Eines Greifen Ei

durch die an den Seiten rosafarbene Kopfhaut schimmerte; hohe Wangenknochen; ein kunstvoll aufgetragener, leicht nach oben gezogener Lidschatten, durch den die Lider wie Flügel wirkten; dunkle, volle Lippen. Er konnte nicht umhin, die Charakterstärke zu bewundern, derer es bedurfte, um ein Gesicht so sorgfältig zu schminken, nur um es dann unter einem Helm zu verbergen. Dann sah er ihren roten und orangefarbenen Wolga-Studio-Anzug.
    Es war die Ismailowa.
    Um seine Verlegenheit zu überspielen, nahm er sich viel Zeit beim Ablegen der Handschuhe und des Helms. Die Ismailowa nahm ihren Helm vom Feldbett, um Platz zu machen, und er setzte sich neben sie. Er streckte die Hand aus und sagte steif: »Wir sind uns schon mal begegnet. Ich heiße ...«
    »Ich weiß, wie Sie heißen. Es steht auf Ihrem Anzug.«
    »Ach so, ja richtig.«
    Während einer unbehaglich langen Zeit sprach keiner von beiden. Endlich räusperte sich die Ismailowa und sagte schroff: »Das ist lächerlich. Es besteht keine Veranlassung, daß wir ...«
    PENG.
    Ihre Köpfe fuhren gleichzeitig herum in Richtung Tür. Der Ton war durchdringend laut und metallisch. Gunther stülpte sich hastig den Helm wieder auf den Kopf, packte seine Handschuhe. Die Ismailowa, die ebenfalls ihren Anzug vervollständigte, so schnell sie konnte, äußerte stimmlos über ihren Mentalkom-Chip: »Was ist das?«
    Während er systematisch eine Schnalle nach der anderen an seinen Handgelenken schloß, sagte Gunther: »Ich glaube, es handelt sich um einen metallenen Rammbolzen.« Dann wiederholte er die Worte über den Chip, weil der Helm seine Sprache zu einem unverständlichen Nuscheln verzerrte.
    PENG.
    Bei diesem zweiten Mal hatten sie den Knall erwartet. Jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben. Etwas versuchte, die äußere Luftschleusentür aufzubrechen.
    »Ein was?«
    »Es könnte eine Art Hammer sein, oder ein Schmiedewerkzeug. Wir können dankbar sein, daß es kein Lasergerät ist.« Er hielt die Hände hoch. »Unterziehen Sie mich bitte einem Sicherheitscheck.«
    Sie drehte seine Gelenke in die eine Richtung und dann in die andere, nahm seinen Helm zwischen die Hände und drehte ihn ebenfalls, um seinen Verschluß zu prüfen. »In Ordnung.« Sie hielt ebenfalls die Hände hoch. »Aber was hat das Ding vor?«
    Ihre Handschuhe waren perfekt geschlossen. Einer der Klammerhaken des Helms hatte ein wenig Spiel, aber nicht genug, um eine undichte Stelle zu ergeben. Er zuckte die Achseln. »Es hat eine Störung - es könnte alles mögliche vorhaben. Vielleicht versucht es sogar, ein schwaches Türscharnier zu reparieren.«
    PENG.
    »Es versucht, hier einzudringen!«
    »Das ist auch eine Möglichkeit, ja.«
    Die Ismailowa hob die Stimme um eine Spur. »Aber selbst wenn es durchgedreht ist, kann es doch unmöglich irgendwelche Programme in seinem Speicher haben, die es zu so etwas veranlassen. Wie kann eine zufällige Eingabe dazu führen, daß es so handelt?«
    »Es funktioniert nicht auf diese Weise. Sie denken an die Art von Robotern, die es gab, als Sie noch ein Kind waren. Diese Aggregate sind der letzte Schrei: sie setzen keine Anweisungen um, sie setzen Ideen um. Verstehen Sie, dadurch sind sie flexibler. Man braucht ihnen nicht jeden einzelnen Schritt einzugeben, wenn man möchte, daß einer etwas ganz Neues tut. Man gibt ihnen nur das Ziel ein ...«
    PENG.
    »... wie zum Beispiel ›Demontage eines Rotationsbohrers‹. Es verfügt über einen Fundus aller möglichen Fähigkeiten, wie Schneiden und Nietenziehen und Verformen von Masse, die es dann in verschiedenen Konfigurationen miteinander verbindet, bis es den Pfad hergestellt hat, der es zum Ziel bringt.« Er sprach jetzt nur noch um des Sprechens willen, es sollte ihn davon abhalten, in Panik zu geraten. »Und das funktioniert normalerweise hervorragend. Doch wenn so ein Ding eine Störung hat, dann spielt sich diese ebenfalls auf dieser Ebene ab. Verstehen Sie? Das bedeutet ...«
    »Das bedeutet, daß er selbst entscheidet, welche Rotationsbohrer zu demontieren sind.«
    »Ähm ... ja.«
    PENG.
    »Was sollen wir also tun, wenn er hereinkommt?« Sie hatten sich unwillkürlich beide erhoben und standen jetzt in Richtung Tür gewandt da. Der Raum war sehr begrenzt, und sie füllten ihn fast völlig aus. Gunther war sich deutlich der Tatsache bewußt, daß es weder Platz zum Kämpfen noch zum Fliehen gab.
    »Ich weiß nicht, wie Sie sich verhalten werden«, sagte er, »aber ich werde dem Kerl mit der Toilettenschüssel