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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Du hast mir Grund genug gegeben, über alles nachzudenken.« Der Blinde winkte, und dabei deutete seine Hand wie durch Zufall zu den omnianischen Bogen- und Armbrustschützen. » Schlag kräftigen Argumenten habe ich mich noch nie entziehen können.«
    »Deine Lügen haben bereits die Welt vergiftet!«
    »Dann schreibe ich eben ein neues Buch«, sagte Didaktylos ruhig. »Stell dir nur vor, welchen Eindruck das machen wird: der stolze Didaktylos, von den Argumenten der Omnianer überzeugt. Ich nehme alles zurück. Einverstanden? Nun, ich möchte nicht noch mehr von deiner Zeit in Anspruch nehmen, Herr. Immerhin hast du eine Menge zu tun – ich meine das Plündern und so. Mit deiner Erlaubnis ziehe ich mich in mein Faß zurück und beginne sofort mit dem ersten Kapitel. Ein Universum voller Kugeln. Zahllose Kugeln, die durchs All gleiten. Hmm. Ja. Wenn du erlaubst, Herr, so schreibe ich von mehr Kugeln, als du dir erträumst…«
    Der alte Philosoph drehte sich um und schlurfte ganz langsam dem Ausgang entgegen.
    Vorbis sah ihm nach.
    Brutha beobachtete, wie er halb die Hand hob, um den Wächtern ein Zeichen zu geben – und sie dann wieder sinken ließ.
    Der Exquisitor wandte sich an den Tyrannen.
    »Soviel zu…«, begann er.
    »Über- ra schung!«
    Die Lampe flog durchs Tor und stieß an Vorbis’ Kopf.
    »Und die Schildkröte bewegt sich doch !«
    Vorbis sprang auf.
    »Ich…!« schrie er, brach ab und faßte sich wieder. Wütend wies er zwei Soldaten an: »Nehmt ihn fest. So schnell wie möglich. Und… Brutha?«
    Das Blut rauschte so laut in den Ohren des Novizen, daß er den Exquisitor kaum hörte. Didaktylos war ein besserer Denker, als er bisher angenommen hatte.
    »Ja, Herr?«
    »Du wirst mit einigen Männern aufbrechen, der Bibliothek einen Besuch abstatten und sie… niederbrennen.«
     
    D idaktylos war blind, aber in finsterer Nacht spielte das kaum eine Rolle. Die ihn verfolgenden Omnianer konnten sehen, doch sie sahen sich plötzlich mit Dunkelheit konfrontiert. Außerdem hatten sie nicht ihr ganzes Leben damit verbracht, durch eine Stadt zu wandern, in der es Hunderte von kurvenreichen Gassen mit vielen Treppen gab.
    »…acht, neun, zehn, elf«, murmelte der Philosoph, als er Stufen emporhastete und anschließend um eine Ecke lief.
    »Au, das war mein Knie «, stöhnten mehrere Soldaten, die in halber Höhe der Treppe einen Haufen bildeten.
    Einer schaffte es bis nach oben, und im Sternenlicht sah er den dürren Philosophen als eine Silhouette, die weiter vorn an den Mauern vorbeilief. Er hob die Armbrust. Der dumme Kerl versuchte nicht einmal, in Deckung zu gehen…
    Ein perfektes Ziel.
    Eine Sehne surrte.
    Der Soldat wirkte verwirrt. Die Armbrust rutschte ihm aus den Händen und fiel zu Boden; ihr Bolzen sauste davon, prallte irgendwo von einer Wand ab. Der Mann starrte auf einen mit Federn ausgestatteten Schaft, der ihm aus der Brust ragte. Jemand trat ihm entgegen.
    »Feldwebel Simony?« flüsterte er.
    »Es tut mir leid«, sagte Simony. »Und das meine ich ernst. Aber die Wahrheit ist wichtig.«
    Der Soldat öffnete den Mund, um seine Meinung in Hinsicht auf die Wahrheit zu verkünden. Doch dazu bekam er keine Gelegenheit mehr. Er sank zu Boden.
    Und öffnete die Augen.
    Simony ging fort. Alles schien… heller geworden zu sein. Es war noch immer dunkel, aber jetzt konnte er in der Dunkelheit sehen. Und das Kopfsteinpflaster hatte sich irgendwie in schwarzen Sand verwandelt.
    Er hob den Blick.
    AUF DIE BEINE, GEFREITER ICHLOS.
    Er kam der Aufforderung verlegen nach. Jetzt war er mehr als ein anonymer Soldat, der nur dazu taugte, Befehle zu empfangen und unwichtige Nebenrollen im Leben anderer Leute zu spielen. Jetzt war er Dervi Ichlos, achtunddreißig Jahre alt, vergleichsweise unschuldig, wenn man den allgemeinen Stand der Dinge berücksichtigte.
    Außerdem lebte er nicht mehr.
    Unsicher hob er die Hand zu den Lippen.
    »Bist du der Richter?« fragte er.
    NEIN.
    Ichlos betrachtete den schwarzen Sand, der sich bis zum Horizont erstreckte, und instinktiv begriff er, worauf es nun ankam. Er dachte nicht in so komplexen Bahnen wie General Fri’it und erinnerte sich gut an die Lieder seiner Kindheit. Darüber hinaus hatte er einen Vorteil: Er war noch weniger religiös als der General.
    DAS URTEIL WIRD AM ENDE DER WÜSTE GEFÄLLT.
    Ichlos versuchte zu lächeln.
    »Meine Mutter hat mir davon erzählt«, sagte er. »Wenn man tot ist, muß man eine Wüste durchqueren. Und dann sieht man alles

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