Ein Mann für eine Nacht (German Edition)
Joseph! Claire wurde blass. Über den Kleiderständer hinweg schauten sie sich in die Augen. „Hi“, sagte Claire argwöhnisch und lächelte unsicher, „was für ... eine schöne Überraschung.“
„Danke“
„Du, äh ... siehst großartig aus. Ich mag den Schal. Äh ... wo hast du den her?“
„Paris“, sagte Victoria triumphierend.
„Ich liebe Paris ... also ich mag viele Gegenden in Frankreich.“
„Ja“, sagte Victoria.
Claire fühlte, dass die Farbe zurückkam. Es war einfach irre, welche Wirkung diese Frau auf sie hatte. Sie musste wirklich ihre Selbstbeherrschung wiederfinden, bevor sie sich noch vollkommen blamierte.
„Ich bin jetzt verheiratet“, erzählte sie Victoria. „Ich heiße nicht mehr Fiscon“, fügte sie hinzu.
„Wen hast du denn geheiratet?“
„Simon Adamson.“
„Kenn ich den? Was macht er beruflich?“
„Er arbeitet im Finanzwesen“, sagte sie und fragte sich, ob sie Victoria genau so ehrlich geantwortet hätte, wenn ihr Mann bei der Müllabfuhr gewesen wäre.
„Oh“, sagte Victoria jetzt deutlich interessierter. „Gut, ich freu mich, ihn auf meiner Party zu treffen. Ihr kommt doch beide, oder?“
„Auf jeden Fall.“
„Bist du gerade einkaufen?“
„Ich hab bisher noch nichts gefunden, was mir gefällt“, log Claire mit Blick auf die diversen Einkaufstüten von Victoria.
„Das kenn ich“, seufzte Victoria. „Um eine vernünftige Auswahl zu haben, muss man ins Ausland gehen.“
„Ja“, stimmte Claire unbehaglich zu.
„Schon an Kinder gedacht?“
„Wie bitte?“
„Hörst du schon kleine Füßchen herumtapsen?“
„Ich habe einen Sohn“, verkündete Claire stolz und holte ein Foto von Andrew aus ihrer Tasche. „Das ist er.“
Das Foto zeigte Andrew in seinem Bettchen inmitten seiner Plüschfreunde. Er sah einfach bezaubernd aus. Victoria linste auf das Foto und sagte nüchtern: „Sehr schön.“
Claire verstaute das Foto schnell wieder in ihrer Tasche. Sie war wütend. Sehr schön. Also wirklich! Ein Auto kann sehr schön sein. Oder ein Garten. Aber doch kein so wundervolles Kind wie Andrew. Keine Minute mehr wollte sie an solch eine kalte und arrogante Person verschwenden.
Sie sah demonstrativ auf die Uhr: „Ich muss jetzt weiter. Simon kommt bald heim und wird hungrig sein.“
„Das ist ja schrecklich“, seufzte Victoria theatralisch, „Vincent und ich essen kaum zu Hause.“
Der Ärger schnürte Claire fast die Kehle zu. „Na, wenn du erst mal Kinder hast, wirst du schon merken, dass man nicht einfach weggehen kann, wenn man Lust dazu hat.“
„Deshalb wollen wir ja vorläufig auch keine.“ Victoria lachte silberhell. „Wir wollen erst einmal unser gemeinsames Leben genießen, bevor wir uns in die Tretmühle begeben. Ist doch bekannt, dass das Leben vorbei ist, sobald du Kinder hast.“ Sie machte eine Pause. Schließlich sagte sie: „Also dann, tschüss. Toll, dass wir uns nach all den Jahren zufällig über den Weg gelaufen sind.“
„Diese Hexe.“ Anna stimmte Claire aus vollem Herzen zu, als sie telefonierten.
„Ich bin doch nicht paranoid, oder?“, wollte Claire wissen.
„Überhaupt nicht. Victoria ist einfach nur neidisch“, beschwichtigte Anna. „Andrew ist ein einzigartiges Baby. Übrigens, hast du versucht, mich mit Jake zu verkuppeln?“
„Jake?“ Claire klang überrascht. „Natürlich nicht!“
„Wir sind gestern Abend zusammen ausgegangen.“
Vor Schreck hätte Claire fast ihr Baby fallen lassen. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, die beiden zusammenzubringen. Aber was soll‘s. Es wäre vielleicht ganz nett, mal einen Abend zu viert zu planen.
„Das ist doch toll. Seht ihr euch wieder?“
„Ja, nächste Woche. Immer mit der Ruhe“, antwortete Anna.
„Das hört sich nicht besonders begeistert an.“
„Doch, es ist nur so ...“
„Aha!“
„Kannst du Andrew nicht ins Bett bringen und dann in Ruhe mit mir telefonieren?
„Nein ... Nicht weinen, Süßer ... Er muss jetzt baden. Es ist schon spät.“
„Na gut. Also es ist so: Jake schmeichelt mir, er findet mich lustig und all so was ... aber ich bin mir nicht sicher, ob er der Richtige ist.“
„Ach Gott, Anna“, sagte Claire gereizt, „nicht jeder Mann, den du kennen lernst, kann der Richtige sein.“
„Du machst es dir leicht. Du bist glücklich verheiratet“, sagte Anna eingeschnappt.
„Ja. Das hab ich vergessen. Du hast ja so recht“, sagte Claire, während Andrew ihre Seidenbluse voll sabberte und ihre Haare mit
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