Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
die Gegenfrage und ging an ihm vorbei in die Vorhalle des dunklen Gebäudes. »Ich bin der Besitzer dieser Casa. Ich bin Fabio d’Oreso. Dein Herr. Rufe deinesgleichen zusammen, und zwar so rasch wie möglich!«
    Der Hausmeister duckte sich unter meinen Worten, wurde kleiner und kleiner. Ich ließ ihn die volle Wucht meiner Elfenstimme spüren, und er reagierte wie die meisten Menschen, indem er sich mir reflexartig unterordnete.
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, eilte er davon. Das Mädchen, blass geworden, führte mich in einen Arbeitsraum, der wohl niemals zuvor benutzt worden war. Spinnweben zeigten sich allerorts, und auf dem schmutzigen Boden tummelte sich Ungeziefer. Die Frau kniete nichtsdestotrotz nieder, zog mir die schmutzigen Stiefel von den Füßen und reichte mir hölzerne Pantoffel. Über ihr verdrecktes Gesicht zogen sich Tränenschlieren. Sie befürchtete wohl, dass die besseren Tage ihres Lebens vorbei waren.
    »Wie heißt der Kerl, der dich betatscht hat?«, fragte ich.
    »Dolco, Herr.«
    »Ist er gut zu dir?«
    »So gut wie alle Kerle.«
    Ich ahnte, was das bedeutete. »Wie ist dein Name?«
    »Giuseppa, Herr.«
    »Also gut, Giuseppa. Ich möchte, dass du mir ein Mahl bereitest, im schönsten Zimmer. Zuerst eine Gemüsesuppe. Dann Fisch mit gedünsteter Gerste. Obst als Nachspeise. Sieh zu, dass alles frisch vom Markt kommt.«
    »Ja, Herr.«
    Giuseppa eilte mit leisen Schritten aus dem Zimmer. Ich hatte gerade noch Gelegenheit, ihr »Sieh zu, dass du saubere Sachen für mich zum Anziehen findest!« nachzurufen, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
    Ich öffnete einen Fensterladen und blickte auf einen Kanal hinaus, dessen Wasser trübe war und bestialisch stank. Alles im Raum war schlecht oder gar nicht gepflegt. Tisch, Stuhl und das restliche Mobiliar mochten einmal von guter Qualität gewesen sein, doch mangelhafte Pflege hatte sie verrotten lassen. Sicherlich knabberten die Würmer an den trocken gewordenen Hölzern.
    Vor der Tür wurde es laut. Ich musste grinsen. Die Ratten versammelten sich, um darüber zu entscheiden, ob sie das Schiff verlassen – oder über den neuen Kapitän herfallen sollten.
    Es klopfte. Dreimal.
    »Avanti!«, rief ich.
    Ein kleines Männlein stürmte herein, fast so dick wie groß. Die wenigen verbliebenen Haarsträhnen waren nach hinten gebürstet und das Gesicht so narbig wie das eines Säufers. Der Gnom atmete schwer, als er sich vor mir hinstellte. Hinter ihm postierten sich zwei Männer links und rechts der Tür. Ihre Profession stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Für ein paar Silberlinge schlugen, vergewaltigten und mordeten sie.
    »Ich bin Giacomo da Testini«, krächzte der Alte, »der Verwalter der Casa. Man sagte mir, dass du behauptest, Fabio d’Oreso zu sein! Der Besitzer dieses Hauses!« Noch bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er fort: »Ich hege starke Zweifel an deiner Legitimität, Mann! Die Unterlagen, über die ich verfüge, sagen mir, dass d’Oreso weit über achtzig Jahre alt sein muss.« Er kicherte. »Du bist mir für dieses Alter viel zu gut erhalten.«
    Ich hatte einen Fehler gemacht. Seit längerer Zeit hatte ich mich nicht mehr selbst »begraben« und einen Sohn oder Enkel, einen männlichen Nachfahren, erfunden, der die Besitzungen und Reichtümer der d’Oresos erben konnte.
    »Und dennoch bin ich es«, sagte ich so ruhig wie möglich. »Mein Großvater ist vor zwei Jahren gestorben. Er hat mir alles vererbt. Ich werde zu gegebener Zeit die Urkunden vorlegen. Doch das soll nicht mehr dein Problem sein, Giacomo. Denn alles, was ich bislang gesehen habe, hat mich davon überzeugt, dass du der falsche Mann für die Position eines Verwalters bist.«
    Angst funkelte in den Augen des Alten – und Wut. »So viel Anmaßung«, sagte er, »so viel Unverstand!« Er bedeutete den beiden Schlägern, näher zu rücken. »Selbst wenn deine Worte wahr sind, hättest du so viel Schlauheit besitzen müssen, dieses Haus nicht ohne ausreichenden Schutz zu betreten. Mag sein, dass die Oresos die nominellen Herren der Casa sind. Doch ich möchte ein gewisses ... Gewohnheitsrecht schlagend machen.
Wir
bewohnen das Haus.
Wir
leiten es.
Wir
sehen zu, dass uns das Dach nicht über dem Kopf zusammenstürzt. Also gehört es
uns!«
    Ich sprang auf, bevor die beiden Kerle zugreifen konnten. Völlig verblüfft starrten sie auf den Platz, der nun leer war. Sie waren bemitleidenswert schlecht ausgebildet. Keine Reflexe, keine Kampftechniken, kein Verstand. Ich

Weitere Kostenlose Bücher