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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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klar«, sagte Mattathias.
    »Wenn es klar ist, warum haben wir dann Händler im Tempel?« fragte Jesus. »Warum ist es erlaubt, Opfergaben zu verkaufen?«
    »Siehst du?« raunte Mattathias Ebenezer zu.
    »Amos wollte sagen, daß die moralische Aufrichtigkeit den Opfergaben vorzuziehen ist, und das leuchtet auch ein. Aber er hat die Opfergaben weder verurteilt noch verboten«, bemerkte Ebenezer.
    »Aber warum hat er dann den totalen Untergang verkündet, und warum hat auch Hosea gesagt, die Hoffnung werde aus der Asche der Strafe erstehen?«
    »Das war vor der Zerstörung des Tempels Salomons«, sagte Ebenezer. »Jene Zerstörung war nämlich die von Hosea angekündigte Strafe.«
    »Wenn der Tempel des großen Königs Salomon zerstört worden ist«, entgegnete Jesus, »warum sollte dann der des Königs Herodes nicht auch zerstört werden?«
    »Weshalb sollte er denn zerstört werden?« rief Ebenezer.
    »Muß das Königsgeschlecht Davids nicht wieder an die Herrschaft gebracht werden?« fragte Jesus.
    »Wieso?« schrie Ebenezer. »Warum sollte ein Nachkomme Davids den Tempel zerstören?«
    Unerschrocken blickte Jesus die beiden Schriftgelehrten, Jonathan und den Leviten an.
    »Diejenigen, die Zuckerwerk gegessen haben, sind auf der Straße gestorben«, rezitierte er ruhig, »und diejenigen, die purpurne Kleider trugen, sind jeder in ein Häuflein Asche zerfallen.«
    »Ruf Gedalja!« befahl Ebenezer dem Leviten.
    »Ein schwieriger Fall«, meinte Mattathias auf griechisch. »Er will Priester werden, und er wäre tatsächlich ein sehr guter Priester, wenn er nur diese verderbliche Geisteshaltung ablegen könnte. Er sagt, sein Vater, ein Zimmermann, habe ihn unterrichtet. Kennst du einen Zimmermann namens Josef, der in Kafarnaum lebt und ein sehr gebildeter Mann sein muß? Denn dieser Zimmermann scheint die Bücher gut zu kennen...«
    »Ein Zimmermann!« rief Ebenezer ebenfalls in griechisch. »Vielleicht ein Zelot! Das Kind macht einen recht sektiererischen Eindruck.«
    »Wenn die Zeloten Umsturzgedanken verbreiten, so fragt sich nur, warum sie auch Zuhörer finden. Außerdem ist sich das Kind sicherlich nicht bewußt, was es sagt, sonst würde es nicht hierher kommen, erst recht nicht, wenn es Priester werden will. Es wurde uns von Josef von Arimathäa empfohlen, dessen Sohn, der junge Mann zu deiner Rechten, vielleicht eines Tages Mitglied des Sanhedrin werden wird. Eine heikle Angelegenheit ist das. Jedenfalls habe ich dich nicht gerufen, weil ich entrüstet bin, sondern weil mir das Kind außergewöhnlich begabt erscheint.«
    »Aber du mußt zugeben, daß der Junge staatsgefährdende Gedanken äußert«, sagte Ebenezer.
    »Sicherlich, sicherlich«, räumte Mattathias ein. »Doch sind wir denn so verwundbar, daß uns einige vorwitzige Zitate aus dem Munde eines Kindes aus der Fassung bringen können? Ich glaube, der Junge würde trotzdem einen sehr guten Priester abgeben, unter der Voraussetzung, daß er richtig unterrichtet wird. Schließlich begegnet einem solch ein begabtes Kind nicht alle Tage.«
    »Wir wissen nicht einmal, ob er reiner Abstammung ist«, sagte Ebenezer.
    Jonathan hörte beunruhigt zu, denn er verstand Griechisch. Auch Jesus begann unruhig zu werden. Diese lange Unterhaltung in der fremden Sprache und der aufgebrachte Ton Ebenezers erschienen ihm bedrohlich. Er trug sich mit dem Gedanken, sich davonzumachen, und blickte verstohlen in Richtung Türe, als der Levit in Begleitung des dritten Priesters, Gedalja, zurückkam. Jesus fühlte sich in einer Falle. Gedalja war viel jünger, kräftig gebaut und schien vor Gesundheit und Geisteswitz zu strotzen.
    »Gibt es ein Problem?« fragte er mit klarer, etwas hoher Stimme. »Wir haben hier diesen Jungen aus Kafarnaum, der Priester werden will und sich auf die Zerstörung des Tempels gefaßt macht«, sagte Ebenezer auf griechisch und voller Sarkasmus.
    »Zerstörung? Und durch wen?« fragte Gedalja ruhig.
    »Durch einen Nachkommen Davids«, antwortete Mattathias blasiert.
    »Und was habt ihr geantwortet, Brüder? Sicherlich, daß niemand sich darauf berufen kann, aus dem Geschlecht Davids zu entstammen, da sich dessen Spuren nach Serubbabel verlieren«, sagte Gedalja. »Sprich selbst mit ihm!« sagte Ebenezer.
    »Du rechnest also mit der Zerstörung des Tempels, Kind?« fragte Gedalja in väterlichem Ton auf aramäisch.
    »Die Mauern von Jericho sind beim Schall der Trompete Josuas eingestürzt«, erwiderte Jesus angespannt.
    »Jericho wurde belagert,

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