Ein Elefant im Mückenland
die vermutlich für das Heizen oder zumindest das Entzün-den der Öfen benutzt worden war. Die würde man wohl kaum brauchen, man bekäme die Halle auch mit den Schmelzöfen warm. Am anderen Ende des Gebäudes gab es noch das Büro sowie Lagerräume und die ehemaligen Pausenräume für die Beschäftigten. Alles wirkte absolut passabel. Jetzt mussten nur noch Lucia und Emilia gefunden werden.
Taisto Ojanperä fuhr durch das herbstliche Satakunta und fragte in den Dörfern, ob man dort in letzter Zeit einen Elefanten mit einer schönen Frau als Reiterin gesehen habe. In fast jedem Dorf war Emilias riesige Gestalt gesichtet worden, aber in ihrer ruhigen Art hatten die Leute daraus keine große Nummer gemacht. Sie hatten den Elefanten, der aus dem nächtlichen Nebel auftauchte, zwar fotografiert, aber die Fotos waren stark unterbelichtet gewesen, und so hatte man sie nicht den Zeitungen anbieten mögen. Die Leute erzähl-ten Ojanperä, dass der Elefant gemächlich am Waldrand entlanggestapft und ab und zu Halt gemacht hatte, manchmal sogar recht lange, um Gras zu fressen oder die Laubbäume zu berupfen. Sie hatten das Tier samt Reiterin auch mit dem Fernglas beobachtet, aber da sich die beiden ganz ruhig verhielten, hatten sie nichts weiter unternommen.
Lucia und Emilia waren, nachdem sie Ojanperäs La-den verlassen hatten, ein tüchtiges Stück herumgezo-gen, Ojanperä fand sie schließlich in Matomäki, in der Nähe des Flusses Kyllijoki. Emilia lag in einem Wald-stück hinter der Schule, Lucia hatte sich an sie gelehnt und schlief fest. Dorfjungen beschrieben dem Kaufmann den Weg. Als er sich dem dichten Fichtenwald näherte, fuhr Emilia auf, öffnete die Augen und hob ihren Rüssel, um zu wittern. Nun erwachte auch Lucia und begann sich zu kämmen. Ojanperä trat zu ihr und gab ihr die Hand, und sie freute sich, den hilfsbereiten Kaufmann wiederzusehen. Emilia kam auf die Beine. Sie schien sich irgendwie an Ojanperä zu erinnern und verhielt sich ganz ruhig.
Er erzählte, dass er in der näheren Umgebung eine leer stehende Glasfabrik für den nächsten Winter gemie-tet habe.
»Es ist die alte Glasfabrik von Nakkila, ein wirklich schönes Gebäude, dort fließt ein kleiner Bach, und ein Bethaus ist auch ganz in der Nähe.«
DER ELEFANT
ZIEHT IN DIE GLASFABRIK
Ojanperä fuhr mit seinem Lieferwagen vorweg, und Emilia, mit Lucia auf dem Rücken, trabte hinterher. Es war nicht weit zur Glasfabrik, nur fünf Kilometer. Auf der Straße kam ihnen ein Mähdrescher entgegen, offen-bar auf dem Weg zur Werkstatt. Zwei Große begegneten sich, die graue Emilia und Bauer Matomäkis gelbe Dreschmaschine. Der Elefant schwenkte den Rüssel, und Matomäki führte die Hand an die Schirmmütze.
Die Glasfabrik stand etwa dreihundert Meter rechts neben der Straße, ein Zufahrtsweg führte dorthin. Am Weg lag ein kleiner künstlicher Teich, und dann kam auch schon das Fabriktor. Ojanperä öffnete die Doppel-tür und führte Emilia und Lucia auf das Gelände. Das schöne Ziegelgebäude, etwa sechzig Meter lang und fünfzehn Meter breit, war anderthalbgeschossig und in gutem Zustand. Die Tür auf, und hinein mit dem Elefan-ten!
Emilia war neugierig und freute sich irgendwie. In der Fabrikhalle flatterte ihnen eine Schar Fledermäuse entgegen. Emilia durchquerte zielstrebig die Halle, dreh-te sich dann um und musterte abschätzend die Umge-bung. Obwohl Emilia mehrere Meter hoch war, hatte sie ausreichend Platz und brauchte sich nicht eingeengt zu fühlen, so wie in Länsiös Kuhstall. In der Halle war es ruhig, die Luft war leicht und klar und durchaus nicht stickig, obwohl die Fabrik jahrelang stillgestanden hatte.
Taisto Ojanperä wollte von Lucia wissen, ob ihr die Glasfabrik als Winterstall für den Elefanten recht sei.
»Sie ist herrlich, nicht wahr, Emilia?« Die Elefantendame wedelte mit den Ohren und trom-
petete beifällig. Es schien, als hätte sie die Worte ver-standen, zumindest empfand sie die Stimmung als glücklich.
Ojanperä erklärte, dass er die Miete für den ganzen Winter im Voraus bezahlt habe. Und Futter gebe es in der Gegend genug, notfalls für eine ganze Elefantenher-de. Es gebe Getreide und Kartoffeln, alles, was notwen-dig sei. Emilia könne in dem künstlichen Teich baden, allerdings gebe es in der Halle auch eine Wasserleitung, außerdem drei Glasöfen.
»Drei Kilometer von hier steht das Bethaus, dies ist ein richtiges Kulturdorf. Bis zu meinem Laden sind es nur fünfzehn Kilometer. Vielleicht
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