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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Patsche! Es wäre dann Pilatus’ Verdienst, die Ordnung wiederherzustellen.«
    »Du glaubst also, daß Jesus immer noch gefährlich ist.«
    »Ja. Es wäre falsch zu glauben, daß er keine Macht mehr hat, nur weil seine Jünger ihn im Stich gelassen haben. Sein Name dient Tausenden von Menschen im Land, in Judäa, ja sogar in Jerusalem, immer noch als Erkennungszeichen.«
    »Gut, gut«, räumte Kaiphas gereizt ein. »Bedienen wir uns also eines dieser beiden Jünger. Wir schlagen ihm vor, Jesus’ Nachfolge anzutreten. Und dann?«
    »Dann kann nichts mehr passieren«, erwiderte Gedalja.
    »Was? Nichts mehr passieren? Du meine Güte!« rief Kaiphas aus, während er sich mit einem Ruck von seinem Sitz erhob. »Du weißt ganz genau, daß Jesus unter Pilatus’ Schutz steht! Du treibst mich dazu, meinen Sitz aufs Spiel zu setzen! Hannas hat den seinen schon aus demselben Grund verloren!« Er schien wirklich sehr wütend. »Eben hast du selbst gesagt, daß Jesus immer noch eine Gefahr darstellt und daß er Tausende von Menschen mobilisiert«, fuhr er fort. »Wenn wir ihn verhaften, bekommen wir es nicht nur mit Pilatus zu tun, sondern mit Tausenden von Jesus’ Anhängern vor den Tempeltoren!« Er fuhr sich mit der Hand durch den Bart und versuchte, sich wieder zu beruhigen. »Wir können Jesus nur verhaften, wenn wir ihn in Verruf bringen. Du hattest theoretisch recht mit deinem Vorschlag, ihn durch jemand anderen an der Spitze seiner Bewegung zu ersetzen. Aber so wie du seine Jünger beschrieben hast, ist das unmöglich! Besagter Judas ist ein Schurke und Thomas ein Phantast. Keiner von beiden hat das nötige Format, um Jesus’ Nachfolge antreten zu können. Wie dem auch sei, in sechs Tagen ist Passah, für ein so langwieriges Unterfangen bleibt keine Zeit mehr.«
    Manche Menschen werden intelligent, wenn sie an der Macht sind, dachte Gedalja. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber eine dunkle Ahnung sagte ihm, daß er trotzdem recht hatte, Jesus verhaften zu wollen. »Da ist was dran«, gab er zu. »Eine Tatsache bleibt unbestritten: Wenn während des Passah-Festes ein Aufstand losbricht, wird die Lage unkontrollierbar und mehr als gefährlich für den Hohenpriester. Jesus muß unschädlich gemacht werden, und das ist nur durch seine Verhaftung möglich. Wir müssen uns also mit Pilatus anlegen.«
    »Uns mit Pilatus anlegen«, wiederholte Kaiphas und begann wieder, im Saal auf und ab zu schreiten.
    »Er kann schwerlich zwei Hohepriester nacheinander ihres Amtes entheben. Und wir legen ihm einfach dar, daß er vor Rom die Verantwortung für folgende Alternative übernehmen muß: Entweder wird Jesus festgenommen, oder aber es kommt zu Unruhen.« Gedalja kratzte sich am Kopf. »Pilatus weiß nur zu gut, daß er in allem bespitzelt wird von den Leuten des Herodes Agrippa, der ja zwischen Jerusalem und Rom ständig seine Intrigen spinnt. Er wird Vorsicht walten lassen.«
    »Könnte man diesen Jesus nicht... heimlich umbringen lassen?« schlug Kaiphas vor.
    »Das ist gewagt. Damit würden wir uns Pilatus endgültig zum Feind machen. Außerdem, wie sollen wir ihn finden? Ich muß es noch einmal betonen, wir brauchen einen Spion.«
    »Und wenn er verhaftet ist, was machen wir dann mit ihm?«
    »Wir lassen ihn nach unseren Gesetzen aburteilen«, antwortete Gedalja. »Das war Hannas’ Plan, er hatte schon damit begonnen, eine Mehrheit im Sanhedrin für diese Sache zu gewinnen.«
    »Ich weiß«, sagte Kaiphas. »Wir verurteilen ihn also zum Tode.« Er seufzte. »Ein gewagtes Unterfangen.«
    »Entweder — oder. Sein Tod oder eben das Chaos«, entgegnete Gedalja.
    »Ich weiß«, sagte Kaiphas noch einmal.
    »Wenn wir all das erst einmal hinter uns gebracht haben, können wir unsere Reise nach Rom ins Auge fassen.«
    »Was wollen wir dort?« fragte Kaiphas.
    »Darlegen, daß es weitaus leichter zu bewerkstelligen wäre, die Ordnung durch einen Hohenpriester aufrechtzuerhalten, der gleichzeitig Fürst über Judäa wäre«, antwortete Gedalja.
    »Ach ja, Fürst von Judäa«, wiederholte Kaiphas ohne große Überzeugung. »Wir wollen mit dem Anfang beginnen. Für welchen der beiden abtrünnigen Jünger entscheiden wir uns?«
    »Für Judas Iskariot.«
    »Ich dachte ebenfalls an ihn«, stimmte Kaiphas zu. »Laß ihn herkommen.«
    »Das wird nicht schwer sein. Er versteckt sich in Betanien. Wenn ich ihm irgend etwas von Begnadigung erzähle, wird er schon anbeißen.«
    Kaiphas nickte nur. Ein plötzlicher Migräneanfall machte ihm

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