Ein Hauch von Schmerz: Erotischer Roman (German Edition)
sie mit gezwungenem Lächeln.
Ray sagte, er würde mit Blain einen Notartermin machen, und in spätestens zwei Wochen könnte April einziehen. War das derselbe Mann, der sie bei der letzten Besichtigung vor Lust fast rasend gemacht hatte? Als April schon das Gefühl hatte, vor lauter Frust kaum noch Luft zu bekommen, wurde es noch schlimmer. Sie beendeten die Besichtigung und Carly stürmte in ihrer schwungvollen Art die Treppe hinunter. Da zog Ray April mit einem Ruck in die Wohnung zurück. So grob hatte er sie noch nie angefasst. Sie rieb demonstrativ ihren Oberarm, nachdem er ihn losgelassen hatte.
»Hör zu«, sagte er. »Deiner Freundin fehlt jegliches Feingefühl. Sie hat meinen wunden Punkt gefunden und unaufhörlich darin herumgestochert, egal, wie deutlich ich ihr signalisiert habe, dass ich das Thema beenden will.«
April hob erstaunt die Augenbrauen, fühlte den Impuls, Carly zu verteidigen, schließlich war es doch nur ein harmloses Geplänkel über Konzerte gewesen, aber Ray schaute so ernst drein, dass sich ihre Kehle verengte. Nun meinte sie, sich verteidigen zu müssen, so als hätte Ray sie beschuldigt, Carly auf ihn angesetzt zu haben.
»Ich habe ihr nichts erzählt. Ich wusste nicht einmal, dass du einen wunden Punkt hast.«
»Ich habe einen, und sie wollte nicht lockerlassen. Ich dachte schon, ich müsste ausfallend werden. Woher weiß sie von der Sache?«
»Ich weiß nichts von irgendeiner Sache. Aber nachdem ich ihr von unserer ersten Begegnung erzählt habe, hat sie deinen Namen gegoogelt, und beim nächsten Treffen wollte sie mir alles Mögliche berichten. Ich habe nichts hören wollen, denn ich lerne Menschen lieber auf direktem Weg kennen.«
Endlich – er lächelte! Nur mit den Augen, aber das war doch schon etwas. Er streichelte ihre Wange, und April konnte wieder durchatmen.
»Das ist auch gut so«, sagte Ray. »Ich erzähle dir nämlich lieber meine Version davon. Im Internet steht eine Menge Mist. Sag Carly, dass sie in Zukunft ihre Zunge im Zaum halten soll.«
»Ich weiß etwas Besseres. Ich werde sie dafür züchtigen«, sagte April zufrieden. »Oder vielmehr: züchtigen lassen.«
»Hat sie einen Gebieter?«
»Nicht direkt. Wie auch immer, du wirst Genugtuung bekommen.«
Ray lachte auf. »Wir müssen das nicht überdramatisieren, aber mir gefällt die Art, wie du denkst, darum tu, was du für richtig hältst.«
Er griff nach dem Türknauf.
»Steht unser Date für morgen Abend noch?«, fragte sie.
»Natürlich. Ich hatte nicht vor, es abzusagen, nur weil ich mich über deine Freundin geärgert habe.«
»Nein, ich dachte, weil … nun ja, weil die Wohnungssuche beendet ist.«
»Ich hatte nicht den Eindruck, dass unsere Beziehung nur auf Immobilienexposés aufgebaut ist.«
»Warum tust du dann so, als ob du nicht mehr an mir interessiert bist?«
»Das tut mir leid.« Er rückte seinen Krawattenknoten zurecht, eine klassische Übersprungshandlung, wenn Männer nicht wussten, wohin mit ihren Händen. »Ich hatte einen ziemlich stressigen Morgen. In unser Büro auf Mallorca wurde eingebrochen. Das bedeutete viel Herumtelefonieren mit der Polizei, mit Anwälten, der Versicherung, alles sehr aufreibend. Darum bin ich heute ausgesprochen schlecht gelaunt.«
»Du wirkst eher distanziert.«
Er zuckte die Schultern. »So äußert sich schlechte Laune bei mir.«
»Wo treffen wir uns morgen?«
»Ich schicke dir einen Wagen. George wird um sieben Uhr bei dir klingeln. Du erinnerst dich an meine Anweisungen?«
»Weiter Rock, keine Unterwäsche, Bluse mit kurzen Ärmeln.«
»Es kommt noch eine dazu. Streiche für den Verlauf des Abends das Wort ›Nein‹ aus deinem Wortschatz.«
Ein Schauder erfasste sie. Sie waren wieder in ihrem Fahrwasser. Aber was hatte er vor? Wie berechenbar und diskret war Blain doch gewesen! Alles hatte sich in seiner Wohnung abgespielt. Sie konnte immer sicher sein, dass er sie in der Öffentlichkeit niemals bloßstellen würde.
»Kein Nein«, willigte sie ein. Dann würde sie eben Umschreibungen oder Synonyme benutzen, wenn es nötig war.
Es klopfte an der Tür. »He, was treibt ihr da drinnen?«, rief Carly.
Ray drehte den Knauf und zog die Tür auf. »April hatte noch ein paar Fragen.«
Sie verabschiedeten sich vor dem Haus artig mit Handschlag. Ray ging auf die schwarze Limousine zu, die ein Stück die Straße hinunter parkte. Der Fahrer stieg aus, um ihm die Tür aufzuhalten. April sah ihn diesmal nur von hinten.
Graumelierte
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