Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
hatte. Emma kannte Charles nicht. Floras Gedanken wanderten zu dem Mann, der ihr im Supermarkt über den Fuß gefahren war. Wenn Charles nur ein ganz klein wenig mehr Ähnlichkeit mit ihm gehabt hätte, wäre das Leben so viel einfacher gewesen.
Als sie die Haustür abschloss und in die Küche ging, um Imelda hinauszulassen, war Flora mit einem Mal niedergeschlagen. Wenn Charles und sie - und vermutlich auch Annabelle - Geschäftspartner sein sollten, würde alles viel leichter sein, wenn die beiden sie mochten. Doch Charles würde sich offensichtlich eher in Granit verwandeln, als sie ins Herz zu schließen, also würde sie versuchen müssen, Annabelle auf ihre Seite zu ziehen. Wenn nicht, würde sie an Verzweiflung und Einsamkeit sterben.
Wenn Charles nur ansatzweise normal gewesen wäre, hätte sie ihn mit einem kleinen, wohl berechneten Flirt für sich gewinnen können. Flirts funktionierten bei fast jedem Mann, und Flora beherrschte diese Kunst beinahe so mühelos wie das Atmen. Als sie vor einem besonders grässlichen Bewerbungsformular für einen Job gesessen hatte, hatte sie das Flirten in der Sparte »Hobbys« vermerkt. Sie hatte den Job bekommen.
Nachdem Imelda versorgt war, kramte Flora ihr Radio aus ihrer Reisetasche und schaltete es ein. Als ihr Atem und ihre gemurmelte Unterhaltung mit Imelda nicht länger die einzigen Geräusche um sie herum waren, fühlte sie sich besser. Sie würde dieses kleine Cottage zu ihrem Zuhause machen. Und Charles um einen Fernseher bitten. Schließlich war es ganz normal, in einem Feriencottage einen Fernseher zu haben.
Schon bald langweilte sie das Auspacken ihrer Sachen, und sie fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee war, Katzen die Pfoten mit Butter einzureiben, wie sie einmal gehört hatte, oder ob das lediglich eine Altweibergeschichte war, die ihr nicht mehr eintragen würde als Fettflecken auf dem Boden. Noch während sie über diese alles andere als spannende Frage nachsann, hörte sie einen Wagen.
Es war Geoffrey, und Flora kam ihm an der Haustür entgegen. Er hielt etwas in der Hand, das mit einem Tuch abgedeckt war.
»Edie lässt Ihnen eine Cottage-Pastete zum Abendessen bringen, und sobald Sie gegessen haben, nehme ich Sie zur Chorprobe mit.«
»Wie lieb von Ihnen!«, rief Flora, zog die Tür weiter auf und vergaß dabei für einen Moment Imelda. Die Katze erfasste mit einem Blick die sommerliche Landschaft in ihrer ganzen Pracht und schoss ins Freie.
»Oh nein!« Flora stieß einen spitzen Schrei aus. »Was mache ich, wenn sie nicht zurückkommt?«
»Sie wird schon wiederkommen.« Geoffrey trat ein und stellte die Schüssel auf einen kleinen Tisch. »Wohin könnte sie auch gehen? Sie wird die Nacht sicher nicht draußen verbringen, nicht, wenn sie es nicht gewohnt ist.« Geoffrey hatte eine äußerst beruhigende Wirkung. Flora glaubte ihm einfach, als müsste jedes Wort, das Geoffrey von sich gab, automatisch die Wahrheit sein. »Sie essen jetzt erst einmal zu Abend und lassen Ihrer Katze ein wenig Zeit, sich umzusehen, und danach werden wir sie dann rufen.«
Sie ließen die Tür offen, während Flora die noch warme Mischung aus wohlschmeckendem Hackfleisch und Kartoffelpüree aß - direkt aus der Plastikschale. Zwischendurch konnte sie Imelda sehen, die vorsichtig durch die hohen Gräser stapfte und gelegentlich daran schnupperte. Als Flora satt war, stellte sie die Schale auf den Fußboden und rief nach ihrer Katze.
Imelda hatte wahrscheinlich gehört, wie die Plastikschale auf dem Boden landete, denn sie blickte auf und kam zum Haus zurückgeschlendert, wobei ihr trächtiger Leib beinahe dreieckig aussah.
»Das muss Ihnen furchtbar unhöflich erscheinen, aber sie kommt immer angelaufen, wenn sie glaubt, ich hätte ihr etwas hingestellt.«
Geoffrey kicherte. »Kein Problem. Was übrig geblieben ist, kann sie gern haben. Immerhin erwartet sie Nachwuchs.«
»Meinen Sie wirklich, dass es in Ordnung ist, wenn ich sie allein lasse?«
»Sie wird bestimmt keine Probleme haben. Die meisten Katzen ziehen es ohnehin vor, ihre Jungen allein zur Welt zu bringen. Haben Sie ihr ein schönes Bett zurechtgemacht? Sie mögen zum Beispiel Schränke oder andere dunkle Orte. Was ist mit dem Platz unter der Treppe?«
Gemeinsam richteten sie Imelda ein Lager unter der Treppe. Dann holte Flora ein Kissen vom Gästebett, nachdem sie sich zuvor davon überzeugt hatte, dass es keine reinen Gänsedaunen enthielt und ein Ersatz daher nicht allzu teuer sein würde. Zu
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