Ein gefaehrlicher Liebhaber

»Zurück. Weg mit dir. Er wird auf mich schießen, weil ich der Einzige bin, den er sehen kann.«
    »Dann geh gefälligst ebenfalls in Deckung, du Idiot«, zeterte sie und zerrte an seinen Hosenbeinen.
    Die Boote rasten mit voller Kraft in einem spitzen Winkel aufeinander zu. Ben riss das Steuerrad, in der Hoffnung, ein paar kostbare Sekunden einzusparen, nach rechts herum, was gefährlich war, da sie jederzeit an einer der zahllosen Wasserpflanzen hängen bleiben konnten. Der Ruck riss Jillian um, und sie krachte gegen die Vorratskisten. Dutra feuerte abermals, und diesmal zersplitterte die Kugel einen Teil der hölzernen Reling.
    Ben hob die Pistole und schoss, aber Dutra warf sich zur
    Seite. Ben korrigierte blitzschnell sein Ziel und schoss noch einmal. Aber unter diesen Umständen war es reines Glück, überhaupt etwas zu treffen, denn nicht nur sein Ziel, sondern auch er selbst, das Boot, auf dem er stand, bockte wie ein wilder Bronco. Aber zumindest war Dutra auf diese Weise gezwungen, den Kopf unten zu behalten.
    Jillian kämpfte sich auf die Knie. Zwei weitere Kugeln durchschlugen die hölzerne Bootsseite, und sie warf sich rasch wieder flach aufs Deck.
    Ben erwiderte das Feuer, die Schüsse hallten donnernd übers Wasser, und es roch beißend nach Schießpulver.
    Sie schwangen nur zwanzig Meter vor Dutra in den Hauptstrom zurück. Ben ging auf ein Knie nieder und wandte sich zum Bootsheck um, das bis auf das Toilettenhäuschen - in der Größe etwa gleich einer Telefonzelle - völlig frei war. Dutra war direkt hinter ihnen, das andere Boot so nahe, dass es in ihrem Kielwasser fuhr und, da auf diese Weise das Vorwärtskommen leichter war, rasch aufholte. Ben schoss und traf das Steuerrad, aber Dutra hatte sich abermals geduckt.
    Als Ben wieder nach vorne schaute, konnte er gerade noch einem großen Baumstamm ausweichen, der ihre Bahn kreuzte; Dutra, der sich in ihrem Kielwasser hielt, hatte es leichter, denn der Baumstamm wurde von der Bootsströmung abgetrieben. Er kam näher.
    Ben fluchte so unflätig wie ein Bierkutscher. Er konnte unmöglich das in Hochgeschwindigkeit dahinbrausende Boot steuern und sich gleichzeitig hinten mit Dutra einen Schusswechsel liefern. Er musste den Mistkerl erwischen, bevor er möglicherweise einen Schuss in den Rücken abbekam und Jillian es allein mit Dutra aufnehmen musste.
    »Jillian, du musst ans Steuer! Kannst du das?«
    Jillian kroch ohne Zögern zu ihm. »Sei vorsichtig!«, schrie sie über das Dröhnen des Motors hinweg.
    »Sei du lieber vorsichtig! Bleib so weit wie möglich unten und ein wenig seitlich, damit er dich nicht sieht.«
    Sie tat, wie ihr geheißen, duckte sich seitlich neben das Steuerrad und bediente es mit einer Hand, den Kopf nur so weit hochgereckt, dass sie über den Bug schauen konnte. Ben kroch blitzschnell zum Bootsheck und bezog hinter dem Toilettenhäuschen Stellung.
    Ein Schuss peitschte, und er warf sich flach auf den Bauch. Er spürte, wie das Boot erzitterte. Behutsam kniete er sich hin und gab drei schnelle Schüsse ab. Dutra schrie und fiel zur Seite, aber der Instinkt sagte Ben, dass es kein richtiger Treffer gewesen war. Nein, der Schuss hatte ihn höchstens gestreift. Dennoch wartete er, die Nerven aufs Äußerste gespannt, und war daher bereit, als Dutra mit ausgestrecktem Pistolenarm überraschend wieder auftauchte. Ben sah das Mündungsfeuer aufblitzen und feuerte gleichzeitig. Dutra schrie abermals, umklammerte seine Schulter und fiel um.
    Das Boot erzitterte konvulsiv, und der Motor spuckte. Der Schweinekerl hatte auf den Motor gezielt! Das andere Boot kam mit atemberaubender Geschwindigkeit auf sie zugeschossen, Drosselventil voll aufgedreht, das Steuerrad festgemacht, um den Kurs zu halten.
    »Festhalten!«, brüllte Ben und vollführte einen Hechtsprung in Richtung Bug. »Gleich rammt er uns!«
    Jillian warf einen hektischen Blick über die Schulter zurück, während sie gleichzeitig versuchte, das heftig bockende Steuerrad festzuhalten. Der Motor hustete, und man hörte das Kreischen von Metall auf Metall. Mit der Kraft der Verzweiflung drehte sie am Steuerrad, um das Boot aus Dutras
    Bahn zu lenken. Träge, weil ohne Motor, begann es zur Seite zu schwenken, und fast unmittelbar darauf wurden sie vom anderen Boot gerammt. Jillian wurde quer übers Deck geschleudert und knallte mit dem Hinterkopf gegen die Reling. Sie sah noch, wie Ben sich in letzter Sekunde an einem Dachpfosten festhielt, und nur das rettete ihn davor, von