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Ein Elefant im Mückenland

Titel: Ein Elefant im Mückenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Wasser. Ihr Rüssel schmerz-te, und sie mochte nicht fressen. Außerdem hatte sie Durchfall, und aus ihrem Hintern spritzte immer wieder mit hohem Druck ein Schlamm, dessen Gestank nur schwer zu ertragen war. Lucia versuchte, Emilias Schlafplatz sauber zu halten. Aber jedes Mal, wenn sie den Fußboden gereinigt und neues Stroh ausgeschüttet hatte, grummelte es drohend in Emilias Bauch, und ein stinkender Strahl klatschte an die Wand der Glasfabrik. Der Gestank war so furchtbar, dass Lucia die Fenster öffnen und vorübergehend nach draußen flüchten musste. Emilia war traurig über all den Schmutz, den sie verursachte, sie begriff, dass nicht alles im Lot war, aber was sollte sie machen. Eine winterliche Grippe ist eine schlimme Erfahrung, nicht nur für die Menschen, sondern auch für Tiere.
    Taisto Ojanperä rief den Tierarzt Seppo Sorjonen in Pori an. Er sagte ihm, dass es sich bei dem Patienten um einen Elefanten von dreitausendsechshundert Kilo Lebendgewicht handle, das Tier habe Fieber, und auch sein Magen sei nicht in Ordnung. Sorjonen versprach, auf schnellstem Wege in die Glasfabrik zu kommen. Unterwegs rechnete er aus, dass, falls das Gewicht des Elefanten tatsächlich mehr als drei Tonnen betrug, es in diesem Falle nicht mit ein paar Tabletten als Antibioti-kakur getan wäre, sondern da mussten wirklich starke Mittel her, wenn man eine Besserung erzielen wollte. Sorjonen suchte unterwegs eine Apotheke auf und nahm einen halben Liter flüssiges Penizillin mit. Er hatte viel Erfahrung mit der Behandlung von Trabern und vermu-tete, dass die Spritze, die er Pferden verabreichte, auch für einen Elefanten geeignet sei.
    Unbeschreiblicher Gestank schlug ihm in der ansons-ten einigermaßen sauberen Glasfabrik entgegen. Sorjonen öffnete die Fenster und erklärte, dass das hohe Fieber und der Durchfall offenbar die Magenflüssigkei-ten des Elefanten durcheinander gebracht hatten und dass ein Gärungsprozess im Gang sei. Er schob Emilia einen langen Schlauch in den Hals, um in ihren Magen sehen zu können. Alles klar, dort sah es aus wie in einer Abfalltonne. Er flößte Emilia zwei Liter einer neutralisie-renden Flüssigkeit ein.
    »Das dürfte helfen. Die Dosis würde sogar für einen Blauwal reichen.«
    Emilia hatte 39,7 Grad Fieber, das ist auch für einen Elefanten ziemlich viel. Nachdem Sorjonen noch die Antibiotika verabreicht hatte, empfahl er, die Patientin zweimal täglich mit warmem Wasser zu waschen und ihr vorläufig nur gekochtes Wasser zu geben, kein Futter.
    Taisto Ojanperä war durch seinen Laden gebunden und konnte Lucia nicht helfen, und Laila Länsiö konnte die Glasfabrik überhaupt nicht betreten, ohne sich zu übergeben. Lucia brach ohnehin schon fast unter der Arbeitslast zusammen, und nun sollte sie Emilia noch zweimal am Tag baden und hundert Liter Wasser ko-chen und kühlen, ehe sie es dem Tier verabreichte. Sie fragte Sorjonen, ob er wirklich glaube, dass sie in der Lage sei, seine Anweisungen zu befolgen.
    Er dachte kurz nach und machte einen Vorschlag: »Rufen Sie die Feuerwehr. Die Freiwillige Feuerwehr
    von Ulvila hilft bestimmt, und es wird auch nicht teuer. Oder eigentlich kann ich den Anruf selbst übernehmen, ich war früher einmal bei der Feuerwehr, während des Studiums in der Nähe von Tampere, in Nokia.«
    Am Nachmittag kam das schwere Feuerwehrauto mit heulenden Sirenen auf den Fabrikhof gerast. Lucia fand, dass auch weniger Lärm genügt hätte, aber zum Glück war Emilia ein Zirkuselefant, der an vieles gewöhnt war und den so schnell nichts erschütterte. Emilia war unzählige Male vor tausend Zuschauern aufgetreten, begleitet von dröhnenden Orchesterklängen. Verglichen damit wirkte das Geheul der Feuerwehrsirene wie das Spiel einer Weidenflöte. Das Fahrzeug trug die Auf-schrift: FFW Ulvila. Aus der Fahrerkabine sprang Spritzmeister Tauno Riisikkala, der sich voll Tatendrang bei Lucia meldete:
    »Wir wurden gerufen, um einen Elefanten zu wa-schen.«
    Es zeigte sich, dass dieser Einsatz für die Männer der erste seit dem Dreikönigstag war. Das Fahrzeug hatte den ganzen Winter über im Depot gestanden. Die Feu-erwehr von Pori hatte die wenigen Brände gelöscht, die es während der letzten Monate in Ulvila gegeben hatte. Jetzt war der Tank des Fahrzeugs voll mit stallwarmem Wasser, zwanzigtausend Liter! Routiniert fuhren die Männer das Fahrzeug rückwärts an den Eingang der Glasfabrik. Die Halle stank dermaßen nach den gashal-tigen Ausscheidungen des Elefanten,

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