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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Mordkommission.«
    »Warum?«, fragte er.
    »Wir hätten ihn nicht stoppen können«, erklärte ich. »Das weißt du. Komm zurück in die Welt, Rodenstock. Ich brauche dich, Emma braucht dich, Vera braucht dich. Werd nicht elegisch.«
    Er atmete pfeifend ein und aus. »Wir haben Fehler gemacht.«
    »Natürlich haben wir Fehler gemacht.« Ich versuchte zittrig, die Pfeife anzuzünden, ließ es dann sein.
    Rodenstock schwankte und setzte sich auf einen Felsblock. »Ich kann Kischkewitz nicht anrufen. Mach du das.«
    »Das solltest aber du machen«, beharrte ich. »Du bist im Job!«
    Er nickte und nahm sein Handy. Er sagte schwammig: »Kischkewitz bitte.« Dann hörte er kurz zu. »Er ist in einer Konferenz?«, schrie er. »Verdammte Scheiße, dann holen Sie ihn da raus! Sitzen Sie auf Ihrem Hirn?«
    Es dauerte eine Weile, bis er matt berichtete: »Rodenstock hier. Der junge Breidenbach hat sich im Steinbruch von dem Felsen gestürzt. Eben, vor ein oder zwei Minuten. Er war nicht aufzuhalten, wir konnten nichts tun. Und jetzt hole zu ihrem Schutz sofort die Mutter und Julia. Sonst läuft alles vollkommen aus dem Ruder. Und schick Leute her. Wir bleiben so lange hier.« Er hörte wieder zu, bis er fortfuhr: »Du weißt doch, wie das ist. Er hat sich vor meinen Augen getötet. Das ist furchtbar, sage ich dir, einfach furchtbar. Ich bin zu alt für so eine Scheiße.«
    Wir entfernten uns dreihundert bis vierhundert Meter von der Unglücksstelle und hockten uns auf einen Wiesenweg. Rodenstock qualmte eine seiner dicken Zigarren, ich nuckelte an meiner Pfeife. Wir sprachen kein Wort. Eine Stunde später schössen die Kripoleute in einem irrwitzigen Tempo die Asphaltbahn zwischen den Feldern hoch, als gelte es, Leben zu retten.
    »Na denn«, murmelte Rodenstock hohl.
    Eine weitere Stunde später kam der Leichenwagen, um Heiner Breidenbach abzuholen. Die Protokolle waren diktiert, wir fühlten uns erschöpft und leer, rollten nach Hause und setzten uns in den Garten, um umherzustarren und den Frauen sehr zögerlich zu berichten, was geschehen war.
    Als Vera bei dem Versuch, mich zu trösten, sagte: »Das hätte er sowieso getan«, brüllte ich sie an: »Das hilft nicht, verdammt noch mal, das hilft nicht!«

ELFTES KAPITEL
    Ich habe an den Rest dieses Tages nur unklare Erinnerungen und Rodenstock geht es wohl genauso. Irgendwann gab es etwas zu essen, irgendwann fand ich den Weg ins Schlafzimmer, irgendwann lag Vera neben mir, sagte nichts und hielt mich einfach fest.
    Doch ich konnte nicht schlafen, stand wieder auf, lief im Haus herum, kraulte den Hund, schlenderte durch den Garten, starrte auf die dunkle Fläche des Teiches, ging wieder zurück in das Schlafzimmer und lauschte auf Veras ruhigen Atem.
    Ich beschimpfte Heiner Breidenbach, weil er aufgegeben hatte, ich beschimpfte seinen Vater, weil er seine Kinder verlassen hatte, ich war wütend und traurig zugleich. Ich verfluchte Maria Breidenbach, weil sie wohl die Kraft nicht aufgebracht hatte, diese Familie dazu zu bringen, miteinander zu reden. Irgendwann in der Nacht schlief ich im Wohnzimmer auf dem Sofa ein, spürte aber noch, dass Cisco still neben mich kroch, als wollte er mich nicht wecken. Und ich erinnere mich daran, dass ich plötzlich erschrocken entdeckte, dass alle Fehler, die ich den Toten und Lebenden vorwarf, irgendwann auch meine Fehler gewesen waren ... der werfe den ersten Stein.
    Ich wurde wach, als Vera leise hereinkam und mir einen Becher Kaffee vor die Nase stellte. Ich fühlte mich besser, die Melancholie hatte sich verabschiedet.
    »Komm raus in den Garten, die Sonne scheint, der Tag sieht unverschämt gut aus. Emma und Rodenstock haben draußen gedeckt.«
    »Wie geht es Rodenstock?«
    »Viel besser, er grinst schon wieder und verkackeiert die ganze Welt. Sie wollen gleich nach Heyroth fahren, weil da irgendein Bagger zugange ist und weil das so spannend ist. Und heute Mittag kommt Kischkewitz vorbei, um ein wenig zu schwätzen.«
    »Weißt du, was mit Maria Breidenbach und Julia ist?«
    »Maria Breidenbach ist zusammengebrochen. Die Ärzte sagen aber, sie wird es schaffen. Julia Breidenbach haben sie in der Psychiatrie weggeschlossen. Sie wollten jedes Risiko vermeiden. Denn es gibt immer noch Unklarheiten. Inzwischen ist ein zweiter Zeuge aufgetaucht, der Maria Breidenbach in der Tatnacht in der Nähe des Steinbruchs gesehen hat. Aber nicht bei dem Haus der alten Klara, sondern auf der anderen Seite des Steinbruchs hinter dem Areal, wo heute

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