Ein stiller Waldteich: Die Erkenntnismeditation von Ajahn Chah (German Edition)
die gleiche Art Körper und Geist; alle gehören zur selben Menschenfamilie, wurden geboren, altern und sterben. Wenn also Weihnachten für manche Menschen ein Anlaß ist, sich besonders darum zu bemühen, für andere Gutes, Freundliches und Hilfreiches zu leisten, so ist das wichtig und wundervoll, egal, welches System man benutzt, dies zu beschreiben.
Ich habe also den Dorfbewohnern erklärt: »Den heutigen Tag nennen wir Buddha-Weihnachten. Solange die Menschen richtig praktizieren, praktizieren sie Christus-Buddhismus, und alles ist in Ordnung.« Ich lehre auf diese Weise, um den Leuten zu helfen, von ihrem Festhalten an verschiedenen Konzepten abzulassen und Geschehnisse auf eine geradlinige und natürliche Art und Weise zu sehen. Was immer uns dazu inspiriert, das Wahre zu sehen und Gutes zu tun, das ist richtige Praxis. Du magst es nennen, wie du willst.
Frage:
Besteht ein Unterschied zwischen dem Geist der Menschen aus Asien und dem der Menschen aus dem Westen?
Antwort: Grundsätzlich gibt es keinen Unterschied. Äußere Gewohnheiten und die Sprache mögen verschieden sein, doch der menschliche Geist hat natürliche Eigenschaften, die bei allen Menschen gleich sind. Begierde und Haß sind dieselben in einem östlichen oder westlichen Geist. Leiden und das Ende des Leidens sind für alle Menschen gleich.
Frage:
Ist es ratsam, als Teil der Praxis viel zu lesen und die Schriften zu studieren?
Antwort: Das Buddhadharma findet man nicht in Büchern. Wenn du wirklich wissen willst, worüber der Buddha sprach, brauchst du dich nicht um Bücher zu kümmern. Beobachte deinen eigenen Geist. Finde heraus, wie Gefühle und Gedanken kommen und gehen. Halte an nichts fest, sei dir bloß aller Dinge bewußt, die es dort zu sehen gibt. Das ist der Weg zu den Wahrheiten des Buddha. Sei natürlich. Alles, was du in deinem Leben hier tust, ist eine Gelegenheit, um zu üben. Alles ist Dharma. Verrichtest du deine Arbeiten, so versuche, achtsam zu sein. Denke nicht, daß du jemandem einen Gefallen tust, wenn du einen Spucknapf leerst oder die Toilette reinigst. Auch im Leeren von Spucknäpfen ist Dharma. Glaube nicht, daß Praxis nur aus Stillsitzen mit verschränkten Beinen bestehe. Einige von euch haben sich beklagt, daß es nicht genug Zeit zum Meditieren gebe. Gibt es genug Zeit zum Atmen? Das ist eure Meditation: Achtsamkeit und Natürlichkeit bei allem, was ihr tut.
Frage:
Warum haben wir nicht täglich eine Unterredung mit dem Lehrer?
Antwort: Falls ihr Fragen habt, seid ihr jederzeit willkommen, diese zu stellen. Doch tägliche Unterredungen haben wir hier nicht nötig. Wenn ich jede eurer kleinen Fragen beantworte, werdet ihr niemals den Prozeß des Zweifelns in eurem Geist verstehen. Es ist wesentlich, daß ihr lernt, euch selbst zu erforschen, euch selbst zu befragen. Hört dem Dharmavortrag alle paar Tage sorgfältig zu, und benutzt dann diese Lehren, um sie mit eurer eigenen Praxis zu vergleichen. Ist sie genauso? Ist sie anders? Habt ihr Zweifel? Wer ist es, der zweifelt? Nur durch Selbstbetrachtung könnt ihr dies verstehen.
Frage:
Wie kann ich Zweifeln begegnen? An manchen Tagen werde ich von Zweifeln geplagt, die sich auf meine Praxis, meinem eigenen Fortschritt oder auf den Lehrer beziehen
.
Antwort: Es ist ganz natürlich zu zweifeln. Jeder beginnt mit Zweifeln. Du kannst eine Menge davon lernen. Wichtig ist, daß du lernst, dich nicht mit deinen Zweifeln zu identifizieren. Das heißt, verfange dich nicht darin, indem du deinen Geist endlos darum kreisen läßt. Beobachte statt dessen den gesamten Vorgang des Zweifelns, des Überlegens.
Erkenne, wer es ist, der da zweifelt. Sieh, wie die Zweifel kommen und gehen. Dann wirst du ihnen nicht länger zum Opfer fallen. Du wirst aus ihnen heraustreten, und dein Geist wird ruhig sein. Du kannst erkennen, wie alle Dinge kommen und gehen. Laß einfach los, woran du festhältst. Laß deine Zweifel los, und beobachte einfach. So beendet man das Zweifeln.
Frage:
Wie steht es mit anderen Übungsmethoden? Heutzutage scheint es so viele Lehrer und Meditationstechniken zu geben, daß es verwirrend ist
.
Antwort: Es verhält sich damit genauso, als ob du in eine Stadt gehst. Man kann sich ihr vom Norden aus nähern, vom Südosten, auf vielen Wegen. Oft unterscheiden sich diese Techniken nur äußerlich. Ob du den einen oder anderen Weg nimmst, schnell oder langsam, wenn du achtsam bist, ist das alles das gleiche. Es gibt einen wesentlichen Punkt, zu dem jede gute
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