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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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er ernst. »Ich glaube, unser nächster geschäftlicher Schritt ist es, den Turm zu untersuchen.«
    Beim Hinaufsteigen verlangsamten sich ihre Schritte mit der Zeit von rasch zu gemessen   – unmerklich zunächst, dann aber unmissverständlich. Mary sah ihn an und war nicht überrascht, dass seine Wangen gerötet und seine Brauen zusammengezogen waren.
    Er spürte ihren Blick. »Sagen Sie bloß nicht, dass Sie schon müde sind.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mir geht es gut.«
    Weitere dreißig Stufen und sein Atmen war eindeutig zu hören: regelmäßig, aber etwas gehetzt. Mary riskierte es, ihm nochmals einen kurzen Blick zuzuwerfen, und wieder merkte er sofort, dass sie besorgt schien. »Was ist?«
    »Was soll denn sein?«
    »Warum starren Sie mich immer wieder an?«
    Na prima. Wenn er so spielen wollte   … »Vielleicht bewundere ich einfach nur Ihr römisches Profil.«
    Er grinste spöttisch. »›Römisch‹ ist eine nette Umschreibung für ›gebrochenes Nasenbein‹.« Sie stiegen ein weiteres Dutzend Stufen hoch. »Ein Nasenbein, an dessen Ausformung Sie nicht unschuldig waren«, erinnerte er sie.
    Beim Gedanken an ihre erste Auseinandersetzungmusste sie grinsen   – ein richtiger Faustkampf. Da sie kleiner und schwächer war, hatte sie natürlich verloren, aber sie hatte ihm ganz schön lange standgehalten. »Jeder, der so selbstherrlich und arrogant ist wie Sie, muss ab und zu mit einem gebrochenen Nasenbein rechnen.«
    Er schnaubte amüsiert, was jedoch zu einem Hustenanfall führte. Es war kein normaler Husten, sondern ein langes, pfeifendes, trockenes Geräusch. Er wurde krebsrot, stützte sich an der Wand ab und ließ sich schließlich auf die Stufen sinken. Mary streckte ihm eine Hand hin, die er jedoch ungeduldig wegschlug.
    Als der Hustenanfall nachließ, atmete er wieder etwas leichter. »Puh.« Er zog ein Taschentuch heraus und wischte sich die dünne Schweißschicht von der Stirn. Versuchsweise lächelte er ein wenig, aber sofort fingen seine Augen zu tränen an. »Was sagten Sie?«
    Sie konnte sich nicht erinnern und es war ihr auch egal. »Sind das noch Auswirkungen von der Malaria?«
    Er zuckte die Schultern. »Wahrscheinlich.«
    »Es ist nichts Neues, wie Lungenentzündung oder Bronchitis?«
    »Absolut nicht«, sagte er mit unwilligem Blick.
    »Aber von körperlicher Anstrengung wird es schlimmer.«
    »Hören Sie doch auf mit dem sorgenvollen Getue.«
    »Ein paar Fragen sind doch noch kein sorgenvolles Getue. Ich habe mich nur gefragt, ob Sie vielleicht krank sind.«
    »Sie sind nicht meine Mutter.«
    »Gott sei Dank nicht.«
    Er sah sie finster an und zog sich hoch. Sie konnte sehen, welche Mühe ihn das kostete: Er bewegte sich, als ob seine Glieder bleischwer wären. »Es geht mir gut«, behauptete er jedoch.
    »Ha   … sehr überzeugend.«
    »Ich habe nicht vor, den Tag mit Diskussionen in einem Treppenhaus zu verbringen. Kommen Sie jetzt mit oder nicht?« Ohne auf eine Antwort zu warten, stieg er weiter. Diesmal hielt er sich jedoch am Geländer fest.
    Mary sah ihm nach. Er war wirklich dünn; von hinten konnte man sehen, dass sein Anzug eindeutig zu weit war. Das Jackett hing lose von seinen breiten Schultern, die Hosenbeine wirkten weiter, als es gerade Mode war. Mit den Pfunden musste er auch eine Menge Kraft eingebüßt haben. Sie folgte ihm stumm über weitere zehn bis fünfzehn Stufen, dann sagte sie beiläufig: »Wir haben noch nicht mal ein Drittel ge schafft .«
    »Ich weiß.«
    Der Anstieg brauchte seine Zeit, und als sie den Treppenabsatz beim ersten Drittel erreicht hatten, blieb James erneut stehen, um sich die Stirn und den Nacken abzuwischen. Sie blieb still stehen und wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Besorgnis zuzeigen oder ihm etwas zu raten, würde nur wieder damit enden, dass er störrisch alles abstritt. Außerdem stand es ihr nicht zu, ihn zu kritisieren; das war eine schlechte Angewohnheit, die sie an sich entdeckt hatte. Also lehnte sie sich einfach an die Wand und sah ihn nicht an.
    James’ Atem, der schnell und flach ging, war das Lauteste um sie herum. Der Glockenstuhl war noch ungefähr zweihundert Stufen weiter, die Handwerker und Arbeiter der Baustelle einige Stockwerke unter ihnen. Die unverputzte Ziegelwand fühlte sich kühl an ihrer Wange an und sie schloss einen Moment die Augen und ließ die Gedanken schweifen. Ziegelsteine   – Mörtel   – Keenan   – das Auspeitschen. Sie riss plötzlich die Augen auf und sah sich um. Der

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