Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
Vom Netzwerk:
verzeihen, dass er ein Mann war, der seine Frau betrügen konnte.
    Ellie schaut auf ihre Armbanduhr und gibt dem Kellner ein Zeichen, dass sie noch ein zweites Glas Wein haben möchte. Jetzt ist John zwanzig Minuten überfällig. Bei jeder anderen Gelegenheit hätte sie vor Wut innerlich gekocht, doch jetzt ist sie so nervös, dass sie sich fragt, ob sie sich wohl übergeben muss, wenn sie ihn nur sieht. Ja, das ist immer eine gute Begrüßung. Dann blickt sie auf und stellt fest, dass auf der anderen Seite des Tisches eine Frau steht.
    Ellie hält sie zunächst für eine Kellnerin und wundert sich, warum sie kein Glas Wein in der Hand hält. Dann wird ihr klar, dass die Frau nicht nur einen marineblauen Mantel trägt statt der Uniform einer Kellnerin, sondern sie anstarrt, ein wenig zu intensiv, wie jemand, der kurz davorsteht, im Bus vor sich hin zu singen.
    »Hallo, Ellie.«
    Ellie blinzelt. »Verzeihung«, sagt sie, nachdem sie in Gedanken eine ganze Rotationskartei mit kürzlichen Kontakten durchgegangen ist und nichts gefunden hat. »Kennen wir uns?«
    »Oh, ich glaube schon. Ich bin Jessica.«
    Jessica. Der Name sagt ihr nichts. Hübsch geschnittenes Haar. Schöne Beine. Vielleicht ein wenig erschöpft. Sonnengebräunt. Und dann wird es ihr schlagartig bewusst. Jessica. Jess.
    Die Frau nimmt ihren Schreck zur Kenntnis. »Ja, ich dachte mir, dass Sie meinen Namen wiedererkennen. Wahrscheinlich haben Sie ihm kein Gesicht geben wollen, nicht wahr? Wollten nicht zu sehr über mich nachdenken. Vermutlich war die Tatsache, dass John eine Frau hat, ein wenig unbequem für Sie.«
    Ellie kann nicht sprechen. Vage ist sie sich der anderen Gäste bewusst, die zu ihr herüberschauen, nachdem sie ein paar eigenartige Schwingungen aufgenommen haben, die von Tisch fünfzehn ausgehen.
    Jessica Armour geht die SMS in einem vertrauten Handy durch. Ihre Stimme wird etwas lauter, als sie vorliest: »›Fühle mich heute sehr niederträchtig. Komm her. Egal, wie du es machst, aber komm. Es soll sich für dich lohnen.‹ Hmm, und hier ist noch eine gute. ›Sollte ein Interview mit der Frau eines Parlamentariers aufschreiben, bin aber in Gedanken immer wieder beim letzten DI. Böser Junge!‹ Oh, und meine persönliche Lieblingsnachricht. ›Bin bei Agent Provocateur gewesen. Foto im Anhang …‹« Als sie Ellie wieder anschaut, zittert ihre Stimme vor kaum unterdrückter Wut. »Ziemlich schwer, damit zu konkurrieren, wenn man zwei kranke Kinder pflegt und mit den Bauunternehmern zurechtkommen muss. Aber ja, Dienstag der zwölfte. Ich erinnere mich genau an den Tag. Er hat mir einen Strauß Blumen mitgebracht als Entschuldigung, dass er so spät kam.«
    Ellie hat den Mund aufgemacht, aber ihr kommen keine Worte über die Lippen. Ihre Haut brennt.
    »Ich habe mir im Urlaub sein Handy angesehen. Ich hatte mich gefragt, wen er von der Bar aus angerufen hatte, und dann fand ich Ihre SMS. ›Bitte ruf an. Nur ein Mal. Muss von dir hören X‹.« Sie lacht freudlos. »Wie anrührend. Er glaubt, es ist ihm gestohlen worden.«
    Ellie will am liebsten unter den Tisch kriechen. Sie will zu nichts zusammenschrumpfen, sich in Luft auflösen.
    »Ich würde gern hoffen, dass Sie als unglückliche, einsame Frau enden. Aber eigentlich hoffe ich, dass Sie eines Tages Kinder haben werden, Ellie Haworth. Denn werden Sie erfahren, wie es sich anfühlt, verletzlich zu sein. Und kämpfen zu müssen, ständig wachsam zu sein, nur um sicherzugehen, dass Ihre Kinder mit einem Vater aufwachsen. Denken Sie das nächste Mal darüber nach, wenn Sie durchsichtige Unterwäsche kaufen, um meinen Mann zu unterhalten, ja?«
    Jessica Armour geht zwischen den Tischen hindurch hinaus in den Sonnenschein. Mag sein, dass es im Restaurant still geworden ist; Ellie kann es nicht sagen, weil es in ihren Ohren so laut klingelt. Schließlich gibt sie, hochrot, mit zitternder Hand dem Kellner ein Zeichen, dass sie zahlen möchte.
    Als er näher kommt, murmelt sie etwas vor sich hin, sie müsse unerwartet aufbrechen. Sie weiß nicht genau, was sie sagt: Ihre Stimme scheint ihr nicht mehr zu gehören. »Die Rechnung bitte«, sagt sie.
    Er deutet auf die Tür und lächelt mitfühlend. »Nicht nötig, Madam. Die Dame hat für Sie gezahlt.«
    Ellie geht zurück ins Büro, ohne auf den Verkehr zu achten, auf drängelnde Passanten, die tadelnden Blicke der Verkäufer von Obdachlosenzeitungen. Sie will in ihrer kleinen Wohnung sein, hinter verschlossener Tür, doch ihre heikle

Weitere Kostenlose Bücher