Ein Frauenheld entdeckt die Liebe
trinken und etwas Kräftiges zu essen. Außerdem ein Bett in einem gut geheizten Zimmer. Es wird nicht lange dauern, bis Sie sich besser fühlen.“
Serena erschauderte. „Ich habe noch nie auf jemanden geschossen.“
„Das dachte ich mir schon. Ich bin nur froh, dass Sie wussten, wie man eine Waffe bedient.“
„Das hat Papa mir beigebracht.“
„Ja, der gute Papa … Ich hätte nie geglaubt, dass ich ihm einmal dankbar sein würde. Aber ich bin unendlich froh, dass er Sie zu einer so tapferen jungen Dame erzogen hat. Serena, ich bin stolz auf Sie!“
„Dazu besteht kein Grund. Sobald ich geschossen hatte, bin ich zusammengebrochen. Dafür schäme ich mich.“
„Unsinn! Schämen müssten Sie sich, wenn Sie die Nerven verloren hätten, ehe Sie den Schurken unschädlich machen konnten. Glauben Sie mir, Sie haben sich mutiger und vernünftiger benommen als alle Damen und auch als die meisten Gentlemen, die ich kenne.“
„Danke.“ Sie seufzte auf und schmiegte sich an ihn.
Tief atmete er den Duft ein, der von ihrem Haar aufstieg. Sie war in Sicherheit. Aber – und bei diesem Gedanken stieg Übelkeit in ihm auf – jemand trachtete ihr nach dem Leben. Jemand hatte dafür bezahlt, dass Serena umgebracht wurde. Sehr wahrscheinlich war auch der Schuss, der während des Ausritts vor drei Tagen auf sie abgefeuert worden war, ein Mordanschlag gewesen.
„Was hatte dieser schreckliche Mann mit mir vor?“, fragte Serena. „Warum wollte er mich von Ihnen trennen?“
„Am besten denken Sie gar nicht darüber nach.“
Sie hob den Kopf und versuchte, im Dämmerlicht sein Gesicht zu erkennen. „Hat er nicht zu Ihnen gesagt, ich sei schon so gut wie tot?“
„Hm.“
„Ihnen aber wollte er nichts tun.“ Sie runzelte die Stirn. „Das ist doch absurd. Es sei denn …“ Plötzlich wich alles Blut aus ihren Wangen.
In eben diesem Moment bogen die Pferde in den von Laternen beleuchteten Hof der Poststation ein. Der Hilfskutscher öffnete den Schlag und ließ die Stufen hinunter. Nicholas nahm Serena auf die Arme und trug sie, ohne auf ihren Protest zu achten, ins Haus, wo er nach einem Privatsalon und nach einer Karaffe Brandy verlangte. Gleich darauf legte er die junge Dame auf ein weiches Sofa in der Nähe eines wärmenden Feuers.
Schon kam der Wirt mit einem Tablett. Nicholas goss etwas Brandy in ein Glas und hielt es Serena an die Lippen. Sie schluckte und begann zu husten, da der ungewohnte Alkohol ihr in der Kehle brannte.
„Es hilft“, versicherte Nicholas ihr. „Bitte, trinken Sie noch etwas.“
Sie gehorchte. Und tatsächlich spürte sie gleich darauf, wie eine angenehme Wärme sich in ihrem Magen ausbreitete.
„Soll ich Ihnen noch etwas eingießen?“
„Ja, danke.“ Sie hatte sich so weit gefasst, dass sie in der Lage war, ihre Handschuhe auszuziehen. Nicholas half ihr aus dem Mantel. Sie griff nach dem Glas und nippte daran, streckte dann die kalten Finger zum Feuer hin und fragte: „Haben Sie etwas zu essen bestellt?“
„Ja, das Dinner wird in etwa einer halben Stunde serviert. Dann ist auch das Zimmer fertig, das ich für Sie gemietet habe. Eines der Mädchen hat den Auftrag erhalten, sich um Ihr Gepäck zu kümmern und bereitzulegen, was Sie heute Abend benötigen.“
„Danke. Sie sind sehr fürsorglich. Ich denke, ich werde mich vor dem Dinner noch ein wenig frisch machen. Bestimmt sehe ich entsetzlich aus.“ Unsicher erhob sie sich. Doch als Nicholas sie zurückhalten wollte, schüttelte sie entschlossen den Kopf. „Es geht schon. Machen Sie sich keine Sorgen. Zum Dinner bin ich zurück.“
Nicholas nutzte die Zeit, um einen kurzen Brief an den Friedensrichter zu verfassen. Dann bat er den Wirt, dafür zu sorgen, dass der Richter das Schreiben baldmöglichst erhielt. Sogleich wurde einer der Pferdeknechte losgeschickt.
Noch war Serena nicht zurückgekehrt. Ob mit ihr alles in Ordnung war? Unruhig begann Nicholas auf und ab zu gehen. Es wäre aufdringlich gewesen, an ihre Tür zu klopfen. Doch es fiel ihm schwer, sich in Geduld zu fassen. Erleichtert atmete er auf, als sie schließlich umgekleidet und mit einer ordentlichen Frisur in den Salon trat! Noch immer war sie blass, doch sie vermochte schon wieder zu lächeln.
Verwirrt und ein wenig verärgert, stellte Nicholas fest, wie heftig sein Körper auf ihre Anwesenheit reagierte. Verflixt, würde dieses Verlangen denn nie nachlassen?
Zum Glück klopfte es in diesem Moment. Zwei Mägde mit schwer beladenen Tabletts
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