Elfentausch
fragte Tamara aufgeregt und flatterte mit den Flügeln, dass der Elfenstaub nur so durch die Höhle gewirbelt wurde. »Erzähl uns doch von ihr, bitte!«, flehte sie ganz eindringlich und setzte sich näher zu Dieter, um nur ja nichts von der Geschichte zu verpassen.
»Was wollt ihr denn wissen?«, fragte Dieter.
»Na, alles, was du weißt, natürlich!«, rief Börti. Denn er hatte sich heimlich bereits Gedanken darüber gemacht, ob er nicht doch vielleicht mit zur Hexe sollte, um sich zu wünschen, ein Riese zu werden.
»Also, viel weiß ich auch nicht«, meinte Dieter bedauernd. »Damals vor 403 Jahren war ich noch ein kleiner Eumel und habe noch nicht groß über das Leben nachgedacht. Ich habe mit meiner Familie hier in dieser Höhle gewohnt und konnte es nicht erwarten, erwachsen zu werden und eine eigene Höhle zu haben. Ich konnte mir keinen wundervolleren Ort auf der Welt vorstellen, an dem ich gerne leben würde. Also hatte ich es recht eilig, erwachsen zu werden und eine Höhle mein Eigen zu nennen. Ich bin also durch den Berg gewandert zum Ausgang beim Sumpf und habe mich zur Hexe durchgefragt.
Sie war nicht besonders höflich und sie wollte mir zuerst auch nicht helfen. Ich habe sie dann ganz dringend darum gebeten, dass ich ganz schnell erwachsen werde und für immer in meiner eigenen Höhle leben kann.« Dieter seufzte.
»Aber dieser Wunsch ist doch überhaupt nicht schlimm!«, meinte Börti skeptisch. »Was kann dabei schon groß passieren?«
»Ihr habt ja keine Ahnung«, antwortete Dieter traurig. »Man muss immer vorsichtig sein, was man sich wünscht. Denn der Wunsch könnte erfüllt werden.«
»Erzähl doch endlich weiter«, quengelte Tamara ungeduldig.
»Also, die Hexe hat mich gefragt, ob ich da auch ganz sicher bin, dass ich mir diese Dinge wünsche und ich habe natürlich ja gesagt. Dann hat sie mich gefragt, was ich ihr als Belohnung anbieten könnte. Weil ich ja nur ein kleiner Eumel war, hatte ich überhaupt nichts anzubieten.
Also konnte ich sie nicht dafür bezahlen. Weil ich aber unbedingt erwachsen werden wollte, hat sie mich für 50 Jahre als Diener verpflichtet und ich wurde ihr Gehilfe. Als meine Dienstzeit zu Ende war, und ich nach Hause zurückkehrte, war niemand mehr da. Meine Familie war auf der Suche nach mir im Sumpf verschollen und die Höhle war unbewohnt. Es war jetzt meine Höhle und ich war ganz allein. Fast so, wie ich es mir gewünscht hatte. Weil mein Wunsch aber auch dummerweise lautete, dass ich für immer in der eigenen Höhle würde wohnen wollen, hat mich die Hexe unsterblich gemacht. Ich werde also tatsächlich bis in alle Ewigkeit hier wohnen müssen. Alle Freunde, die ich jemals getroffen habe, sind lange vor mir gestorben und deshalb muss ich jetzt immer allein sein. Wie ihr seht, war mein Wunsch nicht besonders klug.«
»Oh, du Armer«, meinte Börti schniefend. »Das ist ja wirklich furchtbar! »Aber warum bist du denn nicht wieder zur Hexe zurückgegangen und hast sie darum gebeten, den Wunsch rückgängig zu machen?«
»Natürlich habe ich das versucht«, erwiderte Dieter traurig. »Aber sie hat mir erklärt, dass man mit dem zufrieden sein muss, was man hat und man sich nicht einfach immer etwas Besseres wünschen kann, als das, was man hat. Sie hatte keine Lust, mir jeden Tag einen neuen Wunsch zu erfüllen, bis mein Leben so war, wie ich es unbedingt wollte. Sie hat gemeint, dass sie mir einmal geholfen hat, um mir eine Lehre zu erteilen. Nun müsste ich mich in mein Schicksal fügen und es nicht durch weitere Wünsche verschlimmern. Wisst ihr, sie ist ja nicht wirklich bösartig, aber ihre Lektion macht mir schon schwer zu schaffen ... Trotzdem - in den letzten hundert Jahren habe ich mich tatsächlich mit meinem Schicksal anfreunden können. Und ich musste der Hexe auch recht geben. Was hätte ich alles anstellen können, wenn ich aus Versehen wieder einen schlecht formulierten Wunsch gehabt hätte? Das Risiko konnte ich auf gar keinen Fall eingehen. Jetzt versuche ich, verirrten Wanderern zu helfen und bin froh über jeden Besuch, den ich bekomme. Wollt ihr euch meine Geschichte nicht zu Herzen nehmen und euren Besuch bei der Hexe abblasen?«
Die Freunde waren etwas bestürzt. Börti wollte ja ohnehin nur zu seinen Verwandten. Und er war nach dieser Geschichte auch sehr froh, dass er nicht die Absicht gehabt hatte, sich von der Hexe etwas zu wünschen. Tamara und Evelin hatten ähnliche Gedanken. Sie hatten beide keinen so komplizierten
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