Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)
Schweineschlachten habe ich ja schließlich auch geschafft.«
Jetzt musste Judith Brunner lachen. »So gesehen, kann ja nichts schiefgehen.«
»Richtig. Kommen Sie, frühstücken wir aber zuerst.« Laura legte das Kochbuch entschlossen zur Seite, stand auf und fing an, das Geschirr aus dem Schrank zu nehmen.
Wilhelmina nahm die abrupte Veränderung nur unwillig hin, noch aber schien der angewärmte Sitzplatz ihr ausreichend Trost zu bieten. Als dann das Frühstück verführerisch nach Leberwurst, Milch und Butter zu riechen begann, raffte sie sich notgedrungen auf, um am Tisch ihren Teil einzufordern.
Judith fragte zurückhaltend. »Laura, darf ich Sie schon wieder um etwas bitten? Ich weiß, Sie wollen das Rezept ausprobieren, dennoch ...«
»Raus damit. Wie darf ich helfen? Backen kann ich auch später noch.«
»Würden Sie heute eventuell etwas Zeit für mich erübrigen?«
»Ja, gern. Ich habe noch bis nächste Woche frei. Was gibt’s denn?«
»Gestern Abend haben wir bei einer Hausdurchsuchung eine Menge wertvoller Bücher gefunden. Inzwischen müssten sie bei mir im Büro liegen. Ich brauche eine zuverlässige Liste und fürchte, ich habe niemanden, der die alte Frakturschrift fehlerfrei lesen kann. Könnten Sie bitte dabei helfen und einer Schreibkraft diktieren?«
»Kein Problem.« Laura freute sich auf die Aufgabe.
»Schön, dann fahren wir nach dem Frühstück gleich los.«
»Aber du wärst ein pflichtbewusstes Monster!«
Judith Brunner hörte beim Betreten ihrer Dienststelle, wie Lisa Lenz diese Überzeugung irgendwem mit lauter Empörung verdeutlichen wollte.
»Und du musst auch nicht früh aufstehen!«
Eine Antwort war nicht zu hören und Judith Brunner ahnte, dass hier wohl ein Telefongespräch geführt wurde. Leise ging sie weiter und sah Laura Perch amüsiert an.
»Was soll das heißen, sie nehmen nur qualifizierte Leute? Seit wann ist Monster ein Beruf?« Lisa Lenz klang ehrlich entrüstet. Dann sah sie die beiden Frauen kommen. »Wir reden heute Abend noch mal«, schloss sie rasch. Es klang nicht so, als erwarte sie Widerspruch. »Guten Morgen. Das war mein Bruder«, klärte sie ihre Chefin auf. »Er will in der Geisterbahn arbeiten, zumindest in den großen Ferien. Er macht auch im Schultheater mit. So was gefällt ihm eben. Und zu groß ist er auch nicht. Ich weiß gar nicht, wo das Problem liegt.«
»Zu groß?« Der Hauptkommissarin erschloss sich der Zusammenhang nicht sofort.
»Na ja, die Monster dürfen nicht allzu groß sein, denn nach oben ist in einer Geisterbahn oft nicht genug Platz wegen der ganzen Stangen und Gestelle.«
Offensichtlich hatte ihre Mitarbeiterin eine Affinität zu Rummel-Geisterbahnen.
»Meistens nehmen die sowieso Studentenmonster und keine Schüler.«
»Na, ich drücke jedenfalls die Daumen, dass man Ihren Bruder eventuell noch nimmt«, unterstützte Judith die Hoffnungen der Geschwister und machte sich mit Laura auf den Weg in ihr Büro. Dort legte sie ihren Mantel auf dem hässlichsten der Bürostühle ab und nahm auf einem anderen Platz, dessen abgenutztes Gewebe die Polsterung besser hatte halten können. Bücherstapel bedeckten den großen Tisch. Laura Perch würde sich nicht langweilen, während sie zur morgendlichen Arbeitsbesprechung ging.
Judith Brunner stellte fest, dass sie inzwischen wohl alle an diesen Ermittlungen beteiligten Mitarbeiter zumindest schon einmal gesehen hatte. Kein ihr Unbekannter saß mit am Tisch. Manches hatte sich sicher schon herumgesprochen, dennoch referierte sie noch einmal kurz den vergangenen Tag: »Gestern sind wir wieder ein Stück weiter gekommen. In einem Gewächshaus der Waldauer Gutsgärtnerei fand sich das Messer, mit dem Robert Wolffs Leiche aufgeschnitten wurde. Wir konnten glücklicherweise auch einen Zusammenhang der von uns untersuchten Fälle mit der NS-Euthanasie ausschließen. Wie sich herausstellte, war der Zettel mit den Notizen für einen Praktikanten in der Uchtspringer Klinik gedacht. Sein Betreuer wollte ihn beauftragen, die Abkürzungen und Aktenzeichen für eine Publikation zu erläutern.« Judith Brunner glaubte, bei dem einen oder anderen in der Runde angesichts dieser harmlosen Erklärung eine gewisse Erleichterung zu verspüren. »Wir wissen jedoch noch immer nicht, wie der Zettel in Robert Wolffs Wagen gelangt ist.«
Dann berichtete sie von der Vernehmung Dampmanns und ergänzte: »Wir haben auch seinen Tourenplan geprüft. Danach könnte er zur Tatzeit in ›Feine Sache‹
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