familie in Ruhe lassen. Die Mutter versuchte die Gemüter zu besänftigen und versprach, den Vater zu bitten, mit ihnen zu reden. Aber offensichtlich kam das sehr halbherzig. Denn als die Mutter später am Abend, etwa zwischen 23 und 24 Uhr in die Zimmer der Kinder schaute, waren die weg. Die Mutter setzte sich in ihr Auto und fuhr Richtung Steinbruch. Aber sie stoppte vorher, stieg nicht aus, war vollkommen verkrampft und verängstigt und sah sich außerstande, ihrem Ehemann gegenüberzutreten. Sie wechselte die Position. Zuerst stand sie in Kerpen, dann auf der anderen Seite des Steinbruchs. Etwa um vier Uhr morgens fuhr sie nach Ulmen in ihr Haus zurück. Die beiden Kinder waren bereits dort, lagen in den Betten und schliefen augenscheinlich. Beide Kinder waren geduscht und im Keller lief die Waschmaschine mit den Klamotten, die sie am Tag zuvor getragen hatten.«
    »Glaubst du, dass die Kinder den Vater töteten?«
    »Sie waren zumindest bei dem Vater, als er starb. Aber was genau geschehen ist, weiß ich noch nicht. Alles hängt davon ab, ob Julia je bereit sein wird, sich zu erinnern.«
    »Meinst du, sie wird?«
    »Das weiß kein Mensch«, antwortete Matthias. »Wir nennen das eine posttraumatische Bewusstseinsstörung, die jetzt von Julia Besitz ergriffen hat. Sie hat keine Erinnerung an diese Nacht. Ich muss jetzt eine ziemlich miese Rolle übernehmen.«
    »Wieso das?«
    »Na ja, ich muss dem Kind zu einer Erinnerung verhelfen, damit es später bestraft werden kann!«
    »Wie lange dauert es denn normalerweise, bis die Erinnerung sich wieder einstellt?«
    »Das hängt von sehr vielen Faktoren ab. Julia lebt in einem Haus mit tausend Türen und sie wird jede einzelne Tür für uns öffnen, wenn wir richtig vorgehen und wenn sie sich überzeugen lässt, dass wir ihr helfen, sie befreien wollen.«
    »Und die Ergebnisse leitest du weiter an die Mordkommission?«
    »Ja, an die Staatsanwaltschaft. Wenn ich etwas Entscheidendes weiß, sag ich dir Bescheid.«
    Ich legte mich in den Schatten der kleinen Esskastanie und war plötzlich voller Zuversicht. Matthias würde es möglich machen, dass das Mädchen mit ihrer Vergangenheit leben konnte. Ich fragte mich, was in zehn Jahren über diese Familie erzählt werden würde. Würde es heißen: Der Vater war bestechlich und schwul? Oder würde man sagen: Die Kinder töteten den Vater aus abgrundtiefem Hass? Oder würde es heißen: Die Familie redete nicht mehr miteinander und das war ihr Tod? Wahrscheinlich von allem ein wenig. Franz Lamm würde sich durchbeißen, der Sprudelhersteller war ohnehin verschwunden und würde sich sein Leben lang verächtlich über diesen Landstrich äußern. Abi Schwanitz und seine Truppe würden in der Verhandlung Befehle vorschieben und sich dennoch nicht ganz dahinter verstecken können.
    Als Kischkewitz in den Garten stolzierte und laut einen fröhlichen Tag wünschte, war ich auf der Liege eingedöst.
    »Wo ist der Rest der Truppe?«
    »In Emmas und Rodenstocks Haus. Keller und Heizung planen, die Zukunft planen. Wie geht es dir?«
    »Na ja, meine Frau meint, ich sehe aus wie der Tod hoch zu Ross.«
    »Da hat sie Recht. Habt ihr die Akte schon geschlossen?«
    »Natürlich nicht, wir sammeln noch Fakten und Aussagen. Aber es kommt nicht mehr viel dabei herum. Wir müssen jetzt warten. Ein wüste Anhäufung verschiedenster Verstöße gegen die Gesetze, garniert mit vier Todesfällen.« Er seufzte.
    »Wenn du einen Kaffee willst, da auf dem Tisch steht die Kanne. Hast du heute frei?«
    »Heute und morgen. Hast du nicht einen Schnaps für mich?«
    »Habe ich.« Ich stand auf und ging ins Haus, um ihm

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