Ein moerderisches Geschaeft
Hillman schien der Ranghöhere zu sein. Sein wachsamer Blick beruhigte Carrie. Sie glaubte kaum, dass ihm viel entging.
Der Jüngere der beiden drückte auf einen Knopf, um das Rückenteil ihres Bettes etwas anzuheben, goss ihr ein Glas Wasser ein und blieb an ihrer Seite stehen, während Hillman Fragen stellte. Er ließ sie den Lauf der Ereignisse schildern, unterbrach sie selten und ließ ihr zwischendrin genügend Zeit, damit sie ihre Gedanken sammeln konnte. Am liebsten hätte sie ihm alles auf einmal erzählt, und sie wollte selbst auch einige Fragen stellen, aber Hillman war hartnäckig und folgte seinem eigenen Schema.
Sie wandte sich an den zugänglicheren Agenten und bat ihn, ihre Jacke zu suchen.
»Die Briefe sind in der Tasche.«
Hillman fand die Jacke in dem Einbauschrank. Er zog Latexhandschuhe an und tat die Umschläge mit den Briefen in eine Plastiktüte, die ihm sein Kollege hinhielt.
»Anne hat mir auch einen Brief in die Tasche gesteckt. Ich möchte ihn lesen.«
»Wir lassen ihn im Labor auf Fingerabdrücke untersuchen«, erklärte der Jüngere.
Sie hatte ihn für aufgeschlossener als Hillman gehalten, aber jetzt begriff sie, dass er ebenso stur war.
»Ich möchte wissen, was ihr dieser kranke Mistkerl von Ehemann geschrieben hat. Er hat Monk angeheuert, um sie töten zu lassen, verstehen Sie? Sie müssen ihn verhaften.«
Hillman ignorierte ihre Forderung und fuhr mit der Vernehmung fort. Carrie hatte genug. »Nein, jetzt bin ich dran. Ich möchte wissen, wo meine Nichte ist.«
»Wir suchen nach ihr …«
»Finden Sie sie.«
Als der Jüngere sah, wie besorgt Carrie war, bot er ihr einen Schluck Wasser an und hielt ihr den Strohhalm unter die Nase. Sie drehte den Kopf weg.
»Was wissen Sie über …«, versuchte es Hillman noch einmal.
»Ich möchte einen ausführlichen Bericht über den Gesundheitszustand von Richterin Collins, und zwar sofort«, verlangte sie.
Die Agenten wechselten einen Blick, dann antwortete Hillman: »Sie wurde operiert und liegt jetzt auf der Intensivstation.«
»So weit, so gut«, meinte der andere Mann.
Carrie funkelte ihn an. »Wie heißen Sie?«
»Bean, Ma’am. Agent Peter Bean.«
Kein Wunder, dass er sich nicht unaufgefordert vorgestellt hatte. Wenn sie mit einem solchen Namen gestraft wäre, würde sie ihn auch niemandem freiwillig verraten. Bestimmt haben sie ihn in der Schule damit gehänselt, dachte sie.
Hillman nahm die Befragung wieder auf. Eine geschlagene Stunde quetschte er Carrie aus, ging alles wieder und wieder durch, bis sie sich vorkam wie eine Kriminelle, die sie zu einem Geständnis zwingen wollten.
Ihr dröhnte der Kopf. »Es reicht«, sagte sie. »Ich kann jetzt keine Fragen mehr beantworten.«
Hillman schien enttäuscht zu sein, aber er erklärte sich bereit, sie eine Weile in Ruhe zu lassen. Sie war nicht in der Stimmung, freundlich zu sein, und machte den beiden klar, dass sie nicht wiederzukommen brauchten, bis sie Neuigkeiten über Avery hatten. Um sie zu beruhigen – sie schrie mittlerweile –, ließ Hillman sie ihren Mann anrufen. Bean wählte die Nummer für sie. Als Carrie Tonys Stimme hörte, brach sie in Tränen aus.
»Ich brauche dich, Tony. Du musst nach Aspen kommen.«
Seine Stimme bebte, als er erwiderte: »Schätzchen, sie haben gesagt, dass ich nicht zu dir fliegen kann. Sie meinten, du würdest bald aus der Klinik entlassen. Dann bringen sie dich und die Richterin irgendwohin, wo ihr in Sicherheit seid. Carrie, Liebes, bist du in Ordnung? Ich wünschte, ich könnte bei dir sein. Ich wünschte … es tut mir Leid, dass du das alles allein durchstehen musst.«
»Hast du etwas von Avery gehört?«
»Nein. Ich wusste nicht, dass sie tatsächlich vorhatte, dir in der Wellnessfarm Gesellschaft zu leisten. Einer der Agenten, der herkam, um mit mir zu sprechen, erzählte, dass sie ihr Flugzeug verpasst hat.«
»Ich weiß nicht, wo sie steckt«, schluchzte Carrie.
»Wir werden sie finden«, beteuerte Tony. »Ihr wird nichts passieren. Und ich bleibe am Telefon. Sie ruft ganz bestimmt hier an.«
»Tony, mir war nicht klar … Mir tut alles so Leid. Du kannst Star Catcher haben. Du kannst die Geschäfte führen, wenn du willst. Mir ist das alles nicht mehr wichtig. Ich hätte dir vertrauen sollen. Ich war so ein Idiot.«
Sie schluchzte und war wütend, weil die Agenten jedes Wort mit anhörten.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie. »Ich liebe dich sehr, Tony. Bitte … sag mir, dass es nicht zu spät
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