Ein mörderischer Schatten (German Edition)
garnichts.“ Sie versuchte, an dem Bettzeug vorbeizusehen, welches sich vor ihr türmte und lief halbblind weiter.
Da viele Leute um diese Uhrzeit hier vor ihren Campingwagen grillten, mangelte es Toni nicht an Wegweisungen, so dass sie fünf Minuten später endlich vor dem Wohnwagen standen. Toni türmte die Oberbetten auf ihre Kinder und öffnete den Reißverschluss des Vorzeltes. Sie nahm den Kindern das Bettzeug ab und lud es auf den Tisch, der dort stand. Dann kramte sie nach dem Wohnwagenschlüssel, den Tante Nelli ihr geschickt hatte und öffnete die Wohnwagentür. „Halleluja, wir haben es geschafft“, rief sie glücklich, als sie die Türe aufriss. „So, Kinder, rein mit euch.“ Sie betrat das kochend heiße Innere und öffnete erst mal alle Fenster. „Oh, seht mal. Die haben sogar alle Fliegengitter“, rief sie begeistert aus.
„Und es gibt ’nen Fernseher!“, rief Thea, als sie den kleinen Fernseher erblickte. Toni sah sich um. Der Wagen war riesig. Es gab eine Sitzgruppe mit Tisch, eine Kochnische mit Herd, Spüle und Kühlschrank und sogar einen Gasofen zum Heizen. Sie öffnete eine Tür und entdeckte ein Etagenbett. Hinter der nächsten Tür befand sich ein winziges Waschbecken und eine Toilette. „Oh, wie schön!“, rief sie begeistert. „Ein richtiges Klo, keine Campingtoilette.“ Der Wagen war an die Kanalisation angeschlossen. Zufrieden schloss sie die Tür und öffnete die Schiebetüten, hinter denen sich am anderen Ende des Wagens ein Bett befand. „Na, wie findet ihr es?“, fragte sie, als sie sich auf der Sitzecke niederließ.
„Ich hab Hunger, Mama“
„Ja, Simon. Ich geh gleich noch mal zum Auto und hol noch ein paar Sachen.“ Am liebsten hätte sie sich jetzt in das gemütlich aussehende Bett gelegt. „Wollt ihr solange hierbleiben oder kommt ihr noch mal mit?“
„Könne n wir gucken, was es hier alles gibt?“
In Gedanken stöhnte Toni auf. Aber die Kinder hatten neun Stunden im Auto gesessen und etwas Bewegung tat ihnen bestimmt gut. „Dann kommt. Wir drehen eine Runde um den Platz und dann gehen wir zum Auto. Dann könnt ihr auch noch was tragen helfen.“
Sie erkundeten nur den Teil des Platzes, den sie schon passiert hatten genauer, denn das kostete sie schon eine Viertelstunde und Antonia wollte nur noch ins Bett. Sie holten ihre Toilettenartikel, den Kaffee, Wasserflaschen, Brot und Marmelade aus dem Auto und gingen den ganzen Weg wieder zurück. Toni wunderte sich einmal mehr über die unermüdliche Energie von Kindern, während sie zusah, wie Thea und Simon munter vor ihr her den Berg hinaufhüpften. Toni schlurfte mit ihren beiden Taschen hinterher. Sie ging praktisch auf dem Zahnfleisch.
Nachdem die Kinder ihre Brote gegessen hatten, kletterten sie aufgeregt in ihre Betten und Toni ließ sich im Vorzelt auf einen Stuhl fallen und schickte sich an, ihre Eltern anzurufen. Sie hatten Toni heute Morgen fünf Mal daran erinnert, ja anzurufen, sobald sie angekommen waren. Toni runzelte die Stirn und sah auf das Display. Warum erklang kein Rufton? Sie wählte nochmal. Nichts. Dann dämmerte es ihr. Kein Netz. Toni stand auf und ging nach draußen. Immer noch kein Empfang. Sie sah auf die riesigen Kiefern, von denen sie umgeben waren. Ihr Wohnwagen stand direkt am Waldrand. Ob es was damit zu tun hatte? Sie stapfte ein Stückchen weiter zum benachbarten Wohnwagen, wo sich einige Camper bei Kerzenschein und Bier zusammengefunden hatten.
„N `Abend“, riefen einige von ihnen zu ihr hinüber.
„Guten Abend“ erwiderte Toni. „Können Sie mir sagen, wo ich hier Handyempfang habe?“
„Hier? Gar nicht.“
„Wie bitte?“
„Ab und zu hat man hier ein wenig Empfang, aber normalerweise kann man telefonieren von hier aus vergessen.“
„ Höchstens unten am See, da hab ich ab und zu Glück mit dem Netz“, steuerte eine Frau im Bikini bei.
„Oder unten an der Rezeption. Da klappts fast immer“, rief jemand anderes.
Das konnte doch nicht wahr sein. Sie war hier in Deutschland im Jahre 2013. Da hatte man überall Empfang! Toni stöhnte. Wer weiß, wie oft ihre Eltern schon versucht hatten, sie anzurufen. Sie machten sich bestimmt Sorgen. Es half nichts, sie musste einen Weg finden, sie zu erreichen. „Danke, dann versuch ich`s mal am See“, rief sie der Gruppe zu, sagte den Kindern Bescheid, schloss die Türe ab und marschierte zum See. Dort hatte sie kein Glück, also lief sie fluchend den ganzen Weg wieder runter bis zur Rezeption. Wenn sie jetzt
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