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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Limar
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war beiden nicht nach Small Talk zumute. Wir brannten gleichermaßen darauf, endlich zur Sache zu kommen. Tatsächlich war Ruth von Gernot ausführlich informiert worden und hatte sich auch Notizen gemacht. Doch die brauchte sie nicht. Sie hatte offenbar schon so ausgiebig über den Fall nachgedacht, dass sie frei darüber sprechen konnte.
    "Es ist schon eine tragische Geschichte, die sich da vor drei Jahren auf Schloss Dahrenried abgespielt hat", begann sie nun ihre Ausführungen. "Jedes Jahr veranstaltet das Internat einen Tag der offenen Tür. Dazu sind dann nicht nur die Familien der Zöglinge eingeladen, sondern im Prinzip jeder, der Interesse hat, sich näher über die Einrichtung zu informieren. Es wird auch immer sehr rege davon Gebrauch gemacht. Die Schüler musizieren, tragen eigene Gedichte vor und stellen ihre Arbeiten aus. In jenem Jahr, als sich das Unglück ereignete, gab es eine Kunstausstellung und auch Sportwettkämpfe. Melissa war der unangefochtene Star der Ausstellung. Sie galt als die mit Abstand Begabteste, was die Malerei betraf. Am Sportfest nahm sie dagegen nicht aktiv teil, dafür aber ihre Freundin Julia. Die beiden Mädchen waren seit Jahren das, was man als dicke Freundinnen bezeichnet. Sie hingen ständig zusammen und Melissa hatte Anschluss an Julias Familie gefunden. Sie war sogar ein paar Mal mit den Wengers in den Urlaub gefahren."
    An dieser Stelle runzelte ich heftig die Stirn. Melissa hatte nicht das Geringste über diese Freundschaft verlauten lassen. Ruth bemerkte es, fuhr aber unbeirrt fort.
    "Es war an einem heißen Tag Anfang Juli in der letzten Schulwoche vor den Ferien. Die Sportwettkämpfe waren in vollem Gange und die Besucher hatten sich auf Klappstühlen und Decken rund um den Sportplatz gelagert. Melissa und Julia hatten es sich gemeinsam auf einer Decke bequem gemacht. Julia war ein sportliches Mädchen und trat gleich in mehreren Disziplinen an. Zwischen den Wettkämpfen ruhte sie sich neben Melissa aus und dabei ist es dann passiert. Julia kam erschöpft vom 200 m Lauf zurück. Sie stellte fest, dass ihre Wasserflasche leer war und Melissa reichte ihr die eigene. Julia trank sehr schnell. Kurz darauf klagte sie über Unwohlsein und brach dann plötzlich zusammen. Es sah ganz nach einem Kreislaufzusammenbruch durch Hitze und Überanstrengung aus. Die Sanitäter vor Ort kümmerten sich sofort um sie, doch ihr Zustand verschlimmerte sich nach kurzer Zeit dramatisch. Als der Notarzt eintraf, konnte er nur noch den Tod feststellen. Er schöpfte Verdacht und stellte die Wasserflasche sicher. Darin fand sich dann eine giftige Substanz."
    "Und der Verdacht fiel auf Melissa, weil es ihre Wasserflasche gewesen war?"
    Ruth schüttelte den Kopf. "Nein, zunächst mal nicht. Die Wasserflasche steckte in einer offenen Basttasche, die Melissa ständig bei sich trug. Es war übrigens ein aromatisiertes Wasser mit Limettengeschmack, hervorragend geeignet, einen anderen Geschmack zu überdecken. Melissa trank das immer, andere Schüler konnten das bestätigen. Während Julia an den Wettkämpfen teilnahm, verließ Melissa die Decke auch einmal für einige Zeit, um die Toilette aufzusuchen. Sie nahm nur ihr Kosmetiktäschchen mit, die Tasche mit dem Wasser ließ sie auf der Decke zurück. Jeder hätte sich in dieser Zeit daran zu schaffen machen können."
    "Hat denn niemand etwas gesehen? Da waren doch sicher viele Menschen ..." Ich ahnte die Antwort bevor Ruth sie aussprechen konnte.
    "Genau da liegt das Problem", entgegnete sie. "Eine Straftat begeht man am erfolgreichsten dann, wenn keine potentiellen Zeugen anwesend sind, oder aber gleich hunderte. In der Masse achtet niemand mehr darauf, was der andere treibt. An dem Tag waren viele Menschen dort, auch viele Unbekannte. Letztendlich gab es keine einzige brauchbare Zeugenaussage. Jedenfalls", fuhr Ruth fort, "ging die Polizei zunächst davon aus, dass der Anschlag eigentlich Melissa gegolten hatte. Für diese Annahme gab es nicht nur gute Gründe, sondern sogar einen ganz konkreten Verdacht. Melissa war in den vergangenen Wochen durch eine Mitschülerin übel gemobbt worden. Deren Freund hatte sich in Melissa verliebt und es spielte für das Mädchen überhaupt keine Rolle, dass Melissa diese Neigung weder erwiderte noch ermutigte. Eifersucht kennt bekanntlich keine Logik. Jedenfalls hat sie Melissa beschimpft und andere Schüler gegen sie aufgewiegelt. Schließlich hat sie ein Bild zerstört, an dem Melissa fast ein halbes Jahr

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