Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen - Themsen, V: Elfenzeit 3: Der Quell der Nibelungen
Sie hielt neben ihm an und tat, als sähe sie sich in der Bahnhofshalle nach etwas um.
»Siehst du Pirx?«, fragte sie leise. Es waren zwar nur wenige Menschen hier, doch wollte sie trotzdem nicht mit Selbstgesprächen auffallen.
Grog antwortete nicht, sondern deutete kopfschüttelnd auf die Werbung. »Das kann nicht sein. Der ist tot«, flüsterte er.
Rian schaute auf das Plakat. Sie las den Werbetext, der Ausflüge zu verschiedenen touristischen Zielen, Rundfahrten sowie Nachtfahrten bewarb, und ließ ihren Blick dann über die Bilder schweifen. Sie zeigten ein Ausflugsschiff in verschiedenen schönen Landschaften und vor reizvollen Stadtkulissen.
»Was meinst du?«
Grog trat ganz an das Plakat heran und deutete in die rechte untere Ecke. Dort war das Bild eines Mannes mit schwarzem Lockenhaar und einem sympathischen Lächeln zu sehen, der mit seinem Arm einladend auf das hinter ihm liegende Schiff wies. »Entdecken Sie die Schätze des Rheins mit Reginald Albrechts Rheinschifffahrt«, stand daneben.
»Reginald Albrecht?« Irgendetwas klingelte in ihrem Kopf, doch sie konnte es nicht fassen.
In diesem Moment tauchte Pirx neben ihr auf, in einer Hand klebriges Backwerk, das er wohl aus der Auslage des Bäckers stibitzt hatte. Er zupfte an Rians Rock, hielt ihr das süße Stückchen einladend entgegen und sah dann ebenfalls dort auf das Plakat. Staunend riss er die Augen auf.
»He, den hab ich doch auf einem Bild gesehen«, sagte er. »Und als ich ein Jungpixie war, war er auch mal bei Hof, glaube ich! Das ist doch einer der Drachenbrüder, oder, Grog?«
Der Grogoch nickte langsam. »Da hast du recht. Das ist der Drachenbruder, der als Letzter umgekommen ist. Zumindest dachten alle, er sei tot. Das da«, erneut tippte er auf das Bild, »ist Regin, den die Menschen wegen seiner Herkunft
Alberich
, den Elfen, nannten.«
Sie kehrten ins Hotel zurück, wo Grog und Pirx die Taschen in die Suite hochbrachten, während Rian den Mann am Empfang mit Fragen zum Ausflugsunternehmen von Reginald Albrecht ablenkte. Man suchte ihr Adresse und Telefonnummer heraus und druckte ihr sogar aus dem Internet einen Fahrplan der regelmäßigen Fahrten der Reederei aus. Zufrieden stieg Rian in den Aufzug und ließ sich hoch zur Suite tragen. Als sie die Tür öffnete, fand sie David voll angezogen im Wohnraum vor. Grog berichtete dem Prinzen gerade, was sie gefunden hatten. Bei ihrem Eintreten wandte ihr Bruder den Kopf zu ihr.
»Willst du diesen Alberich wirklich besuchen?«
Rian ließ sich neben ihn auf die Couch fallen und nahm eine Praline aus der Schachtel auf dem Tisch. »Natürlich. Er könnte uns vielleicht helfen. Immerhin war er damals direkt in die Geschehnisse verwickelt und wohnt vermutlich seit dieser Zeit hier. Wer sonst könnte uns helfen, mehr über diesen Quell herauszufinden?«
David runzelte die Stirn. »Wenn ich mich recht entsinne, galt Alberich schon als tot, als Siegfried starb. Wer weiß, ob er damals überhaupt irgendetwas darüber mitbekommen hat. Andererseits, warum sonst hätte er all die Zeit hierbleiben sollen, nachdem er sich anscheinend durch die drei Aufgaben des Grauen Herrn Samhain aus Annuyn zurück ins Leben gekämpft hatte?«
Grog räusperte sich.
»Ich habe damals nicht auf viel geachtet, was man sich über die Drachenbrüder erzählte, aber eines weiß ich:
Wenn
sie sich um eine Sache bemühten, ging es um etwas Wertvolles, um Macht. Oder um beides, das eine führt ja oft genug zum anderen.«
»Du meinst, er ist in dieser Gegend, weil er sich seit über tausend Jahren Reichtum oder Macht erhofft?«
Grog nickte. »Ich denke, ja. Und wenn ihr euch diese Siegfriedsgeschichte noch ein bisschen weiter angeschaut habt als bis zu seinem Tod, kommt ihr vielleicht auf die gleiche Vermutung.«
Rian dachte kurz nach und schnippte mit den Fingern. »Der Schatz! Dieser Schatz, den Siegfried angeblich besessen hat und den Hagen nach seinem Tod versteckte.«
Erneut nickte Grog.
»Also gut«, sagte David. »Da wir über diesen Schatz mit Sicherheit weniger wissen als er, können wir ihm nicht helfen. Warum also sollte er uns helfen? Und vor allem – warum sollten wir ihm trauen?«
Rian winkte ab. »Er ist genauso vom Verlust der Unsterblichkeit betroffen wie wir. Vermutlich kann er nach dieser langen Zeit in der Welt der Sterblichen ebenso wenig zurückkehren wie unser Freund Talamand in Paris und ist daher ausgehungert nach elfischer Gesellschaft. Er wird froh sein, uns zu helfen –
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