Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Militäruniformen des Mondes und der inneren Planeten dar. Die Zitadelle selbst war ein Block aus einem düsteren, dunklen, metallähnlichen Material und erinnerte an die historischen Forts; Schießscharten durchbrachen die Wände, eine Zugbrücke war hochgehievt, und von der Turmspitze wehte eine auffällige Flagge.
    Mit einem pfeifenden Knall feuerte die Zitadelle ein Geschoß auf die Angreifer. Das Projektil explodierte in einer Wolke aus harmlosem Staub und Lärm mitten unter den Soldaten.
    »Sie schlägt zurück«, stellte Wiseman fest.
    »Aber schlußendlich unterliegt sie doch«, sagte Pinario. »Sie muß verlieren. Psychologisch gesprochen, symbolisiert sie die äußere Realität. Und das Dutzend Soldaten sind für das Kind natürlich sinnbildlich die eigenen Anstrengungen, damit fertig zu werden. Indem das Kind an der Erstürmung der Zitadelle teilnimmt, wird es auf die Konfrontation mit der harten Wirklichkeit vorbereitet. Vielleicht gewinnt es sogar die Oberhand, aber erst nach einer schmerzlichen Periode der Mühe und der Geduld.« Er fügte hinzu: »Zumindest behauptet dies die Gebrauchsanweisung.« Er reichte Wiseman die Fibel.
    Wiseman blätterte darin herum und erkundigte sich: »Und die Art ihres Angriffs variiert jedesmal?«
    »Wir haben sie jetzt seit acht Tagen in Betrieb. Noch hat sich kein Muster wiederholt. Nun, man hat wirklich etwas Bemerkenswertes entwickelt.«
    Die Soldaten näherten sich schleichend allmählich der Zitadelle. An den Mauern erschienen eine Reihe Kameras und fokussierten sich auf die Soldaten. Die Soldaten verbargen sich im Schutz der anderen Spielzeuge, die geprüft wurden.
    »Sie können sich den Gegebenheiten ihrer Umgebung anpassen«, erklärte Pinario. »Und sie nutzen sämtliche Möglichkeiten; wenn sie zum Beispiel auf ein Puppenhaus treffen, das hier untersucht werden soll, dann klettern sie hinein und verstecken sich, wie Mäuse.« Um seine Behauptung zu beweisen, griff er nach einer großen Spielzeugrakete, die von einer uranischen Gesellschaft hergestellt wurde; er schüttelte sie, und zwei Soldaten purzelten heraus.
    »Wie oft nehmen sie die Zitadelle ein?« fragte Wiseman. »Prozentual ausgedrückt.«
    »Nun, bisher haben sie bei einem von neun Versuchen Erfolg gehabt. Auf der Rückseite der Zitadelle befindet sich ein Schalter. Dadurch kann man die Zahl der siegreichen Angriffe erhöhen.«
    Er stieg über die näher kommenden Soldaten hinweg; Wiseman folgte ihm, und beide bückten sich, um die Zitadelle zu untersuchen.
    »Das hier ist die Stromquelle«, sagte Pinario. »Geschickt gemacht. Außerdem werden dadurch den Soldaten Anweisungen übermittelt. Hochfrequenzübertragung durch einen Zufallsgenerator.«
    Er öffnete das Rückenteil der Zitadelle und zeigte seinem Chef den Zufallsgenerator. In ihm waren zahllose Angriffsmöglichkeiten gespeichert. Vor einem Angriff wurden die Alternativen gemischt, variiert und als neue Strategie ausgeworfen. Alles wurde vom Zufall bestimmt. Und da es unendlich viele Möglichkeiten gab, mußte es auch unendlich viele Angriffsstrategien geben.
    »Wir testen alle durch«, sagte Pinario.
    »Und es gibt keine Möglichkeit, das Ganze zu beschleunigen?«
    »Es braucht eben seine Zeit. Vielleicht wirft es tausend Möglichkeiten aus, bis ...«
    »... bis sie sich um hundertachtzig Grad drehen und auf das nächstbeste menschliche Wesen schießen«, schloß Wiseman.
    »Oder Schlimmeres«, nickte Pinario düster. »Die Batterie ist sehr leistungsfähig und besitzt eine Lebensdauer von fünf Jahren. Aber wenn sie alle gespeicherte Energie gleichzeitig abgibt ...«
    »Überprüfen Sie das«, wies ihn Wiseman an.
    Sie wechselten einen Blick und sahen dann wieder zur Zitadelle. Die Soldaten hatten sie inzwischen fast erreicht. Plötzlich glitt eine der Zitadellenmauern nach unten; eine Gewehrmündung erschien, und die Soldaten wurden niedergestreckt.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, murmelte Pinario.
    Für einen Moment rührte sich nichts. Und dann sagte die Kinderpuppe des Laboratoriums, die noch immer inmitten der Spielzeuge saß: »Ich bin es leid. Macht etwas anderes.«
    Von leichtem Unbehagen erfüllt, sahen die beiden Männer zu, wie sich die Soldaten aufrichteten und neu formierten.
     
    Zwei Tage später erschien Wisemans Vorgesetzter, ein schwergewichtiger, untersetzter, mürrischer Mann mit hervorquellenden Augen, in seinem Büro. »Hören Sie«, sagte Fowler, »Sie werden die Untersuchung dieser verdammten Spielzeuge

Weitere Kostenlose Bücher