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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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nachbessern.«

     
    *

     
    Ein paar Minuten später drückte sie einen Klebestreifen auf den runderneuerten Kopfverband und stemmte die Hände in die Hüfte. »Jetzt sollte es wirklich halten.«
    »Und wo genau bist du spazieren gewesen, bei dieser Hitze?«
    »Ich bin einfach durch die Felder hinten raus nach Vellmar. Es tat mir gut, einfach ein bisschen zu laufen, da konnte ich über alles nachdenken, was passiert ist.«
    »Es ist nichts passiert, Veronika. Es ist nichts passiert, merk dir das bitte. Wir können nichts tun. Gar nichts.« Er betrachtete ihre Schuhe. »Ungewöhnlich, dass du mit diesen leichten Dingern losgegangen bist. Du trägst doch sonst immer die festeren, blauen.«
    Zögernd sah sie nach unten und zog die Schultern hoch. »Ich wollte doch gar nicht so weit gehen. Das hat sich einfach ergeben, weil es mir gutgetan hat.«
    Obwohl Lappert mit ihrer Antwort nicht restlos zufrieden war, nickte er. »Von mir aus. Aber in Zukunft schreibst du bitte eine Nachricht, damit ich mir nicht wieder solche Sorgen machen muss, ja?«
    »Versprochen«, antwortete sie und streichelte sanft über seine Wange. »Ich will nicht, dass du dich sorgst, aber ich habe es hier im Haus einfach nicht mehr ausgehalten, nachdem du eingeschlafen warst. Verzeih mir, es kommt nicht wieder vor.«
    Nun zog Heinrich Lappert seine Frau umständlich zu sich heran, stöhnte leise auf, als sie ihn etwas zu fest am Hals streichelte, und küsste sie dann auf den Mund.
    »Schon gut. Aber nach dem, was ich heute erlebt habe …« Weiter sprach er nicht, sondern drückte seine Emotion mit einem besorgten Blick aus.
    »Ich habe dich verstanden, Heinrich. Und ich habe mich nicht korrekt verhalten. Aber wie gesagt, es kommt nicht wieder vor. Und jetzt lass uns Abendbrot machen, ich komme nämlich um vor Hunger.«
    »Gute Idee. Wir werfen den Grill an und genießen den Sonnenuntergang auf der Terrasse.«
    »Sehr gerne.«

     
    *

     
    Drei Stunden später, um kurz vor zehn, standen beide im Bad und putzten sich die Zähne. Wie jeden Abend hatte Heinrich Lappert das kleine Radio eingeschaltet, das auf dem Regal mit den Handtüchern stand. Um Punkt zehn begannen die Nachrichten. In der Übersicht vor den einzelnen Meldungen berichtete der Sprecher von den Morden in Kassel. Der Architekt spülte seinen Mund aus, stellte die Zahnbürste zurück, setzte sich auf den Badewannenrand und wartete auf Details. Veronika Lappert tat es ihm gleich.
    Kassel: Der Mörder kam nach Geschäftsschluss. In der vergangenen Nacht wurden der Besitzer eines italienischen Eiscafés und seine Frau von einem Räuber erschossen. Offenbar hatten sie sich geweigert, ihm die Tageseinnahmen auszuhändigen. Im Verlauf des Nachmittages gab es einen weiteren Mord, diesmal an einem nichtsesshaften Mann. Nach Angaben der Polizei gibt es zwischen den beiden Fällen keine Verbindung. Einzelheiten dazu nun von unserem Nordhessen-Korrespondenten.
    Dann folgten die unaufgeregt-souveräne Schilderung der Ereignisse um den Mord an dem italienischen Ehepaar und ein paar dürftige Informationen zu dem toten Berber. Lappert hörte dem Reporter mit versteinerter Miene zu.
    Zum Schluss die Wettervorhersage bis  …
    Er stand auf, schaltete das Gerät aus, setzte sich wieder neben seine Frau und schloss die Augen. Veronika Lappert griff nach seiner Hand. »Sind sie das?«
    Er nickte abwesend. »Natürlich sind sie das.«
    »Oh Gott, diese armen Leute. Die konnten doch nun wirklich nichts dafür.«
    »Das hat ihnen nichts geholfen, Veronika. Und von wegen ausgeraubt. Das wird auf das gleiche Konto wie der Überfall auf mich von heute Mittag gebucht.«
    Sie presste die Zähne zusammen und holte tief Luft. »Wir müssen zur Polizei gehen, Heinrich, bitte. Gleich morgen früh gehen wir zur Polizei.«
    Er erwiderte den Druck ihrer Hand und nickte. »Du hast recht. Das ist zu viel.«
    20 Minuten später lagen sie nebeneinander im Bett, hielten sich an der Hand und starrten in der Dunkelheit an die Decke.
    »Die schrecken vor nichts zurück«, sagte er leise. »Wenn ich es recht überlege, hatte ich heute wahrscheinlich großes Glück.«
    »Ja, wahrscheinlich schon«, bestätigte Veronika Lappert .
    Er drehte sich zur Seite und legte die Hand auf den Bauch seiner Frau. »Ich habe vorhin, nachdem ich aufgewacht war und dich nicht finden konnte, ein paar dumme Gedanken gehabt, für die ich mich entschuldigen will, Vroni.«
    »Was denn für Gedanken?«
    »Ich dachte, du wärst vielleicht zu Mälzer

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