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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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hatte immer noch Freunde dort, und Leon fand gleich Nahrung für ein neues Buchprojekt. Er trug Material über den ermordeten Filmregisseur und Kolumnisten Theo van Gogh zusammen, nachdem er auf YouTube ein altes Fernsehinterview gesehen hatte, in dem dieser sich unter anderem über ihn ausgelassen hatte. Van Goghs zehnter Todestag nahte, und Leon wollte der Erste sein, der einen Roman über den Mann herausbrachte, der ihn 1984 zu seinem Lieblingsfeind erklärt hatte. Eine Abrechnung wollte er schreiben und damit die Geschichte korrigieren, die van Gogh heiliggesprochen hatte. Er zeigte Sonja Kolumnen van Goghs, in denen er sich über ihn geäußert hatte. Sie waren wirklich ekelhaft.
    »Warum willst du dich denn überhaupt mit dem befassen?«, fragte sie ihn. »Schreib doch lieber noch mal so einen Roman wie Leo Kaplan, eine Liebesgeschichte. Das war das Erste, was ich von dir gelesen habe, als ich siebzehn war. Und es war sehr aufregend.«
    »Seit er tot ist, fehlt mir sein Hass«, antwortete Leon. »Verrückt, dass einem so was wichtig werden kann. Aber ohne sein Gift ist alles ein bisschen öde. Er war ein komischer Typ, nicht talentlos, aber destruktiv und von daher elektrisierend für einen Geschichtenerzähler wie mich.«
    Sie zogen nicht zusammen, aber Sonja fand eine Wohnung in derselben Straße des Concertgebouw-Viertels, in der Leon wohnte. Er blieb häufig über Nacht bei ihr, brachte sogar regelmäßig Nathan zur Schule und besorgte des Öfteren, trotz ihrer Einwände, etwas vom Surinamesen zum Abendessen. Sie setzte ihn auf Diät, und er nahm in zwei Monaten fünf Kilo ab. Die große Katastrophe, von der sie heimgesucht worden war – eigentlich hatte es in ihrem Leben zwei davon gegeben –, hatte sie nicht vor ihm geheimgehalten.
    Während ihrer »Flitterwochen« in Südfrankreich war Max Kohn ein einziges Mal zur Sprache gekommen.
    Sie saßen in einem Restaurant in Antibes, das Sonja durch Bram Moszkowicz kennengelernt hatte, ein kleines, schlauchförmiges Lokal in der Altstadt, das man leicht übersah, doch was hier aufgetischt wurde, war köstlich. Die Touristensaison hatte noch nicht begonnen, die Straßen waren leer. Sonja kannte Leons Kindheit zwar in groben Zügen, schaute ihn aber gern dabei an, wenn er darüber sprach, und stellte ihm daher weitere Fragen zu seinen Eltern. Weil er mit ihr ins Bett wollte, gab er sein Bestes, und das verlieh ihr Macht.
    Unvermittelt streute er ein: »Ich kenne Max von früher.«
    Sie spürte, wie sich ihre Nacken- und Schultermuskeln anspannten.
    »Was willst du damit sagen?«, fragte sie tonlos, schroff.
    »Du warst doch mit Max Kohn zusammen, oder? Du bist doch die Sonja Verstraete?«
    Sie hatte sich schon halb von ihrem Stuhl erhoben, mit wild klopfendem Herzen. Jetzt ließ sie sich wieder nieder und antwortete ihm, als sie ihren Atem unter Kontrolle hatte. Dabei sah sie ihn nicht an.
    »Max kam auch aus Den Bosch, ja. Ihr kennt euch also von dort?«
    »Entschuldige«, sagte er, »tut mir leid, dass ich dich auf ihn angesprochen habe. Ich wusste nicht, dass…«
    »Was wusstest du nicht?«
    »Ich wusste, dass du mit ihm… Ich wusste, dass ihr lange zusammen wart. Das erfährt man unweigerlich, wenn man deinen Namen googelt. Aber mir war nicht klar, dass ich ihn besser nicht hätte erwähnen sollen.«
    »Fünf Jahre«, sagte sie. »Dann habe ich ihn verlassen. War schwerlich vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Wir wurden zusammen festgenommen, es stand in allen Zeitungen.« Ziellos schob sie den Pfefferstreuer vor ihrem Teller hin und her, dann den Salzstreuer. »Deswegen bin ich aus den Niederlanden weggegangen. Immer dieses ›Gangsterbraut von Max Kohn‹.« Das war bei weitem nicht der einzige Grund, aber alles andere verschwieg sie. Sie sah de Winter an: »Wie war er früher?«
    De Winter zuckte die Achseln. »Ich war älter, wir sind sechs Jahre auseinander. Ich traf ihn nur hin und wieder mit seiner Mutter in der Schul. Erst später, in Amsterdam, hatten wir miteinander zu tun. Da sind wir Freunde geworden.«
    »Er hat nie davon erzählt.« Sie sah ihn jetzt forschend an, im Zweifel, ob er die Wahrheit sagte.
    »Irgendwann haben sich unsere Wege getrennt«, erklärte de Winter. »Wir hatten nichts mehr gemeinsam. Das war ziemlich deutlich.«
    »Hast du dich in der Zeit, als ich mit ihm zusammen war, noch mit ihm getroffen? Er hat nie von dir gesprochen. Hat nie deinen Namen erwähnt. Nie.«
    »Max hat meinen ersten großen Spielfilm, Die

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