Ein plötzlicher Todesfall
wussten, was Simon machte, und sie hätten mit allen darüber reden können: mit Freunden, mit ihren Familien.
Andrews Eingeweide vibrierten, so wie jedes Mal, wenn Simon wirklich die Kontrolle über sich verlor und auf jeden eindrosch, der in Reichweite war. Seinen Verrat schwarz auf weià auf dem Bildschirm zu sehen war schockierend.
»He, was treibst du?«, flüsterte ihm Fats ins Ohr.
Der stinkende Mittvierziger war gegangen, und Fats war aufgerückt und las, was Andrew geschrieben hatte.
»Du meine Fresse«, sagte Fats.
Andrews Mund war trocken. Seine Hand lag ruhig auf der Maus.
»Woher hast du das?«, wisperte Fats.
»SQL-Einschleusung«, erwiderte Andrew. »Steht alles im Netz. Die Sicherheit von denen ist scheiÃe.«
Fats wirkte erheitert und mächtig beeindruckt. Andrew freute sich über die Reaktion, war aber gleichzeitig erschrocken.
»Das musst du für dich â«
»Lass mich eine über Pingel aufsetzen!«
»Nein!«
Andrews Hand auf der Maus huschte vor Fatsâ gierigen Fingern weg. Dieser hässliche Akt kindlicher Abtrünnigkeit war aus dem Urschleim von Wut, Enttäuschung und Angst hervorgegangen, die in ihm geschwappt hatte, seit er denken konnte, doch Fats würde das nicht verstehen. Er sagte nur: »Ich mach mich nicht nur über ihn lustig.«
Er las den Eintrag noch ein drittes Mal und gab ihm dann eine Ãberschrift. Er spürte förmlich, wie aufgeregt Fats neben ihm war, als säÃen sie vor Pornos. Andrew drängte es danach, noch mehr Eindruck zu schinden.
»Guck mal«, sagte er und veränderte Barrys Benutzernamen in Der_Geist_von_Barry_Fairbrother.
Fats lachte laut auf. Andrews Finger zuckten an der Maus. Er rollte sie zur Seite. Ob er es durchgezogen hätte, wenn Fats nicht zugeschaut hätte, würde er nie erfahren. Mit einem einzigen Klick tauchte eine neue Ãberschrift auf der Forumsseite des Gemeinderats von Pagford auf: Simon Price als Kandidat für den Gemeinderat ungeeignet.
DrauÃen auf dem Bürgersteig sahen sie sich an, atemlos vor Lachen, etwas überwältigt von dem, was sie gerade getan hatten. Dann lieh Andrew sich Fatsâ Streichhölzer, zündete das Stück Papier an, auf dem er den Text entworfen hatte, und sah zu, wie es sich in dünne schwarze Flocken auflöste, die auf den schmutzigen Bürgersteig sanken und unter den FüÃen der Passanten verschwanden.
X
Andrew verlieà Yarvil um halb vier, damit er auf jeden Fall vor fünf wieder in Hilltop House war. Fats begleitete ihn an die Bushaltestelle und informierte Andrew dann, offenbar aus einer Laune heraus, er wolle doch noch ein bisschen in der Stadt bleiben.
Fats hatte sich locker mit Krystal im Einkaufszentrum verabredet. Er schlenderte zurück zu den Geschäften, dachte daran, was Andrew im Internetcafé gemacht hatte, und versuchte, seine Gedanken zu entwirren.
Er musste zugeben, dass er beeindruckt war und irgendwie sogar das Gefühl hatte, an die Wand gespielt worden zu sein. Andrew hatte das Ganze durchdacht, für sich behalten und sauber ausgeführt: Das alles war bewundernswert. Fats war gekränkt, dass Andrew sich den Plan zurechtgelegt hatte, ohne ihn einzuweihen, und das führte Fats zu der Frage, ob er Andrews verdeckten Angriff auf dessen Vater nicht missbilligen sollte. Hatte es nicht etwas Kriecherisches und gleichzeitig Altkluges an sich, und wäre es nicht authentischer gewesen, Simon von Angesicht zu Angesicht zu bedrohen oder ihm eine reinzuhauen?
Ja, Simon war ein Haufen ScheiÃe, aber er war zweifellos authentische ScheiÃe, denn er machte, was er wollte und wann er es wollte, ohne sich an gesellschaftliche Regeln oder konventionelle Moral zu halten. Fats fragte sich, ob seine Sympathien nicht bei Simon liegen sollten, den er gern mit krassem Humor unterhielt, hauptsächlich gegen Menschen gerichtet, die sich zum Affen machten oder sich tollpatschig verletzt hatten. Fats sagte sich oft, dass ihm Simon mit seiner Unbeständigkeit, seiner unvorhersehbaren Kampfeslust â ein würdiger Gegner, ein engagierter Widersacher â lieber war als Pingel.
Auf der anderen Seite hatte Fats die umgestoÃene Dose mit Holzschutzmittel nicht vergessen, Simons brutales Gesicht und sein Fäuste, den schrecklichen Lärm, den er veranstaltet hatte, und den heiÃen Urin, der ihm selbst an den Beinen entlanggelaufen war, und
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