Eiskalt Wie Die Suende
wie Finn Cassidy Mutter Nabby darlegte, warum sie die Wohnung seines Bruders ganz unmöglich vermieten könnte.
âHerrgott noch mal, Mutterâ, ereiferte sich Finn und baute sich sehr imposant vor ihrem Schreibtisch auf, was Mutter indes wenig zu beeindrucken schien. âEs ist jetzt gerade mal zwei Tage her, dass Johnny umgebracht worden ist. Es gehört sich einfach nicht, so bald schon wieder jemanden da unten einziehen lassen!â
âNa ja, weiÃt du ⦠zurück kommt er auch davon nichâ, wenn die Bude leer stehtâ, nuschelte Mutter, die gerade den Mund voll gebratener Hammelkeule hatte.
âIch weiÃ, dass er â¦â
âAber ich muss derweil den Laden hier am Laufen halten.â Sie spülte das Fleisch mit einem groÃen Schluck Bier hinunter und beäugte Nell und Will über den Rand ihres Humpens. âUnd?â, fragte sie, während sie sich den Mund mit ihrem fetten bloÃen Arm abwischte. âWollân Sie die Wohnung oder nicht?â
âJa, doch, ich glaube schon. Aber ein paar Fragen hättâ ich da nochâ, meinte Will, legte Nell die Hand auf den Rücken und schob sie mit sanftem Nachdruck ins Zimmer. Auch nachdem sie ein paar Schritte gegangen war, nahm er seine Hand nicht fort, wofür sie ihm insgeheim sehr dankbar war. Mutter Nabby machte sie nervös, und es war irgendwie beruhigend, seine Berührung zu spüren.
âJohnny hat bis zum Ende des Monats Miete gezahltâ, erinnerte Finn nun Mutter, âweshalb Sie überhaupt kein Recht haben, die Wohnung vor August zu vermieten.â
Daraufhin knallte Mutter den Humpen so heftig auf ihren Schreibtisch, dass Bier über den Rand schwappte, doch schien sie es entweder nicht zu merken oder aber es war ihr egal. âWillst du mir jetzt etwa vorschreiben, wozu ich in meinem eigenen Haus das Recht habe, Finn Cassidy?â, fuhr sie ihn an, und ihre harten kleinen Rosinenaugen funkelten bedrohlich.
Finn zuckte auch tatsächlich zusammen und hob beschwichtigend die Hände. âNein, nur ⦠Sie haben Ihr Geld ja schon bekommen, deshalb dachte ich â¦â
âDie Miete habe ich bekommenâ, stellte sie klar, âaber wo bleibt der Rest, der mir zusteht?â
âEr hat Ihnen immer einen Anteil von dem gezahlt, was Mary verdient hatâ, sagte Finn. âReicht das nicht?â
âNicht immer, und jetzt tu nichâ so, als wüsstest du davon nix. AuÃerdem hat er auch von den andern Geschäften gern mal was unterschlagen â immer schon.â
âDas können Sie doch gar nicht wissen.â
âDoch. Ich kannâs zwar nicht beweisen, aber ich weià es. Wenn man nur lange genug mit Gesindel wie ihm Geschäfte gemacht hat, dann merkt man, wenn sie einen überâs Ohr hauen. Und die Hälfte der Zeit, wenn er drauÃen an der Tür stand, war er stockbesoffen. Er war es, der immer Streit angefangen hat. Eigentlich hättâ ich einen Türsteher gebraucht, der ihn rauswirft.â
âÃhm, Miss Nabby?â
Als sie sich umdrehten, sahen sie Prus korpulenten Kunden an der Tür stehen. Mittlerweile wieder ordentlich gekleidet in dunklem Frack und mit seidenem Krawattentuch, hielt er seinen Zylinder in der einen, seine Handschuhe in der anderen Hand.
âAh, ân Abend, Mr. Jonesâ, sagte Mutter. âSie warân bei Pru, stimmtâs? Das wärân dann acht Dollar. Sie können vorn bei Riley an der Bar zahlen.â
âIch ⦠ähm, ja. Eigentlich wollte ich fragen, ob Sie vielleicht so freundlich wären, mir künftig auf Rechnung â¦â, stammelte er.
âNa, dann kommen Sie mal rein.â Nachdem sie sich ihre von Hammelfett triefenden Hände an einem Lappen abgewischt hatte, zog Mutter ein kleines ledergebundenes Büchlein aus ihrer Schürzentasche, tunkte eine Stahlfeder ins Tintenfass und machte einen Vermerk. Nell reckte sich unmerklich, um den Eintrag entziffern zu können.
7. Juli 1870
Josiah Honeycutt
Stammkunde bei Pru
$ 8.â
Ah, dachte Nell, den Namen kenne ich doch! Josiah Honeycutt saà in der Bostoner Stadtverwaltung, auf nicht unbedeutendem Posten.
âWenn Sie bitte noch hier unterschreiben würden, Mr. Jones.â Mutter reichte âMr. Jonesâ die Feder, der rasch signierte und dann entschwand.
âSie lassen anschreiben?â, fragte Will ungläubig, als Mutter das kleine Büchlein
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