Ein Lord mit besten Absichten
donnerte Noble und baute sich schützend vor Gillian auf.
»Noble, deine Manieren!« Gillian stieß ihn an, damit er sich bewegte, doch Noble rührte sich nicht vom Fleck. Also stieß Gillian ihn noch einmal an. »Wir haben einen Gast, der einen unglücklichen Unfall erlitten hat.«
Crouch kicherte. Charles und Dickon glucksten. Tremayne eins und zwei prusteten leise und sahen erst sich und dann den auf dem Boden liegenden Tremayne drei verdutzt an, als der plötzlich schnarchte.
Noble schnaubte vor Wut. »Raus, verdammt. Sofort!«
»Noble!« Gillian schob sich an die Seite ihres Mannes und wollte sich entschuldigen. »Sir, ich entschul…«
»Nichts wirst du tun. Meine Frau entschuldigt sich nicht bei einem gottverdammten Mörder.«
Der Schotte betastete vorsichtig seine aufgeplatzte Unterlippe und verzog das Gesicht zu einem Lächeln; zumindest hielt Gillian es dafür. »Bemühen Sie sich nicht, Mylady. Ich habe schon so viele Entschuldigungen für das Verhalten Ihres Gatten von der vorherigen Lady Weston entgegengenommen, dass ich bis an mein Lebensende versorgt sein dürfte.«
Noble knurrte einen Fluch, als seine rechte Faust vorschnellte und auf dem Kinn des Schotten landete. McGregors Kopf flog in den Nacken, und er wäre wie ein abgesägter Baum umgekippt, hätte Crouch nicht hinter ihm gestanden, ihn gepackt und für den Fall auf den Beinen gehalten, dass der Earl nachlegen wollte.
»Wenn du dich noch einmal in die Nähe meiner Frau wagst« – Noble krallte sich ins Halstuch des armen Kerls und zog ihn an sich, bis er seinen Atem spüren konnte – »schneide ich dir dein schwarzes, nennen wir es mal … Herz … aus der Brust und tanze einen Highland Fling darauf.«
»Versuch’s doch«, krächzte der Mann zur Antwort, wobei er nicht den Eindruck machte, als würde ihn Nobles Drohung besonders beeindrucken. Für seine Tapferkeit gab Gillian ihm die volle Punktzahl, wovon sie ihm wegen seines Mangels an gesundem Menschenverstand jedoch leider wieder ein paar abziehen musste. So sprang man nicht mit dem Schwarzen Earl um, wenn er in dieser Stimmung war, es sei denn, man hatte Todessehnsucht. »Versuch’s nur, wir wissen ja beide, dass das nicht geschehen wird. Du hast schließlich schon einmal versucht, mich fertigzumachen, Weston, und hast versagt. Was also veranlasst dich zu glauben, du könntest es dieses Mal schaffen?«
Nobles Finger krallten sich noch fester in das Halstuch. McGregors Gesicht lief rot an, während er versuchte, seine Arme aus Crouchs Griff zu befreien.
»Diesmal habe ich etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt. Ich warne dich, McGregor, verschwinde aus meinem Leben oder bereite dich auf das Ende deines eigenen vor.«
Noble ließ den Schotten so abrupt los, dass der zu Boden gegangen wäre, hätte Crouch ihn nicht noch immer festgehalten.
»Beseitigen Sie diesen Unrat, Crouch«, sagte Noble und machte auf dem Absatz kehrt, um in die Bibliothek zu gehen.
»Hast du geglaubt, ich würde so leicht vergessen, Weston? Glaubst du, ich lasse zu, dass du die nächste Unschuldige auf dieselbe Art und Weise umbringst wie Elizabeth? Meinst du wirklich, ich sehe tatenlos dabei zu, wie du diese Frau auf dieselbe Weise quälst, wie du es mit deiner ersten …«
Gillian zuckte zusammen, als einer der Tremaynes dem Kanaillen-Gentleman versehentlich den Ellbogen ins Gesicht stieß, während er den armen Kerl zusammen mit Crouch nach draußen begleitete. Ehe Gillian sich in Richtung Bibliothek begab, nahm sie sich vor, mit den Dienern ein ernstes Wörtchen über die Art und Weise zu reden, wie sie verletzten Besuchern die Vordertreppe hinunterhalfen. Wenn Noble der Ansicht war, er könnte diesen Vorfall als vergessen betrachten, ohne noch ein Wort darüber zu verlieren, täuschte er sich gewaltig.
Sie steckte den Kopf durch die Tür zur Bibliothek. Noble stand mit dem Rücken zu ihr. Gillian wollte etwas sagen, als er hart mit der Faust auf den Schreibtisch schlug.
Du meine Güte. Er zuckte nicht mal, obwohl es bestimmt wehgetan hatte. Sie schloss leise die Tür und blickte zu den Dienern, die damit beschäftigt waren, die Eingangshalle zu putzen. Auf einmal mieden alle ihren Blick und versuchten, so zu tun, als wäre sie gar nicht da – ausgenommen der auf dem Boden schlafende Tremayne.
»Tremayne zwei.« Sie zeigte auf den Butler. »Ich möchte Sie sprechen.«
»Gewiss, Mylady.« Gillian machte ein finsteres Gesicht und versuchte, Noble zu imitieren, wenn der sich von seiner
Weitere Kostenlose Bücher