Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes
Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass ihm der Kau folgte. Er jammerte, murrte, weinte, schluchzte und fluchte hinter ihm her – aber er gehorchte. Noch immer fühlte er sich durch den Schwur an Gofannon gebunden. Alte Gesetze hatten oftmals eine erstaunliche Wirkung; selbst auf den größten Bösewicht.
Was für eine Erleichterung, als er endlich die beiden Wächter passierte und wieder im Inneren des Monolithen stand! Doch auch hier fühlte er sich nicht allzu wohl. Der Aura Bandorchus hafteten Macht und Kraft an, denen er sich nicht entziehen wollte und konnte. Sie war Mittelpunkt dieses winzigen Universums, und in ihre Nähe zog es ihn.
Gofannon drängte sich an Zwergen, Elfen, Humbugs, wildwüchsigen Karneolen und Zwillingsparasiten vorbei; an all den Hofschranzen, die durch Zurschaustellung blinder Ergebenheit und speichelleckerischer Unterwürfigkeit einen Platz in der Nähe dieses wunderbaren Wesens zu erlangen hofften.
Bandorchu war auf ihrem Thronsessel in sich zusammengesunken. Gofannon sah ihr an, dass sie an der Erschaffung weiterer dunkler Substanz arbeitete, die ihrer Zitadelle Kraft und Größe verschaffen würde.
»Tritt näher, Verräter!«, flüsterte sie, ohne ihren Kopf zu heben.
Ihre Macht reichte weit über das Körperliche hinaus. Ihr Geist griff nach Gofannon und setzte seine Beine in Bewegung, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Aus den Augenwinkeln erkannte er, dass es dem Kau nicht viel besser erging.
»Das ist er, Herrin«, sagte Gofannon. »Mein Begleiter. Ich möchte den Schwur, den er mir gegenüber abgeleistet hat, auf dich übertragen, meine Königin.«
Sie blickte nun doch hoch. Falten der Anstrengung verschwanden aus dem zarten Gesicht. Alles an ihr war wandelbar. Binnen weniger Augenblicke vermochte sie ihr Aussehen und ihre Ausstrahlung zu ändern, als lege sie ein Kleidungsstück ab und ersetze es durch ein neues, auf die Gelegenheit zugeschnittenes.
»Das ist nicht notwendig«, sagte Bandorchu und lächelte maliziös. »Der Kau ist mir nicht unbekannt. Ich ließ ihn vor einiger Zeit, als die Dinge zwischen Fanmór und mir noch in Ordnung waren, in die Schattenwelt verbannen. Ich wusste, dass dies einmal meine Heimstatt werden würde. Der Kau sollte das Land für mich erkunden.« Sie wandte sich dem Kleinen zu, dessen Leib zitterte, und fuhr mit süßlicher Stimme fort, die Böses erahnen ließ: »Du hast diesen Auftrag nicht erfüllt. Ich kann nicht sagen, dass ich mit dir zufrieden wäre, lieber Kau. Du weißt, was das für dich bedeutet?«
18 Robert
Trost und Rat
So ist es damals gelaufen«, flüsterte er. Nur ganz allmählich fand er in die Realität des King’s Arms zurück. Die Schatten und Schemen der Vergangenheit wichen langsam, unendlich langsam in jene Winkel seines Geistes zurück, in denen sie sich eingenistet hatten. »Mir ist jedes Detail dieses Tages vor genau fünfzehn Jahren in Erinnerung geblieben. Jede Geste meiner Frau, jedes Wort. Der Geruch ihres Parfums. Die Worte, das Lispeln meiner Tochter durch ihre Zahnlücken. Ihr Lächeln ...«
»Was ist mit ihnen passiert? Was ist nach der Explosion geschehen?« Die Hand Anne Lanschies lag schwer auf Roberts Unterarm. Hitze ging von ihr aus. Als wollte sie ihn mit der Berührung aufwärmen und den kalten Klumpen, der sich in seinem Inneren bildete, durch eine bloße Berührung beseitigen.
»Es handelte sich um ein Attentat der Irischen Befreiungsarmee, die zu dieser Zeit den bewaffneten Widerstand in das Kerngebiet Englands tragen wollte. So wurde es zumindest in den Zeitungen verbreitet. Offizielle Stellen hielten sich eher bedeckt. Du weißt Bescheid über den Nordirland-Konflikt?«
»Ja.« Anne zündete zwei Zigaretten an und reichte eine an ihn weiter. »Wer tut das nicht?«
Ein Krieg der Religionen, zwischen englischen Protestanten und irischen Katholiken. Oder ein Konflikt zwischen Besatzern und Unterdrückten. Oder ein Streit zwischen halsstarrigen alten Männern, die zu keinerlei Kompromiss bereit waren. Ein Aufeinanderprallen zweier politischer Weltanschauungen, zwischen dem einstmals so großen britischen Weltreich und einem Volk, das sich Selbstbestimmung wünschte. Oder ein wenig von alledem; wer wusste das schon zu sagen, mehr als neunzig Jahre nach Gründung der IRA?
»Der oder die Attentäter wurden nicht ermittelt; auch hat niemand je die Verantwortung für den Anschlag in London übernommen.« Robert blies blauen Zigarettendunst hoch zur Decke des Lokals. Seine Finger
Weitere Kostenlose Bücher