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Ein süßer Sommer

Ein süßer Sommer

Titel: Ein süßer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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zufriedenes Kind Helga immer gewesen sei. Nie geweint, stets freundlich, für jeden ein Lächeln, so einen Menschen musste man doch lieben, oder? Ich konnte nur nicken, was hätte ich auch antworten sollen? Außerdem war es wieder nur eine rhetorische Frage gewesen. Candy sprach ohne Pause weiter. Und Helga hatte diese Liebe in vollem Umfang zurückgegeben. Nach dem Abitur wollte sie gar nicht von daheim weg. Ihre Eltern waren schon so alt. Sie hatte Angst, dass ihnen etwas zustoßen könnte. Dann wäre niemand da gewesen, der sich um sie hätte kümmern können. Margarete lebte längst in Philadelphia und hatte dort Familie. Tante Gertrud war in Heidelberg verheiratet, hatte ihren Beruf und fand, Helga müsse ebenfalls an ihre Zukunft denken, sie dürfe sich nicht für andere aufopfern. Und das hätte Helga bestimmt getan, hätte Tante Gertrud nicht dafür gesorgt, dass sie ihre Begabung sinnvoll nutzte, statt ihre Jugend mit Altenpflege zu verschwenden. Dafür könne man eine Fachkraft einstellen, hatte Tante Gertrud gesagt und veranlasst, dass Helga nach Köln zog. Ein zärtlicher Seufzer, ein Nicken zur Untermalung. Candys Stimme vibrierte leicht, als sie weiter sprach. Wie schon gesagt, hatte Helga sich in Köln zuerst überhaupt nicht wohl gefühlt. Was verständlich war bei den Zuständen in der Wohngemeinschaft. Da machte ja nie jemand sauber, alle ließen ihren Dreck liegen, keiner respektierte eine Privatsphäre. Das musste man sich vorstellen: Die anderen Mädchen waren zu faul, ihre Sachen zu waschen, und nahmen sich einfach Helgas Strümpfe oder Unterwäsche von ihr, benutzten auch ohne zu fragen das Geschirr, das sie von daheim mitgebracht hatte. Und einmal lag Helga friedlich schlafend in ihrem Bett, da kroch plötzlich einer dazu und sagte
    «Zicke», als sie ihn wegschickte. Und am nächsten Morgen lästerten dann alle über sie, nannten sie verklemmt und so. 2 Helga hatte entsetzliches Heimweh. Als ihr Vater starb, wollte sie nach der Beerdigung gar nicht wieder zurück nach Köln. Aber Margarete und Tante Gertrud überredeten sie mit vereinten Kräften. Kurz darauf fand Helga dann das Zimmer bei der Mutter von Leo Scherer, konnte die chaotische Wohngemeinschaft verlassen und blühte auf, obwohl Frau Scherer sehr prüde war. Aber das war immer noch besser als das Gegenteil. Candys Schilderung blieb, was die zeitlichen Abläufe betraf, vage. Zuerst – im Auto hatte sie von ein paar Monaten in der Wohngemeinschaft gesprochen. Nach dem flüchtigen Blick auf die letzte Seite des Albums nahm ich im ersten Moment an, Helgas Vater sei im Dezember 2 gestorben. Doch das konnte nicht sein. Meiner Rechnung nach musste Helga oder ihr Studium in Köln begonnen haben. Candys Augen klebten an dem Blümchenkleid. Ihre Stimme bekam einen Hauch von Schwermut, als sie die glückliche Wende in Helgas Leben erreichte, wieder ohne Zeitangabe: Und dann begegnete Helga ihrer großen Liebe. Ein toller Mann, der ihr jeden Wunsch von den Augen ablas, der gar nichts anderes im Sinn hatte, als sie glücklich zu machen. Sie hatte eine herrliche Zeit mit ihm. Leider war er verheiratet. Er sagte das nicht gleich, weil seine Ehe nur noch auf dem Papier bestand. Natürlich wollte er sich von seiner Frau trennen und Helga um keinen Preis der Welt verlieren. Aber sie fand heraus, dass er gebunden war. Und sie wollte ihr Glück nicht auf dem Unglück einer anderen aufbauen. Sie floh zu Margarete nach Philadelphia, um unerreichbar zu sein für den Herzallerliebsten, um nicht noch einmal in Versuchung geführt zu werden und um sich vom Liebeskummer zu erholen.
    «Es war eine schlimme Zeit für sie», erklärte Candy.
    «Margarete hat mir einmal erzählt, wie sehr Helga gelitten hat. Alle hatten Angst, sie würde sich etwas antun. Zum Glück hat sie dann bald meinen Vater getroffen.» Wieder so ein Seufzer, ein versonnenes Nicken, ein Lächeln wie aus Glas, so zerbrechlich.
    «Ich habe mir immer gewünscht, ihn eines Tages kennen zu lernen.» Da anzunehmen war, dass sie Dad schon länger kannte, war klar, wen sie meinte. Völlig klar, wen sie in Köln besuchen wollte, sonnenklar, warum sie ihre Familie bezüglich ihres derzeitigen Aufenthaltsortes beschwindelt hatte. Auf der Fährte von Mamis großer Liebe. Ein verheirateter Mann, dessen Ehe nur noch auf dem Papier bestand, der sich selbstverständlich von seiner Frau trennen wollte. Das wollten die verheirateten Männer ja immer, wenn sie ein junges Mädchen becircten. Candy nickte noch

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