Ein Grausames Versprechen
verschiedener Länder, und wenn er ständig in Bewegung ist, könnte er sehr schwer aufzuspüren sein.«
»Vor allem, wenn er in Wirklichkeit hier ist«, sagte Ella.
Lauren saß im hinteren Teil des Rettungswagens neben dem dösenden alten Mann mit dem blockierten Katheter und beobachtete Joe im Spiegel. Er schaute oft hinein, aber nicht zu ihr.
Der Ordner mit den Einsatzformularen lag offen auf ihrem Schoß, aber sie hatte noch kaum etwas eingetragen. Sie malte ein weiteres Kästchen aus und warf wieder einen Blick zu Joe. Diesmal sah er sie an.
»Alles okay?«
Sie nickte. »Und du?«
»Alles prima.«
Sie beugte sich über das Einsatzblatt. Alles prima - was bedeutete das? Er konnte glücklich darüber sein, dass sie ihn geküsst hatte, oder er konnte schon darüber hinweg sein. Es aus seinen Gedanken verbannt haben. Vergessen.
Sie hätte gern etwas gesagt, aber was sagte man da? Sie hatte sich offenbart, ihm gezeigt, was sie empfand, jetzt musste sie alles ihm überlassen.
Der alte Mann schlug die Augen auf und sah sich um. »Ich muss auf die Toilette.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Der Schlauch ist verstopft. Wir sind gleich im Krankenhaus.«
»Ich muss jetzt gehen.« Er wartete auf ihre Reaktion, aber seine Demenz hatte ihn der Fähigkeit beraubt, ihre Erklärung zu verstehen.
»Okay.« Sie tätschelte ihm die Hand.
Wenn Joe etwas sagen wollte, würde er es tun. Wenn nicht, dann nicht. Es stand ihr nicht zu, noch etwas zu tun oder zu sagen; sie hatte bereits eine Grenze überschritten.
Sie hielten an einer roten Ampel. Der alte Mann döste mit offenem Mund wieder ein. Lauren beobachtete den Feierabendverkehr durch das Seitenfenster. Die Zentrale schickte einen Wagen zu einem Kind, das von einem Roller gefallen war. Lauren blickte nach vorn, um etwas zu dem Fall zu sagen, und ertappte Joe dabei, dass er sie beobachtete. Er schaute rasch weg. Sie sagte nichts und drehte den Kopf wieder zur Seite, aber ein wenig später sah sie verstohlen wieder in seine Richtung. Joe fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen, während er auf den Verkehr hinausstarrte.
Sie lächelte für sich. Vielleicht war tatsächlich alles prima.
Sal saß auf der Bettkante. Tracy lehnte am Fensterbrett und hatte die Arme verschränkt. »Ich halte diesen Krach nicht aus«, sagte sie.
Die Schlafzimmertür war zu, aber die Gitarrenakkorde drangen durch, als wären die Wände aus Papier.
»Sie lernt es erst«, sagte Sal.
»Muss das jetzt sein?«
Die Gitarre hielt einen Moment inne und fing dann wieder an, einen anderen Akkord diesmal. Sal stellte sich vor, wie Lizzie sich auf ihre Fingerhaltung konzentrierte. Sie war dreizehn, die älteste Tochter seiner Schwester, und sie fand ihn doof, aber sie war lustig und tapfer, und er mochte sie.
Tracy verlagerte ihr Gewicht und seufzte.
»Komm und setz dich her, Süße.« Er klopfte auf das Bett. Er wollte, dass Tracy ihren Arm um ihn legte, wollte das Gesicht an ihren Hals drücken. Er wollte aufhören zu denken.
»Vergiss es.«
»Der Krach wird nicht ewig weitergehen.«
»Euer Haus riecht komisch«, sagte sie.
»Ich kann das Fenster aufmachen.«
Sie verdrehte die Augen. Sal sah an ihr vorbei aus dem Fenster, auf die Wipfel der Bäume in Mrs. Seccombes Garten nebenan. Er wusste, dass es nicht nur um den Krach oder den Geruch ging. Er hatte sich verändert, und es gefiel ihr nicht. Er hatte natürlich aufgepasst, dass sie ihn nicht weinen sah, aber er spürte, sie sah dennoch, wie schwach er sich fühlte. Er sollte aufstehen und ihr sagen, dass sie sich gleich verpissen konnte, wenn sie vorhatte, sein Haus und seine Familie zu beleidigen. Es musste andere Wege geben, wie sie an die Informationen herankamen, die sie brauchten, Wege, bei denen er sich nicht so herabsetzen lassen musste.
»Hast du dieses Halsband schon?«
»Nein.«
Sie seufzte.
»Ich bestimme nicht über das Geld, ja?« Falsche Bemerkung. »Wir müssen warten, bis der Scheißdreck verarbeitet ist, bevor wir ihn verkaufen können, verstanden? Glaubst du, das geht über Nacht?«
Sie murmelte etwas über Thomas.
»Was?«
Sie zuckte die Achseln.
Sal stand auf, seine Wut verlieh ihm Kraft und schnürte ihm die Kehle zu. »Was hast du gesagt?«
Sie sah ihm in die Augen. »Ich sagte, vielleicht sollte ich direkt zu Thomas gehen.«
»Das ist das Geschäft meiner Familie. Mein Onkel hat es aufgebaut, mein Bruder und ich leiten es. Thomas ist nur unser Helfer, verstanden? Du gehst wegen nichts
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