Eine Frau mit Geheimnis
Penworthy.“
Alex schloss die Mutter des Herzogs sofort in ihr Herz. Lächelnd folgte sie ihr zum anderen Ende des Salons, zum Kamin, vor dem eine ältere Dame stand und mit Lord Jack plauderte.
Diese Beobachtung korrigierte Alex, sobald sie sich den beiden näherte. Das war kein Geplauder. Vielmehr erteilte die Dame dem jungen Mann eine geharnischte Lektion. Darauf wies Lord Jacks rebellische Miene eindeutig hin. Außerdem kam er nicht zu Wort.
„Das solltest du besser wissen, Jack. Nachdem ich mich jahrelang bemüht habe, dir Manieren beizubringen!“ Seufzend schüttelte Miss Penworthy den Kopf. „Wie konntest du so leichtsinnig sein, dich in einem so anrüchigen Haus erwischen zu lassen! Zu meiner Zeit wählten die Gentlemen ihre Etablissements etwas sorgfältiger aus. Warum legst du dir keine Geliebte zu? Zweifellos würde Dominic die Kosten übernehmen und …“
Die Herzoginwitwe räusperte sich drohend. Aber ihre Augen funkelten, und Alex presste die Lippen zusammen, um ihren Lachreiz zu unterdrücken. Natürlich durfte sie nicht verraten, dass sie Miss Penworthys bissigen englischen Tadel verstanden hatte.
„Meine liebe Cousine, ich möchte dir Captain Alexandrow von den russischen Husaren präsentieren“, sagte die Dowager Duchess, ebenfalls auf Englisch.
Miss Penworthy hob ihr Lorgnon und musterte Alex vom kurz geschnittenen Haar bis zu den glänzend polierten Stiefeln hinab.
Schweigend standen Lord Jack und seine Mutter daneben. Niemand rührte sich, am allerwenigsten Alex. Schließlich streckte die weißhaarige Dame zwei Finger aus und fragte auf Englisch: „Wie geht es Ihnen?“
Alex blinzelte verwirrt und überlegte, ob sie genauso albern aussah, wie sie sich fühlte. Dann beugte sie sich über die beiden Finger und murmelte: „Enchanté, Madame.“
Lächelnd mischte sich die Herzoginwitwe ein. „Captain Alexandrow beherrscht unsere Sprache nicht, Harriet. So sehr es dir auch widerstreben mag – heute Abend musst du französisch sprechen. Wenn es dir schwerfällt, werden ich oder einer der Jungen sehr gern dolmetschen.“
Alex beobachtete amüsiert, wie mühsam Lord Jack seine Fassung bewahrte.
„Wie du sehr wohl weißt, Amalie“, entgegnete Miss Penworthy, „brauche ich solche Dienste nicht. Selbst wenn es anders wäre, würde ich mich nicht darauf verlassen, dass Jack meine Worte korrekt übersetzt. Gewiss würde er obszöne Flüche einfügen und behaupten, die wären über meine Lippen gekommen. Nur weil ich ihm eine Strafpredigt wegen seiner unbesonnenen Auswahl miserabler … Etablissements hielt und …“
„Harriet! Du behandelst unseren Gast sehr unhöflich. Wiederhole deine Äußerung auf Französisch, wenn ich bitten darf!“
Das war zu viel für Lord Jack. Hastig entschuldigte er sich und stürmte aus dem Salon. Keine Sekunde lang bezweifelte Alex, dass er sich draußen vor Lachen krümmen würde.
Mit schmalen Augen starrte Miss Penworthy die Cousine an, die eine unschuldige Miene zur Schau trug. Zu Alex’ Erleichterung waren die beiden Damen miteinander beschäftigt. Hätten sie zu ihr herübergeschaut und ihr Amüsement bemerkt, wären ihnen die englischen Sprachkenntnisse des russischen Husaren nicht entgangen.
Miss Penworthy schnaufte undamenhaft. Dann begann sie in zögerndem, aber korrektem Französisch: „Mag das auch die Sprache des Feindes sein – wenn einem nichts anderes übrig bleibt, muss man sie wohl oder übel gebrauchen.“ Zu Alex gewandt, fuhr sie fort: „Warum sind Sie nach England gekommen, Monsieur, ohne vorher unsere Sprache zu lernen? Ein ziemlich eklatantes Versäumnis, finden Sie nicht auch?“
Großer Gott, diese Frau nahm wirklich kein Blatt vor den Mund. „Eh … ich … bedauerlicherweise wurde ich dem Stab des Zaren erst vor Kurzem zugeteilt, Madame. Mit dieser Ehre hatte ich nicht gerechnet, und so fand ich keine Zeit …“
„Unsinn, junge Soldaten von Ihrer Sorte haben genug Zeit, um sich weiterzubilden. Es sei denn, sie verschwenden ihre Energien in Spielhöllen wie Jack, dieser unverbesserliche Schlingel.“
„O nein, Madame, ich besuche keine Spielsalons. Stattdessen bekämpfte ich Bonapartes Heer.“
Anerkennend nickte die Duchess, aber Miss Penworthy schnaufte noch lauter und hob wieder ihr Lorgnon, um das Georgskreuz an Alex’ Uniformrock zu inspizieren. „Haben Sie diesen Tand bekommen, weil Sie ganz allein einen französischen Kavallerietrupp besiegt haben?“
„Nein, eine solche Heldentat konnte ich nicht
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