Ein Ring aus Asche
zurückgewichen war. Und unser Haus– mein neues Zuhause– stand in Flammen.
Kapitel 17
Clio
Zuerst hatte Thais mich geschüttelt. Ihr Gesicht war blass und doch hell erleuchtet. Sie schrie irgendetwas, aber ich konnte es nicht hören. Sie rüttelte mich heftig an den Schultern, dann hörte ich das Wort Feuer!
Das brachte mich zur Besinnung und ich war zurück im Hier und Jetzt. Ich sprang auf die Füße und starrte entsetzt in Richtung unseres Hauses. Die ganze hintere Hälfte stand in Flammen.
»A ch du heilige Sch… Wo ist hier ein Telefon?«, rief ich. Mein Gehirn fühlte sich matschig an. Ich musste nachdenken, meinen Verstand zusammennehmen…
Genau in diesem Moment brachte die Hitze eines der hinteren Fenster zum Bersten. Wir standen gut drei Meter entfernt, dennoch hörten wir das ärgerliche Fauchen splitternden Glases.
»T hais! Lauf nach nebenan! Ruf die 911!«, schrie ich. Ich war erstaunt, dass die Feuerwehr noch nicht hier war. Die Flammen waren gigantisch hoch und brannten bestimmt schon eine Weile. Es war Nacht, doch ich hatte keine Ahnung, wie viel Uhr genau.
»I ch kann nicht!«, rief Thais wild gestikulierend. »D as Feuer!« Ich folgte ihrem Blick und sah, dass sie recht hatte. Wie die meisten Häuser in New Orleans stand auch unseres auf einem kleinen Grundstück. Die Zäune, die uns von unseren Nachbarn trennten, waren zu beiden Seiten nur ungefähr zwei Meter von den Mauern entfernt. Die Flammen schlugen bereits dagegen, kein Weg führte an ihnen vorbei. Und genau jetzt fingen die hölzernen Zäune ebenfalls Feuer.
Ich wirbelte herum und dachte fieberhaft nach. Zwei Meter hohe Holzzäune auf den Seiten und die hohe Backsteinmauer hinten. Ich war noch nie über sie hinübergeklettert und ehrlich gesagt sah es verflucht schwierig aus. Thais beobachtete mich ängstlich. Mich, ihre furchtlose Führerin.
»U nters Haus!«, rief ich.
»B itte?!«
Ich war schon losgelaufen. »W ir müssen unter dem Haus durch«, erklärte ich rasch, während ich mich auf die Knie fallen ließ. Wie viele Häuser war auch das unsere auf einer backsteinernen Pfahlkonstruktion erbaut, die ungefähr einen Meter hoch war, für den Fall, dass der Fluss über die Ufer trat. Folglich gab es einen kleinen Zwischenraum, durch den man hindurchkriechen konnte.
»D as Feuer ist vor allem in der Höhe«, sagte ich, während ich mich vorsichtig dem Haus näherte. »U nter dem Haus ist es noch nicht angelangt. Wir müssen da unten durch und dann raus auf die Straße, um die Feuerwehr anzurufen.«
»W as, wenn hier alles zusammenbricht?« Thais’ Stimme kippte fast.
»I ch würde sagen, beeil dich lieber«, stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Hier, so nah am Haus, war das Feuer derart heiß, dass ich beinahe dachte, es würde meine Haut versengen. Ich drückte mich noch flacher auf den Boden und robbte auf dem Bauch unter das Gebäude. Ich musste über ein Wasserrohr und über eine Erdgasleitung, die zu unserem Herd führte. Oh Scheiße, dachte ich. Wenn das Feuer die Gasleitung erreicht …
»K omm schon!«, rief ich nach hinten zu Thais. Ich sah, wie sie sich auf die Lippen biss und sich eng an den Boden gedrückt hinter mir herschob. Schnell murmelte ich einen Allzweck-Schutzzauber. Leider hatten meine Studien nie einen speziellen Spruch beinhaltet, der ein brennendes Haus davon abhielt, auf einen herunterzukrachen.
Ich war nicht mehr hier unten gewesen, seit ich mit acht Jahren beim Versteckspielen das Gerippe einer Ratte gefunden hatte. Und ich wünschte, ich hätte nicht genau in diesem Moment daran gedacht.
Über uns hörte ich das hungrige Knistern des Feuers, das begierig die Wände unseres Hauses verschlang. Eine weitere Scheibe zerbarst in tausend Scherben. Obwohl die Splitter nicht bis zu uns vordringen konnten, fuhr ich zusammen. So schnell ich konnte, robbte ich durch den feinen, kühlen Staub, der mit jedem Einatmen in meine Nase kroch. Ich roch den Rauch überall. Alle paar Meter mussten wir Leitungen und Stromkabeln ausweichen. Thais hielt sich dicht hinter mir. Schließlich sah ich direkt vor uns das Licht des Vorgartens.
»W ir sind fast da!«, rief ich und kroch direkt neben der vorderen Treppe aus dem Stechpalmenstrauch hervor. Hockend wartete ich auf Thais, die eine Sekunde später aus dem Strauch gekrabbelt kam. Unter all dem Ruß stach die geisterhafte Blässe ihres Gesichts deutlich hervor.
»O kay, du gehst nach nebenan und rufst die Feuerwehr«, sagte ich. »Ich
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