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Ein Geschenk zum Verlieben

Ein Geschenk zum Verlieben

Titel: Ein Geschenk zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Swan
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lächeln und kultiviert plaudern zu müssen – das wäre über ihre Kräfte gegangen. Sie hatte es ja kaum geschafft, aus dem Bett zu kommen. Wenn sie nicht diese Termine gehabt hätte, sie hätte den ganzen Tag im Schlafanzug verbracht und aus dem Fenster aufs Watt hinausgestarrt.
    Â»Laura«, sagte Olive und starrte haarscharf an Lauras linkem Ohr vorbei. Lauras neue Haarfarbe nahm sie – wenn überhaupt – somit nur im äußersten Augenwinkel wahr. »Möchten Sie nicht reinkommen?«, sagte sie, nichts verriet dabei ihr Verhalten beim vorherigen Treffen.
    Â»Danke«, antwortete Laura ebenso ruhig. Ihren Pulli in Form streichend, trat sie über die Schwelle. Die roten Converse-Turnschuhe quietschten auf den glatten Fliesen in der großen Eingangshalle. Sie folgte Olive über das schwarz-weiße Mosaik, vorbei an einem altmodischen Hutständer, an dem ein Regenmantel und ein Schirm hingen, und an einer gotisch anmutenden Treppe, die in weitem Schwung nach oben führte.
    Sie betraten ein großes Zimmer mit einer burgunderroten Seidentapete. Eine Wand wurde dominiert von einem protzigen Marmorkamin, die Decke war mit aufwendigen Gipsverzierungen versehen, und in der Mitte des Raums hing ein staubiger Kronleuchter herab, der aussah, als würde er so viel wiegen wie ein Kleinwagen. Der Boden war mit einem flaschengrünen Teppich im Schottenkaro ausgelegt. Die einzigen Möbelstücke waren zwei abgesessene Velours-Ohrensessel und ein riesiges Chesterfield-Sofa. Dazwischen stand ein mit Leder überzogener, runder Sofatisch. Laura kam es vor wie das Besuchszimmer in einem Altersheim – die Einrichtung eher willkürlich, die Atmosphäre lieblos und kalt. Sie nahm in einem der Ohrensessel Platz.
    Olive setzte sich ihr gegenüber, zwischen ihnen brannte prasselnd ein Feuer im Kamin. Olive trug ihre wilde Mähne zu einem ordentlichen Nackenzopf geflochten, der wie ein dickes Seil über ihrem Rücken hing. Sie hatte eine marineblaue Hose an, eine limonengelbe Seidenbluse und einen kanariengelben V-Ausschnitt-Pulli. Ihr Gesicht war dezent geschminkt. Schwer zu sagen, wie alt sie war – soweit Laura wusste, Ende dreißig –, aber so, wie sie sich kleidete, konnte sie ebenso gut zwanzig Jahre älter sein. Als würde sie die Werbeprospekte der Wochenendausgabe ihrer Zeitung zu Rate ziehen. Keine Spur von Cats Charme oder Ausstrahlung, ihrem Geschmack oder ihrem natürlichen Sexappeal. Sie wirkte wie die alte Jungfer der Verwandschaft, einen größeren Gegensatz zu Cat hätte man sich kaum vorstellen können.
    Â»Sie wollen also über meine Schwester reden«, begann sie mit leiser Stimme. Sie warf Laura nur einen ganz kurzen Blick zu, dann streckte sie ihre langen Beine zum Kamin hin aus.
    Â»Ja, bitte«, antwortete Laura. Sie holte ihr Aufnahmegerät hervor. »Hätten Sie etwas dagegen, wenn …?«
    Olive signalisierte vage Zustimmung. »Wie möchten Sie vorgehen?«
    Sie sprach so leise, dass Laura sich anstrengen musste, um sie zu verstehen. »Also, ich dachte, wir könnten anfangen, indem Sie mir etwas über Ihre gemeinsame Kindheit erzählen. Sie sind zusammen aufgewachsen, was sind Ihre lebhaftesten Erinnerungen?«
    In diesem Moment ging die Tür auf, und eine Frau trat mit einem Tablett ein. Sie begrüßte Laura mit einem Nicken und setzte das Tablett auf dem Sofatisch ab. Es enthielt lediglich Kaffee, Scones und Gebäck, obwohl es ein Uhr war und Laura noch nichts zu Mittag gegessen hatte. Aber sie hatte ohnehin keinen Hunger.
    Â»Möchten Sie, dass ich einschenke, Mrs Tremayne?«
    Â»Ja, danke, Mary. Das ist Mary, meine Haushälterin«, murmelte Olive.
    Â»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mary«, sagte Laura. Die Frau schenkte ihr ein Lächeln. Wenigstens eine freundliche Seele.
    Mary servierte den beiden schweigend Kaffee und reichte Laura dann auf einem kleinen Teller ein wenig Gebäck.
    Â»Danke«, sagte Laura. Sie hatte absolut keinen Appetit.
    Mary nickte Olive zu und verließ das Zimmer.
    Â»Wo waren wir?«, murmelte Olive, als wären sie mitten in einem lebhaften Gespräch unterbrochen worden. »Ah, ja. Die Kindheit …« Sie seufzte schwer.
    Â»Sie sind die ältere Schwester?«, erkundigte sich Laura und knabberte höflich an einem Scone.
    Olive warf ihr einen kühlen Blick zu. »Vier Jahre älter,

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