Elfen-Jagd
immer schlimmer, und dabei gab es hier nichts zu essen. Wie konnte er wieder ins Freie gelangen?
Er könnte sich natürlich den Weg freiprügeln, indem er einen Spiegel und die dahinter befindliche Mauer durchschlug – doch würde das irgend etwas nützen? Es gab zwar auch Situationen, die nach nackter Gewalt riefen, doch in anderen Situationen wiederum – daran erinnerte ihn seine Schlauschlinge penetrant, mußte man etwas feinfühliger vorgehen. Der Trick bestand darin, sie voneinander zu unterscheiden. Man konnte einen Spiegel nicht dadurch besiegen, daß man ihn zerbrach; damit würde man das Spiel verlieren.
Krach starrte in den zerkratzten Spiegel, und sein verzerrtes Ebenbild starrte zurück. Es war fast so häßlich wie er selbst, doch die Verzerrung beeinträchtige sein Aussehen etwas, so daß es weniger abstoßend aussah, als es hätte sein sollen. Wahrscheinlich fletschte es auch aus diesem Grund die Zähne.
Er drehte sich um und betrachtete die drei Bindfäden auf dem Boden. Er konnte erkennen, wo der erste anfing: Der kam aus einem anderen Spiegel. Also war er durch einen Spiegel hier hineingekommen. Dann konnte er doch sicherlich auf die gleiche Weise wieder von hier fortkommen, oder? Würde es genügen, wenn er irgendwie einen Lichtblitz erzeugte, um durch einen Spiegel treten zu können? Aber er hatte kein Blitzmaterial zur Hand.
Da erinnerte er sich an das, was er im Ohr des Spaltendrachen gehört hatte. Ob das hiermit in Zusammenhang stand? Es hatte sich angehört wie seine eigene Stimme, die mit einem Spiegel sprach. Er beschloß, es damit zu versuchen.
Krach stellte sich breitbeinig vor dem Spiegel auf. Dann hob er seine Riesenfaust. »Spieglein, Spieglein an der Wand«, intonierte er und imitierte dabei so gut er konnte seine eigene Stimme, »schluck diese Faust oder stürz in Schand’.« Dann stieß er mit der Faust vor.
Die Faust zertrümmerte den Spiegel und schlug ein Loch in die dahinter befindliche Wand. Scheppernd fielen die Scherben zu Boden.
Krach beugte sich vor, um durch das Loch zu spähen. Dahinter befand sich eine weitere Spiegelhalle. Es gab also doch keine Fluchtmöglichkeit, solange er nicht den richtigen Ausgang gefunden hatte.
Er stampfte zum nächsten Spiegel, hob die Faust und wiederholte seinen Reim. Dann schlug er zu – mit demselben Erfolg. Das schien also nicht zu funktionieren. Andererseits war es jedoch der einzige Hinweis, den er hatte. Wenn die anderen Spiegel merkten, was vor sich ging, würden sie vielleicht kapitulieren. Schließlich hatte das bei den elektrischen Türknäufen auch geklappt. Unbelebte Dinge mochten zwar in der Regel dumm sein, wie Prinz Dor bewiesen hatte, doch so nach und nach begriffen sie durchaus, was gut für sie war und was nicht.
Es kam wesentlich schneller als erwartet: Der dritte Spiegel zerbrach schon nicht mehr unter seiner Faust, sondern sie fuhr ohne Widerstand hindurch. Arm und Körper folgten ihr, und er stürzte langsam durch die Öffnung.
Krach rollte auf etwas Weiches und setzte sich auf. Er schnüffelte. Er blickte sich um. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.
Er saß auf einem riesigen Kuchen, der völlig mit Zuckerguß überzogen war. Um ihn herum türmten sich Gebäck und Süßigkeiten: Schmalzkringel, Strudel, Cremeschnitten, Törtchen, Kekse, Spritzgebäck, Schokoladenplätzchen und noch Raffinierteres. Krach war schon zuvor hungrig gewesen, schließlich hatte er schon über eine Stunde lang nichts mehr in sich hineinschaufeln können. Jetzt kannte sein Hunger mit einemmal keine Grenzen mehr. Doch sein verdammter Schlauschlingenfluch ließ ihn innehalten. Zweck der Welten hier im Kürbis schien es zu sein, ihn unglücklich zu machen. Dieses Essen hier passte aber nicht dazu – es sei denn, es stimmte etwas nicht damit. Ob es vergiftet war? An sich machten sich Oger wegen Gift keine allzu großen Sorgen, dennoch ging man ihm besser aus dem Weg.
Nun, da gab es eine gute Möglichkeit, so etwas zu überprüfen. Krach nahm einen Klumpen Boden auf und rammte ihn in seinen Mund. Der Kuchen schmeckte ausgezeichnet. Dann erhob er sich und erkundete das Umfeld, darauf wartend, daß das Gift Wirkung zeigte. Er hatte nicht genug gegessen, als daß ein Oger wie er ernsthaft Schaden hätte davontragen können, doch wenn es ihm auch nur leicht übel werden sollte, war er gewarnt.
Er befand sich in einem großen Raum voller Gebäck. Anscheinend gab es keinen Ausweg. Er schlug versuchshalber durch eine Wand aus
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