Elbengift: Die Zwerge Von Elan-Dhor 1
Zorn bebend ballte Olvarian seine Fäuste so fest um die Zügel, als wolle er sie zerquetschen.
»Dieser Mistkerl!«, zischte er leise. »Man sollte ihn an seinem eigenen Bart aufhängen!« Er wandte sich im Sattel um. »Tut, was er gesagt hat!«, rief er laut.
Murrend zogen sich die Krieger zurück. Als sie die vorgeschriebene Entfernung erreicht hatten, schwang mit leisem Knarren ein Flügel des Tores auf. An der Spitze einer Schutzmannschaft von fünf Zwergen mit Streitäxten in den Händen trat König Voltan heraus.
Seine Abordnung und die der Elben trafen sich in der Mitte der Schlucht.
Da Olvarian und seine Begleiter nach wie vor auf ihren Pferden saßen, reichte Voltan ihnen gerade einmal bis zu den Knien und musste den Kopf in den Nacken legen, um zu ihnen aufzublicken. Er war überaus stämmig. Gelocktes, graues Haar fiel ihm bis über die Schultern und rahmte ein von tiefen Falten durchzogenes Gesicht mit einer knolligen Nase ein. Auch sein sorgsam gegabelter Bart, der ihm bis zum Bauch reichte, war grau.
Thalinuel kam der Gedanke, dass sie eine Chance hatten, das Tor zu erreichen, wenn sie und die anderen Krieger der Eskorte einfach lospreschten, und es zumindest in der kurzen Zeit zu halten, bis der Rest des Heeres heran war. Gleich darauf schämte sie sich für diese Idee. War sie schon so tief gesunken, dass sie ernsthaft darüber nachdachte, durch so feigen Verrat einen Vorteil im Kampf zu erlangen?
Ganz davon abgesehen, dass ein solcher Angriff einen extremen Verstoß gegen das Verhandlungsrecht bedeutete und ihr Volk dadurch jedes noch verbliebene Vertrauen verlieren würde, wäre er in der Praxis wohl auch gar nicht durchführbar gewesen. Sie sah nun, dass sich eine große Anzahl Zwergenkrieger unmittelbar hinter dem Tor versammelt hatte, und wahrscheinlich lauerten die Speerwerfer weiterhin hinter vielen Öffnungen, um jeden zu töten, der einen derartigen Angriff versuchen sollte.
»Ich grüße Euch, Olvarian, zweiter Hüter der Türme von Saltinan. Ihr habt gewünscht, mit mir zu reden. Nun, hier bin ich. Sprecht und erklärt, warum Ihr mit einem Heer vor unserem Tor erscheint. Wollt Ihr zusätzlich zum Volk der Menschen nun auch das Volk der Zwerge unrechtmäßig mit Krieg überziehen?«
»Auch ich grüße Euch ein weiteres Mal. Es ist niemals unser Wille gewesen, gegen das Zwergenvolk in den Krieg zu ziehen, so wenig wie gegen die Menschen. Sie haben uns durch ständige Übergriffe und Feindseligkeiten dazu gezwungen, Maßnahmen zu unserem Schutz zu ergreifen.«
»Indem die Elben ihre Ländereien und Städte erobern und zinspflichtig unter ihrer Herrschaft besetzt halten, mit dem ausdrücklichen Verbot an alle, Waffen zu tragen? Bereitet es Eurem Volk Freude, Menschen gewaltsam als Untergebene und Leibeigene zu halten, nachdem sie es nicht länger freiwillig sein wollten? Wie verträgt sich das mit den Idealen von Frieden und Verständigung, die Ihr uns zu lehren versucht habt? Auch habe ich andere Darstellungen vernommen, nach denen die Zwischenfälle von Elben provoziert wurden, die sich überheblich wie die Herren der Welt aufführten. Aber es ist nicht meine Aufgabe, für die Menschen zu sprechen oder ihre Kampfhandlungen zu bewerten. Wir Zwerge haben seit Monaten nichts mehr mit Elben zu schaffen und wünschen dies auch nicht. Uns könnt Ihr keine Übergriffe vorwerfen. Und dennoch steht Ihr mit einem Heer vor unserem Tor.«
»Und ich denke, Ihr wisst sehr gut, weshalb«, entgegnete Olvarian ruhig. »Es stimmt, von Seiten der Zwerge hat es keine Übergriffe gegeben. Eure Taktik ist perfider. Ihr verübt sie nicht selbst, sondern lasst lieber andere kämpfen und rüstet sie dafür auf.«
»Wovon redet Ihr? Erklärt Eure Worte!«
»Ihr wisst genau, wovon ich spreche. Die Menschen sind keine schlechten Schmiede, doch können sie es auf diesem Gebiet nicht annähernd mit der Kunstfertigkeit Eures Volkes aufnehmen. Wir wissen, dass sie von den Zwergen Waffen für den Kampf gegen uns erhalten.«
»Das ist eine unglaubliche Unterstellung«, empörte sich Voltan und legte die Hand auf den Griff seiner am Gürtel festgehakten Axt. »Zwar hat es entsprechende Anfragen gegeben, aber wir haben sie abgelehnt. Was wir an Stahl erzeugen, benötigen wir selbst zum Ausbau unserer Mine. Schon deshalb wären wir gar nicht in der Lage, andere Völker mit Waffen zu beliefern.«
Olvarian seufzte.
»Ich würde eine solche Anklage nicht erheben, wenn ich keine Beweise dafür hätte«, sagte er. Er
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