Elenium-Triologie
verdrossen.
»Was geschah dann, Ritter Sperber?« fragte Dolmant weiter.
»Es verlief im großen ganzen wie erwartet, Eminenz. Wir unterrichteten Graf Radun; dann, als die Söldner ankamen, griffen wir sie von hinten an. Es entkamen nicht sehr viele.«
»Ihr habt sie ohne Warnung aus dem Hinterhalt überfallen?« rief Patriarch Makova empört. »Ist dies der Heldenmut, dessen sich die Pandioner brüsten?«
»Gebt es auf, Makova«, riet der verschmitzte Dicke auf der anderen Seite. »Euer geliebter Primas Annias hat sich selbst zum Narren gemacht. Hört auf, es ausbügeln zu wollen, indem Ihr diesen Ritter angreift oder versucht, seine Aussage in Frage zu stellen.« Er blickte Sperber listig an. »Möchtet Ihr nicht eine Vermutung anstellen, wer der Drahtzieher dieser Verschwörung ist, Ritter Sperber?«
»Wir sind nicht hier, uns Vermutungen anzuhören, Emban!« protestierte Makova rasch. »Der Zeuge darf nur aussagen, was er weiß, nicht was er sich zusammenreimt.«
»Der Patriarch von Coombe hat recht, Eminenz«, wandte sich Sperber an Patriarch Emban. »Ich schwor, die Wahrheit zu sagen, und Vermutungen schießen gewöhnlich weit über das Ziel hinaus. Der pandionische Orden hat im vergangenen Jahrhundert viele Leute auf die eine oder andere Weise gekränkt. Wir sind zuweilen eine unduldsame Gemeinschaft, halsstarrig und nachtragend. Das macht uns bei so manchen unbeliebt, und alter Haß ist zäh.«
»Das stimmt wohl«, räumte Emban ein. »Doch wenn es um die Verteidigung des Glaubens ginge, würde ich mich ganz auf euch hartnäckigen und nachtragenden Pandioner verlassen, statt auf andere, deren Namen ich nennen könnte. Ich habe gehört, was in Elenien vorgeht, und es ist wahrhaftig nicht schwer, den Finger auf einen zu legen, dem es sehr zustatten käme, wenn die Pandioner aus dem Weg wären.«
»Ihr wagt es, den Primas Annias anzuschuldigen?« rief Makova mit hervorquellenden Augen und sprang auf.
»Ach, setzt Euch wieder, Makova«, sagte Emban abfällig. »Ihr vergiftet uns allein schon durch Eure Anwesenheit. Jeder in diesem Saal weiß, nach wessen Pfeife Ihr tanzt!«
»Ihr greift mich an?«
»Wer hat denn für Euren neuen Palast bezahlt, Makova? Vor sechs Monaten habt Ihr noch versucht, Geld von mir zu leihen, doch jetzt habt Ihr offenbar reichlich. Ist das nicht merkwürdig? Von wem bekommt Ihr denn Zuschüsse, Makova?«
»Was wird denn hier so herumgebrüllt?« tadelte eine schwache Stimme.
Sperber blickte scharf auf den goldenen Thron. Erzprälat Cluvonus war aufgewacht und blinzelte verwirrt. Der Kopf des Greises wackelte auf dem dürren Hals, und seine Augen waren verschleiert.
»Nur eine etwas hitzige Diskussion, Allerheiligster«, antwortete Dolmant milde.
»Jetzt habt ihr mich aufgeweckt!« sagte der Erzprälat verdrießlich. »Dabei hatte ich einen so erfreulichen Traum.« Er hob die Hand, zog die Mitra vom Kopf und warf sie zu Boden. Dann lehnte er sich schmollend in seinen Thron zurück.
»Möchte der Erzprälat sich den Diskussionspunkt anhören?« fragte Dolmant.
»Nein, möchte ich nicht!« schnaufte Cluvonus. »Jetzt wißt ihr's.« Dann kicherte er, als wäre sein kindischer Ausbruch ein mitreißender Witz gewesen. Sein Lachen erstarb, und er blickte sich mißbilligend um. »Ich will in mein Gemach zurück«, erklärte er. »Raus hier! Alle!«
Die Hierokratie erhob sich und verließ den Saal.
»Ihr auch, Dolmant!« befahl der Erzprälat mit schriller Stimme. »Und schickt mir Schwester Clentis. Sie ist die einzige, die wirklich um mich besorgt ist.«
»Selbstverständlich, Allerheiligster.« Dolmant verbeugte sich.
Sperber schritt neben dem Patriarchen von Demos her. »Wie lange ist er schon so?« erkundigte er sich.
Dolmant seufzte. »Über ein Jahr. Seine geistigen Fähigkeiten lassen schon seit längerem nach, doch erst im Laufe dieses Jahres hat seine Senilität ein solches Maß erreicht.«
»Wer ist Schwester Clentis?«
»Seine Pflegerin.«
»Ist der Öffentlichkeit sein Zustand bekannt?«
»Gerüchte sind leider unvermeidlich, aber es ist uns gelungen, sein tatsächliches Befinden geheimzuhalten.« Wieder seufzte Dolmant. »Beurteilt ihn nicht nach seiner jetzigen Verfassung, Sperber. Als er noch ein wenig jünger war, hätten wir keinen fähigeren Erzprälaten haben können.«
Sperber nickte. »Ich weiß. Wie ist sein Gesundheitszustand ansonsten?«
»Nicht gut. Cluvonus ist sehr gebrechlich.«
»Vielleicht ist das der Grund für Annias' plötzliche
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