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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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»Na, dann schießen Sie mal los«, sagte er freundlich.
    Meijtens zeigte ihm den Kassettenrekorder und fragte, ob er ihr Gespräch aufnehmen dürfe, womit Rooth einverstanden war.
    »Wie gesagt, wir wollen versuchen, ein etwas vollständigeres Bild von Erik Lindman zu zeichnen. Bisher sind wir nicht dazu gekommen, mit seinen alten Genossen von Veritas zu sprechen, aber wir haben begriffen, dass er dort seine engsten Freunde hatte. Ich weiß zudem, dass Sie selbst als Ideologe und Mentor eine zentrale Rolle in der Vereinigung spielten, weshalb es mir wichtig war, als Erstes mit Ihnen zu sprechen. Wenn ich es richtig sehe, haben Sie auch einiges gemeinsam.«
    Schmeichle ihm, Tobias, schmeichle ihm, denn seine unglaubliche Eitelkeit dürfte seinen Widerwillen gegen Journalisten überwinden können, hatte Jakub ihm auf dem Heimweg vom Restaurant geraten.
    Meijtens wurde wie zur Bestätigung mit einem charmanten Lächeln belohnt.
    »Wenn Sie es sagen, mein Freund, sicher.«
    Meijtens stellte einige der Fragen, die er vorbereitet hatte, aber sie erwiesen sich im Grunde als überflüssig. Rooth begann von sich aus, ihm von Veritas zu erzählen: Hintergrund, Schlüsselpersonen und Anekdoten. Den Blick auf einen Punkt hinter Meijtens gerichtet und die Fingerspitzen aneinandergelegt, skizzierte er die Stimmung Anfang der Sechzigerjahre. Die Zeit, in der die linken Ideen an Durchschlagskraft gewannen, auch wenn bis zu den großen Studentenrevolten noch mehrere Jahre vergehen sollten.
    Meijtens stellte immer wieder weitergehende Fragen, bat um Erläuterungen und Details, aber Rooth beantwortete sie nur ausweichend und nahm seine Erzählung schnell wieder auf, sodass es einem vorkam, als folgte er einem festgelegten Schema. Manchmal hob der alte Revolutionär nur die Hand, als wollte er anzeigen, dass er die Frage später beantworten werde. Nach einer Weile verstummte er kurz und goss ihnen noch etwas Tee ein.
    »Ich habe natürlich sofort ihr Potenzial erkannt. Sie kamen alle im selben Semester nach Uppsala, im Herbst 1959, wenn mich nicht alles täuscht. Sie sollen innerhalb weniger Wochen zueinandergefunden haben. Damals arbeitete ich an der Sozialhochschule in Stockholm, besuchte aber natürlich regelmäßig die Veritas-Sektionen an den großen Universitäten. Bei einer Versammlung in Uppsala stellte ich fest, dass unser charismatisches Trio es binnen kürzester Zeit geschafft hatte, die Arbeit von Veritas vollständig zu dominieren.«
    »Wen meinen Sie jetzt genau?«
    Johan Rooth betrachtete ihn einige Sekunden erstaunt.
    »Das charismatische Trio«, präzisierte Meijtens.
    »Oh, Entschuldigung, ich vergaß«, meinte Rooth und lachte glucksend. »Verzeihen Sie einem alten Mann, Sie kennen die drei ja nicht. Ich spreche von Carl Wijkman, Sonia Terselius und Erik Lindman. Sie waren der lebende Beweis für meine These, dass talentierte Leute mit komplett verschiedenen, aber lauter legitimen Beweggründen den Weg zu uns finden können. Als Menschen waren sie sehr unterschiedlich und stammten auch aus völlig verschiedenen Milieus, aber als sie in Uppsala eintrafen, waren sie bereits überzeugte Marxisten. Im Übrigen waren alle drei auch helle Köpfe, obwohl Carl natürlich immer Carl war.«
    Rooth hielt Meijtens den Teller mit den Keksen hin und nahm sich anschließend selbst einen.
    »Ich nehme an, jeder von uns hat seine Dämonen, und in Carls Fall war es sein Vater. Sie dürften Claes Adam Wijkman nie begegnet sein. Er war Botschafter in Paris, Washington und Delhi und verlangte von seinen Söhnen, dass sie die Erwartungen der Familie erfüllten. Es dürfte kaum jemanden in diesem Zweig der Familie Wijkman gegeben haben, der am Ende nicht den Titel eines Botschafters oder Admirals auf seine Visitenkarte drucken lassen konnte. Diese Ahnengalerie diente ihm als Maßstab für seine Söhne. Nun gut, während die älteren Geschwister eine glänzende Karriere machten, wurde der Nachkömmling Carl von Schulen in der Schweiz, Frankreich und England verwiesen.«
    Johan Rooth lehnte sich plötzlich vor.
    »Sind Sie sicher , dass Sie kein Französisch verstehen? Wissen Sie, ich fände es nämlich toll, wenn Jean Claude diese Geschichte auch hören könnte.«
    Meijtens schüttelte den Kopf.
    »Na gut, das lässt sich nun einmal nicht ändern«, meinte Rooth abgeklärt und erzählte weiter.
    An der Internatsschule Sigtuna kam Carl Wijkman schließlich einigermaßen gut zurecht. Der Vater begründete die Wahl der Schule nicht mit der

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