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Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Titel: Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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vergewaltigt. Äußerlichkaum Blut, aber für eine Leiche, deren Verwesung noch nicht eingesetzt hat, zeigt sie einen stark geschwollenen Unterleib. Nachdem sie tot war, hat er sie in den Eisschrank gelegt, bis er dann so weit war, sie wegzubringen.«
    »Dann«, sagte Carmine und entfernte sich vom Obduktionstisch, »werde ich in deinem Büro auf dich warten, Patsy. Ursprünglich hatte ich die ganze Zeit dabei bleiben wollen, aber ich glaube, das kann ich nicht.«
    Draußen wurde er von Marciano erwartet. »Du siehst ziemlich blass um die Nase aus, Carmine. Hast du gefrühstückt?«
    »Nein, und ich will auch jetzt noch nicht.«
    »Und ob du willst.« Er schnupperte Carmines Atem. »Dein Problem ist, du hast getrunken.«
    »Nennst du ein Gläschen Wein trinken?«
    »Nein. Komm schon, Kumpel, du kannst mich im Malvolio’s auf den aktuellen Stand bringen.«
    Viel hatte er von der Portion Armer Ritter mit Ahornsirup nicht herunterbekommen, doch als er in sein Büro zurückkehrte, fühlte er sich besser, da er zumindest versucht hatte, etwas zu essen. Der Tag würde noch schlimmere mentale Strafe bringen als bislang; er hatte so eine Ahnung, dass Mr Bewlee darauf bestehen würde, die sterblichen Überreste seiner Tochter zu sehen, gleichgültig, was sein Geistlicher sagen oder wer sich für diese furchtbare Aufgabe freiwillig melden mochte. Einige Teile von ihr konnte er sich einfach nicht ansehen, aber er würde jede einzelne Falte ihrer Handflächen kennen, vielleicht eine winzige Narbe, wo er einmal einen großen Splitter aus ihrem Fuß entfernt hatte, die Form ihrer Nägel … Die süßen und reizenden Vertraulichkeiten der Vaterschaft, die Carmine nie erlebt hatte. Wie seltsam es ist, ein Kind zu zeugen, das man nicht wirklich kennt, das weit von einem entfernt gelebt hat und in dessen Gesellschaft man sich wie ein Verbannter fühlt.
    Carmine merkte, dass er in neuen Bahnen dachte, seit er an jenem Abend über den Hafen von Holloman in den Schnee gestarrt hatte. Margaretta Bewlee in ihrem Partykleidchen auf dieser frostigen Schneeverwehung liegen zu sehen hatte eine weitere Straße geöffnet, die ihn verlockend rief, so gerade außerhalb seiner Reichweite, der Geist eines Gedankens. Ein Gespenst …
    Dann hatte er es. Nicht ein Gespenst.
Zwei
Gespenster.
    Wie viel einfacher zwei von ihnen es machen würden! Die Geschwindigkeit und die Stille, die Unsichtbarkeit. Zwei: Der eine lockte mit dem Köder, der andere ließ die Falle zuschnappen. Es
musste
einen Köder geben, etwas, das ein sechzehnjähriges Mädchen, so rein wie treibender Schnee, so bereitwillig nehmen würde wie ein Lachs die richtige Fliege. Ein kleines Kätzchen, ein schmutziger und geschlagener kleiner Hund?
    Äther … Äther! Der eine ließ den Köder baumeln, der andere tauchte blitzschnell von hinten auf und drückte einen in Äther getränkten Wattebausch auf das Gesicht des Mädchens: keine Chance, zu schreien, keine Chance, zu beißen, oder eine für einen Sekundenbruchteil abrutschende Hand, die einen Schrei zuließ. Das Mädchen würde innerhalb von Sekunden bewusstlos sein, beim Kämpfen den Äther in ihre Lungen einsaugen. Zu zweit würden sie ihr Opfer dann in Windeseile fortschaffen, ihm eine Injektion geben, es in ein Fahrzeug verfrachten oder in ein vorübergehendes Versteck. Äther … Das Hug.
    Sonia Liebman war im OP des Hug und machte klar Schiff nach Ratten-Gehirnsuppe. Als sie Carmine bemerkte, verfinsterte sich ihr Gesicht – aber nicht seinetwegen.
    »Oh, Lieutenant, ich hab’s schon gehört! Geht’s dem armen Maurice gut?«
    »Er ist okay. Wäre auch anders kaum möglich bei dieser Ehefrau.«
    »Dann steckt das Hug also immer noch tief in der Scheiße, stimmt’s?«
    »Oder jemand möchte, dass es so aussieht, Mrs Liebman.« Carmine hielt inne, er sah keinen Sinn darin, um den heißen Brei herumzureden. »Haben Sie Äther hier im OP?«, fragte er.
    »Klar, aber das ist kein anästhetischer Äther, sondern ganz gewöhnlicher Laboräther. Hier«, sagte sie und ging ins Vorzimmer voraus, wo sie auf eine Reihe Kanister zeigte, die auf einem hohen Regal standen.
    »Würde es auch als Narkotikum wirken?«, fragte er und nahm einen Kanister vom Regal, um ihn näher zu betrachten. In den Abmessungen etwa wie eine große Dose Pfirsiche, allerdings mit einem kurzen, schmalen Hals, der von einer Tülle verschlossen wurde. Kein Deckel, aber ein Siegel. Das Zeug muss so flüchtig sein, dachte er, dass nicht mal der dichteste Deckel es

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