Elfenglanz
und griff nach seinem Speer.
»Mit der ist nicht viel los, du hast noch mal Glück gehabt.« Als Klea seine Speerangriffe wieder und wieder mit ihrem Messer parierte, begriff Laurel, dass die frühere Orkjägerin gar nicht mehr versuchte, ihn umzubringen, sondern an ihm vorbeikommen wollte. Jetzt hatte sie es auf Jamison abgesehen. Als erwachten sie aus einem Traum, drehten ihre Wachposten gleichzeitig den Kopf und bewegten sich von David und Laurel fort, um ihrer Herrin zu Hilfe zu eilen.
»Halt sie auf, David!«, rief Laurel.
»Ich habe nichts gegen sie in der Hand«, erinnerte David sie.
»Aber … das wissen sie nicht, glaube ich«, flüsterte Laurel. Irgendetwas stimmte mit diesen Wächtern nicht. David stellte sich vor sie und hob mit einer dramatischen Geste das Schwert. Als sie zögerten weiterzugehen, konnte Laurel den Schlagabtausch von Jamison und Yuki weiterverfolgen.
»Tu nicht so, als würde dir etwas an mir liegen, Bückling«, höhnte Yuki und beschrieb mit der Hand einen Kreis. »Bei Klea hast du auch so getan und wir wissen, wie es ausgegangen ist.« Als sie den Arm sinken ließ, zischte etwas auf Jamison zu.
»Glaubst du wirklich?«, fragte Jamison, der gedankenverloren die Hand vors Gesicht hielt, als wollte er eine Fliege verscheuchen. Doch nach dieser Bewegung fielen hundert messerscharfe Holzsplitter entschärft zu Boden. »Es würde mich wirklich sehr interessieren, was Callista dir erzählt hat.«
»Halt’s Maul, Alter!«, schrie Klea. Tamani stöhnte, als sie mit dem Handrücken seine Wange traf und die Wunde aufplatzte, die sie ihm am Morgen zugefügt hatte. Er stieß mit dem Speer gegen ihr gebrochenes Handgelenk, sodass sie vor Schmerz aufschrie.
»Sie heißt nicht mehr Callista«, sagte Yuki monoton. Sie beachtete die verbissenen Kämpfer nicht, sondern konzentrierte sich voll und ganz auf Jamison.
Während David Kleas Leibwache in Schach hielt, betrachtete Laurel Yukis Rücken und überlegte kurz, ob sie sich von hinten auf sie stürzen sollte. Ein Blick zu Jamison genügte jedoch, denn er schüttelte kaum merklich den Kopf.
»Für mich wird sie immer Callista bleiben. Willst du wissen, warum?«, fragte Jamison und sah Yuki wieder in die Augen.
Yuki antwortete nicht sofort, aber Jamison redete unbeirrt weiter.
»Weil Callista die besten Absichten hatte. Sie hatte große Hoffnungen und wilde Träume, aber vor allem war sie brillant«, sagte Jamison. »Und daran möchte ich mich erinnern – nicht an die Kreatur, die aus ihr geworden ist.«
»Das hast du aus ihr gemacht. Und diese Kreatur hat mich erschaffen.«
Einer der Bäume am Wegesrand – glücklicherweise nicht der, hinter dem Chelsea steckte – beugte sich tief hinunter, brach donnernd entzwei und fiel unnatürlich schnell in Jamisons Richtung.
»Vielen Dank, meine Liebe«, sagte Jamison seufzend, als der Stamm über seinen Kopf hinweg flog. »Ich muss mich wirklich mal setzen.« Der Baum krachte auf den ramponierten Weg, der zum Palast führte, und blieb direkt hinter Jamisons Knien liegen. Er setzte sich mit einem leisen Ächzen. »Ich muss gestehen, dass Laurel und Rhoslyn die Wirkung des Zaubertrankes nur zu einem geringen Teil aufheben konnten. Ich bin bei Bewusstsein, aber das ist auch schon alles.«
Yuki verzerrte wutentbrannt das Gesicht und breitete die Arme weit aus. Laurel musste sich an einem Baum festhalten, weil sie sonst von dem Wirbelsturm aus pflanzlichem Leben hinweggefegt worden wäre, der um die beiden Winterelfen tobte und sie von den anderen absonderte.
Laurel blinzelte in die herumwirbelnden Äste und Blätter, doch sie konnte in dem künstlich erzeugten Tornado, der auch Tamani und Klea an den Erdboden drückte, nichts mehr erkennen. Anscheinend war Tamani schon wieder sein Speer abhanden gekommen, sodass die beiden unbewaffnet miteinander rangen. Kämpften sie wirklich noch oder benutzen sie nur den jeweils anderen, um nicht vom Sturm fortgetragen zu werden? David stand aufrecht und stemmte sich gegen den Wind; was herumflog, prallte von ihm ab, ohne ihn zu verletzen, und regnete stattdessen auf Kleas Wächter herab, die sämtlich im Gras landeten. David musste sie erneut mit dem Schwert bedrohen, damit sie beieinander blieben. Es war wie Flöhehüten.
Der Sturm legte sich so abrupt, wie er begonnen hatte, doch weder Jamison noch Yuki sahen so aus, als hätte er ihnen auch nur im Mindesten geschadet. Mit einem unterdrückten Schrei verschränkte Yuki schon wieder die Arme und die
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