Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
denen man Schmuck und
Ähnliches auch als Spieleinsatz setzen kann. Und was soll ich sagen, das Glück
war mir hold. Meine Gegner wunderten sich zwar, konnten aber nichts dagegen
machen. Und so bin ich mit einer hübschen Stange Geld und diesen beider hier
wieder von dannen gezogen.“ Er grinste mich spitzbübisch an, der mürrische Kerl
der neben mir im Auto gesessen hatte, war verschwunden. An seine Stelle war
dieser Schelm getreten, dem man einfach nicht böse sein konnte.
„Ich
wollte sie dir schon vorher zurückgeben, hatte aber irgendwie nicht die
Gelegenheit gefunden, zumal ich sie immer noch als letzte Sicherheit behalten
wollte, falls wir doch noch Geld brauchten. Ich weiß selbst, wie kostbar
Erinnerungen an unsere Liebsten sind. Umso mehr hat es mich beeindruckt, dass du
den Schmuck geopfert hast. Und mir war klar, dass ich sie dir wiedergeben
muss.“
Mochte
er mir in den letzten Tagen einige Gemeinheiten an den Kopf geworfen haben, mit
dieser Geste zeigte er mir, dass tief in seinem Innersten ein richtig netter
Mensch steckte. Ich konnte nicht anders, ich trat auf ihn zu und drückte ihm
einen Kuss auf die Wange und er errötete! Der Mann, der Frauen anzog wie das
Licht die Motten, der vor wenigen Stunden noch eigenhändig einen kaltblütigen
Meuchelmörder gestoppt hatte, errötete wie ein verschüchterter Teenager.
„Vielen
Dank, du weißt gar nicht, was mir das bedeutet! Ich schätze, du hast etwas gut
bei mir.“ Der emotionale Wert der Ohrringe und die damit verbundenen
Erinnerungen waren für mich wesentlich kostbarer, als der tatsächliche
materielle Wert.
„Ich
habe es wirklich gerne getan!“ Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen.
„Ich gehe, dann wohl besser mal, wir sehen uns dann am Montag!“ Ohne mich zu
Wort kommen zu lassen, stieg er wieder ein und fuhr davon. Die Ohrringe, wie
einen kostbaren Schatz in meiner Hand haltend, sah ich ihm hinterher. Mir wurde
bewusst, dass es noch eine ganze Menge gab, die ich über Philemon Berger lernen
konnte.
Als
ich am Sonntagmorgen aufwachte, fühlte ich mich frisch und ausgeruht. Die
Anstrengung und Aufregung der letzten Tage hatte mir am Vorabend noch in den
Knochen gesteckt, sodass ich fast direkt zu Bett gegangen war, ehe mir einfiel,
dass ich zu dem Lehrertreffen hätte gehen müssen. Meine Erschöpfung hatte das
jedoch nicht mehr zugelassen, daher schickte ich eine SMS an eine meiner
Kolleginnen mit der Ausrede, dass ich nicht kommen konnte, da ich mich fühlte
als sei eine Erkältung im Anmarsch.
Erst
jetzt kam ich dazu, mich noch einmal mit Herrn Lermins Vorschlag auseinander zu
setzen. Zwar hatte ich am Abend vor dem Einschlafen noch einmal die Ereignisse
im Büro Revue passieren lassen, da meine Denkfähigkeit aber gen null gegangen
war, hatte ich das bald sein lassen und hatte mich lieber in Morpheus Arme
fallen lassen.
Seit
dem Ereignis in meiner Jugend mit dem Zeitreisebuch war ich von diesem Thema
fasziniert gewesen. Etwas, dass wie ich jetzt wusste, keinesfalls Zufall
gewesen war. Meine Empörung über die gestrige Offenbarung hatte sich
zwischenzeitlich gelegt. Ein wenig Unmut verspürte ich zwar immer noch. Mir war
aber inzwischen klar geworden, dass es immer irgendeinen Impuls in meinem Leben
gegeben hätte, der meinen weiteren Lebensweg beeinflusst hätte. Wenn man es
genauer betrachtete, hatte sich nicht das Schlechteste aus diesem Anstoß für
mich ergeben. Ich war nicht auf die schiefe Bahn geraten, war in der Lage ein
eigenständiges Leben zu führen und nagte nicht am Hungertuch. Alles in allem
hätte es definitiv schlimmer kommen können. Nur war ich mir nach meiner ersten
Zeitreise nicht mehr sicher, ob es wirklich das war, wovon ich in meinem
jugendlichen Leichtsinn immer geträumt hatte. Die Anstrengung, die Entbehrungen
der modernen Errungenschaften und die Gefahren die einem dabei widerfuhren,
wogen schwer in der Waagschale. Was wäre, wenn mich irgendein Virus erwischte,
Jahrhunderte entfernt von Antibiotika oder Penicillin? Schon eine Schnittwunde
konnte ausreichen, mich an einer Blutvergiftung sterben zu lassen. War es das
wert? Aber dann kam die Erinnerung an das Gefühl der Begeisterung auf, dass ich
bei der Uraufführung von „Romeo und Julia“ verspürt hatte und mein
Stadtrundgang im London vor dem großen Brand zog vor meinem inneren Auge an mir
vorbei. Ich hatte die alte London Bridge gesehen, auch wenn ich auf die Geköpften
hätte verzichten können, war in Westminster und Whitehall
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