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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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hatte er das auch durchgemacht. Cohens Schmerz war ihm nicht fremd. Donner stand mit diesem Schmerz auf und ging mit ihm zu Bett – ein Klischee, aber so war es eben. Das hatte einen Grauschleier über sein Leben gelegt. So prüfte Gott die, die Ihn liebhatten. Er war dadurch gläubig geworden – in Wellen, für Momente, bei emotionalen Hoch- und Tiefpunkten. Jetzt, heute, an diesem Abend fühlte Donner sich freilich vollkommen von Gott verlassen.

19
    KICHIE
    Es war Mitternacht, als er vor dem Amstel Hotel abgesetzt wurde. Es war eine ungemütliche, nasskalte Nacht, wie er sie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr auf der Haut gefühlt hatte. In der Ferne waren die Geräusche von Hubschraubern und den hydraulischen Antrieben von Maschinen zu hören, mit denen die Trümmer des Opernhauses abgetragen wurden, um nach Überlebenden zu suchen.
    Kichie hatte einen seiner besseren Anzüge angezogen, von Armani, doch der war ihm inzwischen viel zu weit. Das Leder der Schnürschuhe von Church hatte seine Weichheit verloren, obwohl Zina sie regelmäßig geputzt und eingefettet hatte. Zina hatte heute Abend ein Kleid getragen wie für eine Hochzeitszeremonie, aber sie hatte auch über das geweint, was über Sallie gesagt wurde, dass er ein Terrorist sei und die Fußballmannschaft Deckmantel für eine Gruppe junger Fundamentalisten.
    Dalila, seine Tochter, war zu einer jungen Frau geworden. Zina hatte für ihn gekocht, und er hatte gegessen, obwohl er keinen Hunger hatte. Er habe abgenommen, sagte Zina, er müsse mehr essen. Er hatte sich jahrelang vorgestellt, wie es sein würde, wenn er freikam und Sex mit Zina hatte. Sie war ein bisschen fülliger geworden, aber sie war immer noch eine schöne Frau, mit Henna in den Haaren und auf den Händen, Gold um Hals und Handgelenke, rasiert, wo eine marokkanische Frau rein zu sein hatte. Aber Kichie konnte die Nacht nicht bei seiner Frau und seiner Tochter bleiben.
    »Sie erwarten mich«, hatte er gesagt. »Verzeih mir, dass ich dich schon wieder verlassen muss. Ich tue nichts, was mir die Freiheit nehmen könnte. Ich arbeite jetzt mit der Polizei zusammen. Ich muss wissen, was mit Sallie ist.«
    Ein gepanzerter BMW brachte ihn zum Amstel Hotel. Es war wenig Verkehr auf den Straßen. Jedermann hockte zu Hause vor dem Fernseher und starrte auf das zerstörte Opernhaus und die stummen, verschwommenen Bilder von den Umrissen eines Passagierflugzeugs, einer modernen 737 mit grazil aufwärts geschwungenen Flügelspitzen, das auf einer verlassenen Parkposition auf dem Flughafen Schiphol stand.
    Er trug geputzte Schuhe, ein blütenweißes Oberhemd, eine Seidenkrawatte. Seine Uhren hatte man konfisziert. Auch das Geld, die Kuverts mit Banknoten, die im Kleiderschrank versteckt gewesen waren, hatte die Justiz beschlagnahmt. Aber Kichie hatte noch ein Depot, das die Polizei nicht entdeckt hatte, in Luxemburg; er würde dorthin fahren, sobald er sich sicher sein konnte, dass er nicht mehr überwacht wurde. Die Miete für das Depot wurde von einem Nummernkonto überwiesen. Er hatte dort Waffen. Achthunderttausend in bar. Noch drei Rolex-Uhren. Er konnte da weitermachen, wo er vor elf Jahren aufgehört hatte. Noch einige Monate lang. Danach konnten seine Frau und seine Tochter von dem Geld leben.
    Wie versprochen – ein heiliger Eid –, hatte Max den Unterhalt für seine Familie bestritten. Es hatte ihnen an nichts gefehlt.
    Kichie ging die Eingangstreppen zum Hotel hinauf, wandte sich an die Rezeption und fragte nach Max Kohn. Es war Nacht, aber in der Lobby herrschte noch Hochbetrieb. Die Gäste konnten bei so viel Unruhe, der Geräuschkulisse in der Stadt, dem Lärm der Hubschrauber von Polizei und Fernsehsendern offenbar nicht schlafen. Kellner mit Tabletts voller Getränke und Häppchen hasteten zwischen den Marmorsäulen vor den großen Fenstern mit Blick auf den Fluss hin und her. Elegante Frauen, müde auf ihren Stöckelschuhen wankend, hatten sich bei ihren Männern untergehakt.
    Im Vorübergehen fing Kichie Satzfetzen auf. Das Feuer sei gelöscht, das Betreten des Opernhauses aber wohl immer noch riskant. Die Experten des Sprengstoffräumdienstes seien noch nicht in der Lage festzustellen, ob man das Gebäude jetzt gefahrlos betreten könne. Drei Tote habe man geborgen. Unbekannt sei, ob noch weitere Opfer unter den Trümmern begraben lägen. Undenkbar, dass Sallie etwas damit zu tun hatte.
    Aber Sallie war verschwunden.
    Der Rezeptionist rief bei Max Kohn an, nickte und gab

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