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Eine Liebe in Paris

Eine Liebe in Paris

Titel: Eine Liebe in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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die Schultern. Ich versank darin beinahe, so groß war es für mich. Wolff stand auf und reichte mir seine Hand. Er lächelte. Ich ergriff sie und genoss den warmen Druck seiner Finger, als er mir vorsichtig aufhalf.
    »Wie geht es deinem Fuß?«
    Ich trat vorsichtig auf. »Ein bisschen besser.«
    »Kannst du laufen?«
    »Kommt darauf an. Wohin?«
    Er lachte. »Keine Sorge. Bis ans andere Ende der Welt können wir später noch. Wir haben keine Eile. Jetzt geht es erst einmal die Treppe hoch und dann noch ein wenig weiter.«
    »Ich weiß nicht …« Ich trat auf, aber Tränen schossen mir in die Augen, und ich biss mir vor Schmerz auf die Lippen.
    »
Ma pauvre
«, sagte Wolff zärtlich und legte mir einen Arm um die Schultern und den anderen unter meinen Ellenbogen. »Macht nichts, dann schiebe ich dich eben.« Er sah aufseine Armbanduhr. »Komm, schnell! Wir müssen uns beeilen.«
    »Wofür denn?«
    »Das wirst du schon sehen.«
    Er hob mich wieder auf seine Arme und trug mich die Treppe hoch auf den
Quai
und zu dem Einkaufswagen, den er neben der Reiterstatue geparkt hatte.
    »Gott sei Dank hat uns den kein
Clochard
geklaut«, sagte er lachend. »Sitzt du bequem?«
    »Ja«, sagte ich und rutschte noch ein Stück nach hinten, damit mein Kopf wieder auf dem Griff lehnte und ich nach oben in Wolffs Gesicht sehen konnte.
    »Dann halt dich fest.«
    Der Einkaufswagen rumpelte über das Kopfsteinpflaster auf einen kleinen verschwiegenen Platz, auf dem der Wind die Blätter in den Linden flüstern ließ. An mehreren Restaurants entlang der schmalen Bürgersteige standen die Stühle nach vorn an die Tische gelehnt.
Place Dauphine
, las ich auf den blauen Straßenschildern, auf die die Laternen ein warmes Licht warfen. Wolff lenkte mich wieder auf den
Quai
, und es ging einige hundert Meter weiter die Seine entlang, ehe er sagte: »Augen zu.«
    Ich gehorchte und hörte den Einkaufswagen weiterrumpeln, bis er plötzlich zum Stehen kam.
    »Augen auf«, sagte Wolff.
    Der Anblick verschlug mir die Sprache. Wir standen mitten auf der
Place du Parvis
vor
Notre Dame
und die mächtigeKathedrale beherrschte, so von unten angeleuchtet, mit all ihren Türmen, Rosetten und Verzierungen meinen Blick.
Das
also war die Kirchturmspitze, die ich in den Himmel hatte ragen sehen!
    »Das ist meine alte Freundin
Notre Dame
«, sagte Wolff. »In der Nacht ist sie besonders eindrucksvoll. Hast du sie schon kennengelernt?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Dann wird es höchste Zeit.« Er sah wieder auf seine Armbanduhr. »Jetzt!«
    Ehe ich fragen konnte, was er damit meinte, begannen die Kirchenglocken von
Notre Dame
tief und grollend zu schlagen. Der mächtige Klang, die vollkommene Stille auf der
Place du Parvis
und die Lichter, die die Fassade der Kathedrale in ein eigenes Mondlicht hüllten, bereiteten mir wieder Gänsehaut.
    »Sieh hin. Wenn die Wolken huschen, erwacht die Alte zum Leben. Schau dir die Wasserspeier an! Schau doch …« Seine Stimme war rau vor Gefühlen, und als ich ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf, hatte er die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt. Sein Anblick verursachte mir ebenso eine Gänsehaut wie
Notre Dame
selber. Er war so intensiv, so leidenschaftlich.
La Passion
, fielen mir plötzlich Maries Worte ein.
    Die Glocken verstummten, und ihr Echo vibrierte noch durch die stille Nacht, als die Wolken das Mondlicht in Facetten brachen und den Wasserspeiern ein bewegtes Minenspielgaben. Sie grinsten und spuckten mich an, schnitten Grimassen und schienen vor höhnischem Lachen zu schreien.
    »Das sieht nicht schön aus«, sagte ich unwillkürlich.
    Wolff zog die Augenbrauen hoch. »Schön? Was ist schon schön? Ich hasse das Wort, es ist so banal, so rein gar nichts. Und du willst Künstlerin werden, Ava, oder eine sein? Schön ist das Schlimmste, was man über ein Kunstwerk sagen kann. Schön ist, was du mit der Hand zudecken kannst. Es geht um Tiefe, um Kraft, um Aussage. Es geht um … um … um …« Er schien nach dem richtigen Wort zu suchen.
    »
La Passion
«, unterbrach ich ihn, ohne nachzudenken.
    Er sah mich erstaunt an. »Genau.
La Passion
. Die Leidenschaft.«
    Mit diesen Worten hob er mich aus dem Einkaufswagen und küsste mich wieder, bis mir schwindelig wurde und ich mich wie eine Ertrinkende an ihn klammerte.
    »Ich rufe dir jetzt ein Taxi«, sagte er schließlich und löste meine Arme von seinem Nacken.
    Ich nickte benommen, als er sein Handy zückte, und nur einige Atemzüge später kam ein Taxi

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