Ein Spion in erlauchter Gesellschaft (German Edition)
nicht danach zu erkundigen«, warf Mrs. Dunningham ein, »Männer verschwinden ständig und machen alle möglichen Sachen, die weder Hand noch Fuß haben. Wechselgeschäfte, Schifffahrt und Handel, wilde Länder erobern. Es ist alles so unbegreiflich. Ich finde es einfacher, zu Hause zu sitzen und mich um die Kinder und deren Erziehung zu kümmern. Wir Ladys kennen uns doch mit dem am besten aus, was uns direkt angeht.« Damit griff sie nach einem weiteren Gurken-Sandwich.
Und Phillippa beschloss, dass es für Penny Sterling eher besser war, weniger als mehr Zeit mit Mrs. Dunningham zu verbringen. Viel schwieriger würde es sein, Louisa dem Einfluss ihrer Mutter zu entziehen; aber während Phillippa bereits verschiedene Wege überdachte, Mrs. Dunningham zeitweilig verschwinden zu lassen, mischte Nora sich ein – offenbar leicht verärgert darüber, dass sie jemanden ertragen musste, den sie ihrer Aufmerksamkeit eigentlich nicht für würdig hielt.
»In der Tat, Mrs. Dunningham. Und was für eine perfekte Mutter Sie sein müssen. Ich kann nun wirklich ein Lied davon singen, wie sehr es Louisa und ja, auch Penny, genutzt hat, vor der Welt da draußen beschützt zu werden.«
»Nora … «
»Die Sitten auf dem Lande … « Bitsy kläffte an der Tür zum Salon und unterbrach Nora.
»Bitsy! Schscht«, ermahnte Phillippa ihren Zwergspitz lautstark und warf Nora einen dunklen Blick zu, den Nora mit entschlossener Ungeniertheit beantwortete. Phillippa stand auf und sammelte ihren felligen Freund genau in dem Moment ein, in dem Leighton die großen Doppeltüren des Salons öffnete.
»Mrs. Benning, ein Gentleman für Sie.«
Phillippas Blick hellte sich auf. Endlich war Marcus gekommen. Er konnte sich über Lady Hampshires Hand beugen und Penny Sterling mit weitaus größerer Genauigkeit befragen als sie.
Sie nickte Leighton zu, der sich verbeugte und … wen hineinließ?
Jedenfalls nicht Marcus Worth.
»Mrs. Benning«, grüßte der Marquis of Broughton mit honigsüßer Stimme und verbeugte sich. Dann trat er einen Schritt näher, führte ihre Hand an seine Lippen und wisperte, »Phillippa.«
Plötzlich erstarb im Salon jegliche Unterhaltung bis auf ein leises Summen. Phillippa verschwendete keine Sekunde an die Überraschung und gestattete, dass ihr ein warmes Lächeln über das Gesicht huschte. »Lord Broughton«, gab sie zurück, und dann leiser und nur für seine Ohren bestimmt: »Phillip.«
»Das hier ist also ehrenwert zu nennen«, brummte er ihr ins Ohr, »sehr interessant.«
Dann schlenderte er mit der Eleganz, die seiner Erziehung geschuldet war, an ihr vorbei und verbeugte sich vor dem versammelten Besuch. Nachdem Phillippa ihren Platz wieder eingenommen hatte, setzte er sich neben sie auf den Platz, den Freddie Hawkes und Sir Reginald Ridgeway geräumt hatten.
Es war der Nachmittag, an dem Broughton nicht nur sie umschmeicheln, sondern auch die anderen Ladys im Zimmer charmant umgarnen sollte; sogar Bitsy sollte ihm aus der Hand fressen. Allerdings war Bitsy auch notorisch hochnäsig, und zwar genau so lange, bis ihm ein Beerentörtchen zur Bestechung serviert wurde. (Nach dem Verzehr des Törtchens würde allerdings auch seine Zuneigung verschwunden sein.)
Es war der Nachmittag, an dem, sehr zur Überraschung von Mrs. Dunningham, Penny Sterling Phillippa Benning zum Tee einladen sollte, nachdem Phillippa die junge Lady beiseite gezogen und die enge Verbundenheit ihrer Mütter bezüglich der Geringschätzung der Londoner Luft zum Ausdruck gebracht hatte.
Es war der Nachmittag, an dem Totty in eine Unterhaltung mit Lady de Regis über die besten Saumstiche gezwungen werden sollte. Beide Frauen tranken ausgiebig von Tottys Spezialtee.
Es war der Nachmittag, an dem Marcus Worth nicht auftauchen sollte.
Und erst am nächsten Vormittag fand Phillippa heraus, woran das gelegen hatte.
»Mrs. Benning«, fing Marcus’ Nachricht an, und Phillippa fragte sich wieder, wie lange es wohl noch dauern würde, bis dieser unmögliche Mann sie mit Vornamen ansprach, »es tut mir leid, dass ich Ihnen an diesem Nachmittag keinen Besuch abstatten konnte« – denn die Nachricht hatte sie tatsächlich noch spät in der Nacht erhalten, nachdem sie so lange getanzt hatte, dass ihr die Füße wehtaten – »aber wären Sie vielleicht so gut, mich morgen Vormittag im Park zu treffen? Um zehn Uhr am Nordende des Serpentine?«
Um zehn Uhr! Ebenso gut hätte er sie um ein Treffen im Morgengrauen bitten können. Sie kochte vor
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