Ein Mörder unter uns
wer am Telefon war ?« Ihre Augen warfen mir einen schnellen entsetzten Blick zu
und glitten dann schutzsuchend weiter. »Irving Hoyt «,
flüsterte sie. »Weißt du, was er will? Er möchte ein Mißverständnis mit seinem alten Kumpel Charlie klären. Er gibt morgen abend eine Party in seiner Wohnung in New York und möchte, daß sowohl Charlie wie ich
hinkommen. Nicht mehr als ein Dutzend Leute, sagte er, und Babs wird natürlich
auch dabeisein . >Ganz wie in alten Zeiten, nicht
wahr ?< hat er gesagt.«
»Nun, es war eben ein
glücklicher — schön, vielleicht auch ein wenig aus Erfahrung geborener Einfall
von mir gewesen«, sagte ich mit Bescheidenheit.
»Dann fragte er, ob Charlie mit
dir zusammen weggegangen wäre; und ich sagte nein, du seist hier bei mir; und
er sagte, das sei großartig, denn er wollte dich bitten, mit zur Party zu
kommen, und ich möchte die Einladung weitervermitteln. Er sagte, ich solle dir
ausrichten, diesmal gäbe es keine Gesellschaftsspiele. Was meint er damit ?«
Ich zuckte die Schultern. »Wer
kann schon wissen, was in einem Verrückten vorgeht ?«
Sie hörte nicht einmal zu,
sondern war noch immer von panischer Angst ergriffen. »Rick«, ihre Stimme
rutschte um eine Oktave hinauf, »was soll ich tun ?«
»Ruf Charlie an; und wenn er zu
Hause ist, sag ihm, ihr wärt beide morgen abend zu
einer Party eingeladen und würdet beide hingehen.«
»Dort hingehen ?« Sie schloß gequält die Augen und stöhnte angstvoll auf.
»Bist du wahnsinnig geworden ?« sagte sie in flehendem
Ton.
»Wenn der gute alte Irv seinen Plan für morgen abend ausgeheckt hat, werden wir sicher eine gute Chance haben, ihm einen Strich
durch die Rechnung zu machen«, sagte ich mit hoffnungsvoller Stimme. »Wer weiß?
Das Leben, das du morgen abend retten wirst, kann
dein eigenes sein !«
» Rick! «
Ich schoß mit der
Geschwindigkeit einer Gazelle auf sie zu und fing sie gerade noch rechtzeitig
auf, bevor sie in Ohnmacht fiel.
ACHTES KAPITEL
B is New Bladen waren es noch
zehn Minuten, und der Regen prasselte herab, als wäre er in Größenwahnsinn
verfallen und hielte sich für einen funkelnagelneuen, an einem funkelnagelneuen
Ort entstandenen Hurrikan. Es paßte zum übrigen,
dachte ich trübselig. Mein Gemütszustand strebte schnellstens dem Tiefpunkt zu.
Der Niedergang nach einem ausgesprochenen Höhepunkt hatte begonnen, als Maxine
in Ohnmacht gefallen war, überlegte ich. Von diesem Augenblick an war es stetig
abwärtsgegangen.
Nachdem ich Maxine mit einem
Minimum an kaltem Wasser und einem Maximum an reinem Cognac wieder zu sich
gebracht hatte, war sie noch immer ein verängstigtes kleines Kind gewesen.
Dieser Wechsel gegenüber den frühen Abendstunden, als sie die Wunschvorstellung
jedes Normalverbrauchers von einer regierenden Schönheitskönigin in ihrem Heim
verkörperte, hatte auch auf den Normalverbraucher Holman eine gewisse traumatische Wirkung. Sie klammerte sich an meinen Arm, als wäre
er das letzte Rettungsfloß der sinkenden Titanic. Sie hatte darauf bestanden, Charlie sofort anzurufen,
und hatte ihn auch zu Hause erreicht. Zwei Minuten ihrer Unterhaltung mit ihm
hatten mich zwanzig Minuten Überredungskunst gekostet, um Charlie davon
abzubringen, das nächste Schiff nach Südneuseeland zu besteigen, und ihn statt
dessen dazu zu bewegen, zusammen mit Maxine zu Irving Hoyts Party zu gehen.
Als ich mich schließlich vom
Telefon und Hutchins’ nervösem Gedröhn gelöst hatte, entdeckte ich, daß Maxine
inzwischen auf dem Gebiet der Erforschung der schmerzlindernden Wirkung einer
halben Flasche weißen Rums Pionierarbeit geleistet hatte, und zwar mit beinahe
unmittelbarem Erfolg. Anscheinend hatten ihre letzten zusammenhängenden
Gedanken dem Giogiolo Originalmodell gegolten. Sie
hatte es ausgezogen und es sorgfältig zusammengelegt, damit es nicht knitterte,
es dann auf den Boden gelegt und benutzte es nun als Kopfkissen. Ich mußte
zugeben, daß ihre Art zu schlafen — den Kopf auf dem Boden, den Körper auf der
Couch und die Füße auf der Couchlehne —, doch wieder in die Wunschvorstellungen
des Normalverbrauchers paßte . Das blaßbeigefarbene Unterkleid war hochgerutscht und enthüllte die berühmten Barrschen Beine, die zusammen mit dem übrigen eine in steilem Winkel herabfallende Linie
von der Couchlehne zum Boden bildeten. Außerdem hatte sie sogar einen mit
Monogramm versehenen Strumpfbandgürtel an.
Nachdem ich sie aufgehoben, ins
Schlafzimmer getragen und aufs
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