Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
tschechische Budweiser ist gut, besser als euer gepanschtes Zeug von drüben.« Als das Mädchen sich ihm zuwandte, wechselte er in seine Muttersprache und gab seinerseits eine Bestellung ab.
Kasalov hatte ihn auf seinen Anruf hin in eine Pizzeria in der Fußgängerzone direkt neben Tanners Hotel eingeladen. Sie saßen im angenehm klimatisierten Innenbereich. Einerseits, um der frühsommerlichen Hitze zu entfliehen, andererseits, um nicht zu sehr auf dem Präsentierteller zu sein. Denn Tanner war sich sicher, dass Anne ihn suchen und liebend gern seine Kehle aufschlitzen würde, sofern Robert nicht klug genug gewesen war, sie schnellstmöglich fortzuschaffen.
Aber hatte ein Künstler überhaupt so viel Macht über seine Muse? Es mochte ein Fehler gewesen sein, Anne Lanschie am Leben zu lassen. Und doch wollte Saul, dass sie unter seiner Demütigung litt, so, wie er unter dem Kuss der Elfe gelitten hatte. Da diese Nadja Oreso immer noch spurlos verschwunden war, blieb Anne seine einzige Quelle, sollte er mehr von dem Blut benötigen.
Außerdem hätte er vielleicht unnötiges Aufsehen erregt. Es gab keine verbindlichen Anleitungen, wie man ein so altes magisches Wesen tötete. Sicherheitshalber hätte er es mit einer Kombination aus Pfählen, Köpfen und Verbrennen versuchen müssen. Auch das war keine Garantie für Erfolg. Anne lebend zu wissen gab dem Ganzen eine erfrischende Note und machte es gewissermaßen zu einem Wettlauf um die Macht.
Tanner mochte Wettläufe. Er liebte es, sie zu gewinnen.
Wohlig grunzend drückte er sich in den weichen, mit bordeauxfarbenem Samt bespannten Sessel, zündete sich eine Zigarre an und sinnierte über die bevorstehenden Ereignisse. Dieser Jarosh war ein Geschenk des Himmels. So lange beschäftigte Tanner sich mit dem Mythos der Blutgräfin, aber auf die Idee, sie wiederzuerwecken, war er bisher nie gekommen. Und nun lagen mit Annes Hilfe sogar die Mittel zu seinen Füßen. Er musste sich nur noch bücken, zugreifen und aus den Zutaten den richtigen Trank für seine eigene Heilung brauen. Dann würde er mit
ihr
die Welt erobern!
Bis es so weit war, galt es noch, ein paar Vorbereitungen zu treffen und Geschäfte zu erledigen. Tanners Blick wanderte an André vorbei zum Hotel
Crowne Plaza
. In dem klobigen, mehrstöckigen Steinplattenbau mit altbackenen, bräunlich schwarz verspiegelten Fensterfronten verbarg sich eines der besten und modernsten Hotels der Stadt, das gleichzeitig eines der größten Casinos beherbergte.
Die massigen Säulen auf dem Vorplatz zum rückwärtigen Eingang zeugten noch vom alten Glanz der sozialistischen Ära, als das Gebäude der Regierung gehört und Diplomaten aus aller Welt als Gasthaus gedient hatte. Drinnen war seitdem die Neuzeit angebrochen. Die weitläufige Empfangshalle erstrahlte in elegantem Stil: viel Raum für wenig Einrichtung, Komfort in gedeckten Farben und geometrischen Formen. Ein weiteres Restaurant, eine Cocktailbar, Fitnessraum mit Schwimmbad, multimedial ausgestattete Konferenzräume und die Herren-Lounge, in der man mit teurem Cognac und Zigarren versorgt wurde.
Wem das immer noch zu wenig war, konnte sich im »Carat Club« mit leicht bekleideten Tänzerinnen vergnügen oder versuchen, sein Geld im »Regency Casino« zu vermehren. Spieltische und Automaten lagen im Erdgeschoss sowie der unteren Etage. Sie waren Tag und Nacht zugänglich und von Security-Personal bewacht.
Unter anderem deshalb diente das »Regency« den slowakischen Syndikatsmitgliedern als Treffpunkt. Geschäftliche Dinge handelte man zumeist in einem der Separees aus, und nicht selten wurde anschließend die eine oder andere Prämie beim Poker ausgespielt. Zu kaufen gab es alles – von Autoschiebereien über Falschgeld, Produktimitate, geschmuggelte Zigaretten und Waffen bis hin zu Auftragsmorden. Aber auch elegantere Begehrlichkeiten fanden ihre Käufer: gefälschte Dokumente, Subventionsurkunden, Land aus Staatsbesitz und Baugenehmigungen, unabhängig von Umwelt- oder Naturschutzbestimmungen. An diesen Dingen hatte Tanner kein Interesse.
Als er Robert und Anne erzählt hatte, dass er im Im- und Exportgeschäft tätig sei, hatte er nicht gelogen. Seine Kundschaft bestand aus einer sehr exklusiven Gruppe gut betuchter Männer und Frauen, die eine spezielle Obsession teilten – das Sammeln von magischmystischen Relikten und allem, was dazugehörte. Knochen, Schwänze, Augen, Haare, Fingernägel oder frische Gedärme. Mal tierischer Natur, mal
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