Eine Katze hinter den Kulissen
Charles Small
(Basils richtiger Name) in den letzten drei Jahren belegen würde.
Ich erzählte Betty Ann diese Neuigkeit am
Telefon. Sie hörte das gar nicht gern. »Sie haben das nicht
richtig verstanden, Alice. Man verschreibt Haldol
nicht einfach nur. Dieses Medikament ist eine starke, anti-psychotische
Droge. Es wird nur in geschlossenen psychiatrischen Anstalten
angewandt, unter strengster ärztlicher Aufsicht.«
Ich brauchte ein paar Minuten, um mich mit den
Konsequenzen anzufreunden, die diese Tatsache für die Biographie
haben würde, aber mehr konnte ich nicht tun.
Dienstag war ein milder Tag. Tony und ich
beschlossen, eine kleine private Siegesparty zu feiern. Eigentlich war
es ja Brodsky gewesen, der den letzten Nagel in Teaks Sarg geschlagen
hatte, indem er Basil so gerissen sein Geständnis entlockt hatte,
aber Tony und ich hatten die Erpressung entdeckt, die dem ganzen Fall
zugrunde lag, was ja letztendlich dazu geführt hatte, daß
die Anklage gegen Lucia fallengelassen werden mußte. Ja, eine
kleine Feier hatten wir wirklich verdient, und wir finanzierten sie mit
dem restlichen Geld von dem Spesenkonto, das Brodsky für uns
eingerichtet hatte.
Wir zogen unsere besten Winterklamotten an und
speisten im Plaza zu Mittag. Dann gingen wir ins Kino und dann weiter
zu Bloomingdale, wo jeder etwas Unnötiges kaufte: Tony ein sehr
teures Sweatshirt und ich einen sehr langen, indischen Schal. In einer
vornehmen Bar tranken wir Kaffee und Brandy und danach kehrten wir in
Tonys Zimmer im Pickwick Arms Hotel zurück und schliefen
miteinander.
Als ich schließlich einen verstohlenen Blick
auf die Uhr warf, war es sieben Uhr abends, es war jetzt Zeit, nach
Hause zu gehen. Ich hatte dort noch alles mögliche zu erledigen.
Aber es war ein wunderschöner Tag gewesen, und mir war einfach
noch nicht danach aufzubrechen. Tony lag immer noch nackt auf den Bett.
Ich saß in einem Sessel und erzählte ihm zum ersten Mal von
dem Haldol, das wir gefunden hatten, und daß Betty Ann glaubte,
Dobrynin sei in einer Irrenanstalt gewesen. Und ich berichtete,
daß Rothwax das in seinem Computer überprüft hatte,
aber keinen Krankenhausaufenthalt hatte nachweisen können.
»Betty Ann schreibt ein Buch über
Dobrynin, deshalb ist sie so wild darauf, herauszufinden, wie
gestört er wirklich war. «
»Sie wird wahrscheinlich lange brauchen, bis
sie einen findet, der auch nur annähernd so verrückt
ist«, meinte Tony.
»Naja, sie meint eher Geistesgestörtheit.«
»Soll das heißen, sie will es schwarz auf
weiß, eine Bestätigung von einer Klinik, daß er
paranoid und schizophren war oder was?«
»Ja, ich glaube, so was in der Richtung. Wenn
sie ein Buch über den Nachfolger von Nijinsky schreibt, wird sie
wohl etwas Geistesgestörtheit für den Plot brauchen.«
»Ich hoffe, es gibt auch ein bißchen Humor in diesem Plot.«
»War denn an Dobrynin irgend etwas Lustiges?«
»Machst du Witze? Im Grunde genommen ist dieses
Obdachlosen-Komikerduo - Lenny und Basil - doch zum Totlachen. Sie
füttern streunende Katzen mit ›Hühnchen Kiew‹.
Sie tanzen nackt Giselle. Also
wirklich, Alice, du mußt die Dinge sehen, wie sie sind. Wenn
jemand einen Film über die beiden drehen würde, wäre es
eine Komödie, und Robin Williams wäre Lenny und Richard Pryor
Basil.«
Ich fand diese Bemerkung seltsam irritierend. Nein,
ich hatte niemals den Eindruck gehabt, daß Dobrynin und sein
Kumpel amüsant waren. Überhaupt nicht. Ich fand es schon eher
witzig, daß Tony sie als Komikerduo sah - Lenny und Basil.
»Habe ich etwas Falsches gesagt?« fragte
Basillio, der sich plötzlich Sorgen machte, daß er mich
beunruhigt oder die harmonische Stimmung zunichte gemacht haben
könnte, die immer noch zwischen uns herrschte.
»Nein, überhaupt nicht, Tony. Ich denke
nur nach. Es ist so merkwürdig, die beiden als Komikerduo zu
betrachten.«
»Wieso, sie haben doch auch Künstlernamen
benutzt. Wir wissen, daß ›Lenny‹ nicht Dobrynins
richtiger Name ist. Und Basil heißt in Wirklichkeit Charly Small.
Richtig?«
Es war absurd, aber wahr. Immerhin war Dobrynin in
der Welt des Theaters zu Hause gewesen - warum sollte er also keinen
Künstlernamen wählen? Aber Künstlernamen haben oft eine
persönliche oder berufliche Bedeutung. Lenny und Basil ... Basil
und Lenny. Es bestand irgendein Zusammenhang zwischen diesen beiden
Namen ... oder nicht?«
»Tony, glaubst du nicht auch, daß diese
Namen irgendeine Bedeutung haben müssen, wenn Dobrynin
Weitere Kostenlose Bücher