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Eine Katze kommt selten allein

Eine Katze kommt selten allein

Titel: Eine Katze kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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er dich wirklich? Können wir zusammenleben? Ich begann, mir im Geiste Szenarien auszumalen, deren Bandbreite von lächerlichen bis hin zu spitzfindigen reichte; Szenarien von wilden Streitereien, daß die Fetzen nur so flogen – mit anschließender Versöhnung durch hemmungslosen Sex; Szenarien von stürmischen Trennungen und tränenreichen Wiedersehen.
    Ich dachte gerade über eines dieser Szenarien nach, als ich die Hand nach einem Buch mit wunderschönem blauem Einband ausstreckte. Es trug den Titel Vollblüter und war eines jener schwärmerischen, extravaganten Werke für junge Mädchen, die vollkommen auf Pferde fixiert sind, besonders in den frühen Teenagerjahren. Ich schlug das Inhaltsverzeichnis auf und entdeckte eine Liste der größten Galopper aller Zeiten: Man of War, Whirlaway, Stymie, Northern Dancer, Secretariat, Ruffian, Forego – alle standen drin.
    Natürlich auch Cup of Tea , und zwar auf Seite siebenundachtzig. Ich schlug die Seite auf – und erstarrte.
    Ich blickte auf ein Foto von Cup of Tea , das ihn nach dem Training beim Absatteln zeigte. Ein Stallbursche hielt ihn am Zügelstrick, während der Trainer dem Pferd den Sattel abnahm. Neben Cup of Tea kauerte eine Trainerin, die irgend etwas an ihrem Stiefel befestigte; den Reithelm hielt sie in der freien Hand.
    Es war Ginger Mauch.
    Neben dem Pferd stand ein Eimer Wasser, und neben dem Eimer saß eine niedliche Katze mit roten und schwarzen Flecken auf weißem Fell – eine Calico – und blickte Cup of Tea an. Das Fell besaß genau dieselbe Zeichnung wie das der Katze, das ich zusammen mit Harry Starobin auf einem Foto gesehen hatte – jenem Foto, das Jo und ich vor zwei Monaten in Ginger Mauchs verlassener Wohnung entdeckt hatten.
    Jo hatte damals gesagt, daß die Katze auf dem Foto die entlaufene Stallkatze sei, Veronica.

12
    Ich schlich mich an das kleine Cafe an der Thirty-fourth Street heran, denn ich spürte tief in meinem Innern, daß Jo Starobin nicht dort war, obwohl sie es versprochen hatte. Ich wußte wirklich nicht, warum ich eine solche Dummheit beging. Doch als ich einen raschen Blick durchs Fenster warf, sah ich Jo an einem der Tische sitzen. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Als ich Jo angerufen und ihr gesagt hatte, daß ich sie treffen wolle, war sie ausgesprochen unfreundlich gewesen und hatte in einem so distanzierten Tonfall zu mir geredet, als hätte ich mich verwählt. Dann hatte sie beiläufig erwähnt, daß sie ohnehin in die Stadt wolle – zu der Bank, in der sich Harrys Schließfach befand. Ob ich mit Donnerstag einverstanden sei?
    Ich riskierte einen weiteren Blick und sah, daß Jo seltsam verkrümmt dasaß, als hätte sie Magenschmerzen. Ich machte mir Sorgen und behielt Jo durchs Fenster im Auge. Doch als sie sich aufsetzte, erkannte ich, daß sich auf ihrem Gesicht kein körperlicher Schmerz spiegelte, sondern Verzweiflung. Es sah so aus, als würde die Trauer über den Verlust Harrys sie hin und wieder überfallen und niederdrücken – ganz plötzlich, ohne Vorwarnung.
    Ich betrat das Cafe und setzte mich Jo gegenüber. Sie hatte einen kleinen Tisch an der Wand gewählt, so daß wir ungestört waren. Sie lächelte mich an – ein liebevolles Lächeln – und streckte die Arme über den Tisch hinweg aus. Ich nahm ihre Hände, und wir wußten beide, daß alles wieder in Ordnung war.
    Als die Kellnerin zu uns kam, bestellte ich mir einen Espresso, Jo einen Cappuccino. Wir beschlossen, uns ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte zu teilen.
    Dann erzählte Jo mir ausgiebig von ihrer Eisenbahnfahrt nach Manhattan, doch ich unterbrach sie mitten in ihrem Monolog. Ich konnte nicht warten. Ich zog die Seite mit dem Foto hervor, die ich verbotenerweise aus dem Buch herausgerissen hatte, und legte sie vor Jo auf den Tisch. »Ich habe deine Stallkatze gefunden, Jo.«
    »Veronica? Du hast Veronica gefunden?« fragte Jo erstaunt; dann beugte sie sich vor und betrachtete das Foto von Cup of Tea , der Calico-Katze, die neben dem Wassereimer saß und der Trainingsreiterin, die Jo als Ginger identifizierte.
    »Sieh dir mal die Musterung des Fells an, Jo«, sagte ich und tippte mit dem Finger auf die Katze. »Genauso wie bei der Katze, von der wir das Foto in Gingers Wohnung entdeckt haben. Du hast damals gesagt, auf dem Foto sind Veronica und Harry zu sehen.«
    »Bei Calicos sind Ähnlichkeiten in der Musterung des Felles nichts Ungewöhnliches, Alice.«
    »Aber schau sie dir doch genau an!« bettelte ich.
    Jo sah

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